Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Events statt Landwirtschaft

Warum ein Landwirt die Direktvermarktung aufgibt und neue Wege geht

Eine Landwirtsfamilie aus NRW reduziert ihre Landwirtschaft und Direktvermarkung aufs Minimum. Gründe hat sie viele. Sie stecken den Kopf aber nicht in den Sand, sondern gehen auf dem Hof neue Wege.

Lesezeit: 4 Minuten

Eine Entscheidung, die sich die Landwirtsfamilie Laurenz aus dem nordrhein-westfälischen Werne nicht leicht gemacht hat: Johannes und Katharina Laurenz haben das Ende der beiden Hofläden und den schrittweisen Ausstieg aus der Direktvermarktung von Spargel und teilweise der Erdbeeren angekündigt. Vergangene Woche ging die Familie mit ihrer Entscheidung per Videonachricht und einer ausführlichen Begründung an ihre Kunden und Follower.

„Politische Entscheidungen, die wir nicht nachvollziehen können, daraus resultierende Kostensteigerungen, die wir nicht mehr weitergeben wollen, sowie vor allem die fehlende Planungssicherheit durch sich immer wieder ändernde Regeln und Richtlinien haben uns zu diesem Schritt bewogen“, heißt es auf der Homepage vom Hof Schulze Blasum.

Lange Liste für Gründe der Aufgabe

„Die Entscheidung, die Landwirtschaft und die Direktvermarktung auf ein Minimum zu reduzieren, ist lange gereift und uns nicht leichtgefallen“, so Johannes Laurenz. Ihm tue es vor allem für diejenigen leid, die uns über die letzten Jahre ihre Treue gehalten und sich bewusst für den regionalen Einkauf entschieden haben. „Doch es hätten sich deutlich mehr Menschen so entscheiden müssen wie ihr.“

Als Hauptgründe nennt die Familie die Kostensteigerungen, den LEH und das fehlende Kaufverhalten:

  • Kostensteigerungen: Auf der Seite der Produktion hab es, zum Teil politisch gewollt, große Kostensteigerungen gegeben, vor allem in Sachen Mindestlohn, Energiekosten und bürokratischem Aufwand.

  • Internationaler Wettbewerb: Schon vor ein paar Jahren habe sich die Familie dazu entschieden die Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteinzelhandel zu beenden. Eine Belieferung zu kostendeckenden Preisen war nicht mehr gegeben. „Lieber hat der Handel sich da schon während der Hauptsaison von Spargel und Erdbeeren mit Ware aus dem EU-Ausland eingedeckt. Also mit Spargel und Erdbeeren, die zu Standards produziert werden, für die wir hierzulande gefühlt mit einem Fuß im Gefängnis stünden. Das hat zu einem Preisdruck geführt, bei dem wir als relativ kleiner Familienbetrieb nicht mehr mithalten konnten – und wollten“, so Laurenz.

Lieber deckt sich der Handel während der Hauptsaison von Spargel und Erdbeeren mit Ware aus dem EU-Ausland ein.
Laurenz
  • Das Portemonnaie entscheidet: Trotz eines Bewusstsein der Kunden für regionale und nachhaltige Lebensmittel, würden Kunden im Supermarkt doch häufig zu den günstigeren Produkten aus dem Ausland greifen. „Und klar entscheidet da in den meisten Fällen doch das Portemonnaie. Es muss ja schließlich noch genug übrig bleiben für die Silvesterböllerei und das nächste Smartphone“.

  • Bürokratie: Der Betrieb nennt in seiner Begründung mehrere Beispiele aus dem Alltag, die den Bürokratiewahnsinn verdeutlichen. Beispielhaft erklärt der Familienbetrieb u.a. die Dokumentationspflichten bei Feldarbeiten und der Ausbringung von Rattengift. Aber auch die Düngemaßnahmen in "roten" Gebieten kommen zur Ansprache.

Kleine Betriebe haben es schwer

Eine Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland sieht die Landwirtsfamilie nur für Großbetriebe. „Vielleicht geht es auch mit einer großen Portion Idealismus in Kombination mit einer ebenso großen Portion (Familien-)Unterstützung, die auf keinem Lohnzettel auftaucht: Eltern, die eigentlich schon im Ruhestand sind, Geschwister oder erwachsene Kinder, die am Wochenende und nach Feierabend mit anpacken, Ehepartner(innen), die in ihrer Elternzeit oder zusätzlich zum eigenen Job unbezahlte Nachtschichten schieben…“, heißt es weiter.

Events anstatt Landwirtschaft

Doch der Blick geht für Laurenz nach vorne: Der betriebliche Schwerpunkt des Hofes verlagert sich aufgrund der oben genannten Gründe weg von der Landwirtschaft hin zu Familienevents, Partys und der Vermietung von Büro- und Eventräumen.

Wir gehen neue Wege.
Laurenz

Es sollen möglichst vielen Menschen eine „richtig gute Zeit“ auf dem Hof haben. Die Palette an Angeboten ist lang. Ob eine Hochzeit auf dem Land oder ein runder Geburtstag. Der umgebaute Speicher und der alte Kuhstall bieten Gästen eine tolle Kulisse. Aber auch Business- und Familienevents sollen auf dem Hof stattfinden.

Wenn auch in deutlich kleinerem Umfang: Die Landwirtschaft und Direktvermarktung werden weiterhin ein Rolle auf dem Hof spielen. Es wird SB-Automaten geben, wo z.B. Eier und weitere regionale und saisonale Produkte zu erwerben sind. Auch das Selbsternten von Buschbohnen, Zucker- und Normalmais, Kürbisse, Erdbeeren & Co. sind weiter möglich. Auch eine kleine Fläche an Spargel kann an festen Terminen weiterhin selber gestochen werden.

Viel Mitgefühl für Landwirtsfamilie

Die Anteilnahme unter der Facebook-Ankündigung ist groß: „Wie weit sind wir gekommen, dass ein Landwirt von der Landwirtschaft abrücken muss um die Zukunft seiner Familie zu sichern? Ich habe viel Verständnis für euren Weg und wenig Verständnis für die Politik die diese Rahmenbedingungen schafft.“, kommentiert ein Follower. „Respekt. Viel Erfolg bei den neuen Herausforderungen und Pläne“, wünscht ein anderer.

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.