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Biodiesel-Betrug: Biokraftstoffindustrie begrüßt EU-Pläne für Anti-Dumping-Zölle

Die EU will auf den Import von Biodiesel aus China reagieren, der möglicherweise aus Palmöl hergestellt wurde. Die Liste der Betrugsvorwürfe ist aber noch länger. Jetzt reagiert die Bundesregierung.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) begrüßt die Entscheidung der Europäischen Kommission, auf Importe von so genanntem fortschrittlichen Biodiesel aus China vorläufige Anti-Dumping-Zölle in Höhe von 13 bis 36 % zu erheben. „Die deutsche und europäische Industrie leidet seit Anfang 2023 unter den unlauteren Praktiken der chinesischen Produzenten. Aus unserer Sicht hätte die untere Grenze der Zölle allerdings höher liegen müssen, weil auf diesem niedrigen Niveau die gestiegenen Kosten eingepreist werden können. Der unfaire Wettbewerbsvorteil wird so nicht ausgeglichen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB. „Die Entscheidung ist ein wichtiges industriepolitisches Zeichen, das Bedeutung über den Biokraftstoffsektor hinaus entfaltet. Sie zeigt, dass die Europäische Union nicht tatenlos zusieht, wenn unfaire Handelspraktiken eingesetzt werden, um Konkurrenten aus dem Markt zu drängen.“

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Ausnehmen möchte die EU-Kommission allerdings Hydrotreated Vegetable Oil (HVO), das als nachhaltiger Treibstoff im Luftverkehr eingesetzt wird (Sustainable Aviation Fuel, SAF). „Ein solches Schlupfloch kann dazu führen, dass die Zölle ins Leere laufen. Wir fordern daher, dass auch SAF von den vorläufigen Maßnahmen umfasst wird“, sagte Baumann. Die Europäische Kommission erhebt nach einer mehrmonatigen Untersuchung des Sachverhalts und einem längeren Abwägungsprozess die Zölle vorläufig. Sie werden ab dem 16. August so lange erhoben, bis die Kommission ihre endgültige Höhe festsetzt.

Der VDB-Geschäftsführer wies darauf hin, dass Dumping nur eine der unfairen Handelspraktiken darstellt. „Deutsche Behörden haben Hinweise darauf gefunden, dass Biodiesel-Lieferungen aus China fälschlich als „fortschrittlich“ deklariert sind. Hintergrund ist, dass so genannte fortschrittliche Biokraftstoffe hierzulande stark gefördert werden“, sagte Baumann. Zusammen mit dem nunmehr festgestellten Dumping hätten die mutmaßlich falsch zertifizierten Importe aus China nicht nur zu Marktverwerfungen im deutschen und europäischen Biokraftstoffmarkt geführt, sondern infolge des Preisverfalls jegliche Investitionen in Klimaschutz im Straßenverkehr unmöglich gemacht.

Weitere Vorwürfe

Der Import von möglicherweise falsch deklariertem Biodiesel auf Basis von Palmöl aus China könnte nur die Spitze des Eisberg von mehreren Betrugsfällen sein. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der CDU-Fraktion im Bundestag hervor, auf die die Bundesregierung reagiert hat. Wie die Fragesteller feststellen, habe nun selbst das für den Vollzug der sogenannten Upstream-Emission-Reduction (UER)-Projekte zuständige Umweltbundesamt zugegeben, dass es erhebliche Anzeichen für massive Betrugsfälle in diesem Bereich gibt. Die bisherigen Recherchen hätten gezeigt, dass das dahinterstehender Kontrollsystem aus Zertifizierern, Validierern, Akkreditierungsstellen und den deutschen Behörden (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie Umweltbundesamt (UBA)) anfällig und nicht durchsetzungsstark seien.

Daher drängt sich nach Auffassung der Unionsfraktion die Frage auf, ob es auch an anderen Stellen des Vollzugs der Treibhausgasminderungsquote zu Problemfällen bzw. Betrugsanfälligkeiten kommen kann. Die Fraktion zitiert einen Bericht des „Pioneer“ vom 12. August 2023, wonach auch Betrugsrisiken bei der Bescheinigung von Strommengen für Elektrofahrzeuge bestehen könnten, da das UBA als Vollzugsstelle mangels Ermächtigungsgrundlage keine Möglichkeit habe, „die Fahrzeugidentifikationsnummer mit dem zentralen Fahrzeugregister beim Kraftfahrt-Bundesamt abzugleichen”.

Bessere Zertifizierung nötig

Das Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten bei CO₂-Projekten deutscher Mineralölunternehmen in China habe deutlich gemacht, „dass eine Anerkennung solcher Projekte allein auf der Basis von Zertifizierungsberichten unter Umständen nicht ausreichend ist, um die notwendige Transparenz und Umweltintegrität sicherzustellen“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Eine Zertifizierung internationaler Klimaschutzprojekte müsse deshalb in internationale Kooperationszusammenhänge eingebunden werden, wie sie beispielsweise unter dem Artikel 6 des Übereinkommens von Paris entwickelt wurden. Insbesondere der Artikel 6.4, der entsprechend der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) durchgeführt werde, solle sicherstellen, dass Zertifizierer unter kontrollierten Bedingungen zugelassen und ihre Zertifizierungen Gegenstand transparenter Entscheidungen der Projektgenehmigung seien, heißt es weiter.

Hintergrund sind Betrugsfälle mit so genannten Upstream-Emission-Reduction-Projekten (UER) in China mit einem Wert von rund 1,7 Mrd. €, bei denen gegen gesetzliche Klimaschutzauflagen verstoßen wurde. Nach Bekanntwerden Ende 2023 reagierte die Bundesregierung, indem die Anrechnung von UER auf die Treibhausgasminderungsquote (THG) ab Juni 2024 beendet wurde.

UBA reagiert

Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort schreibt, gehe das Umweltbundesamt (UBA) zahlreichen Vorwürfen intensiv mit verwaltungsrechtlichen Mitteln nach. Das UBA habe Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin gegen namentlich nicht bekannte Personen erstattet; zudem sei eine internationale Anwaltskanzlei mit Partnerkanzlei in China eingeschaltet, die das UBA vor Ort in China bei der Aufklärung der Vorwürfe unterstützt.

Die Bundesregierung hat mit Kabinettsbeschluss vom 22. Mai 2024 die von einer Vorgängerregierung geschaffene Praxis der Anrechnung von UER auf die THG-Quote beendet. Projektanträge, die nach dem 1. Juli 2024 beim UBA eingehen, werden abgelehnt, sodass keine neuen Projekttätigkeiten angemeldet werden können.

Wie es weitergehen soll

Inverkehrbringer von Otto- und Dieselkraftstoffen – sogenannte Quotenverpflichtete – sind nach §37a Abs.1 des Bundes-Immissionsschutzgesetztes (BImSchG) verpflichtet, die THG-Quote zu erfüllen. Die Quotenverpflichteten haben laut Bundesregierung einen Rechtsanspruch auf die Nutzung der in § 37a Abs. 5 BImSchG aufgeführten Optionen zur Erfüllung ihrer Verpflichtung, zu denen auch UER gehören. Die Anrechnung der Erfüllungsoptionen könne daher nicht verwehrt werden, wenn alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Für eine zeitweise Aussetzung der Anrechnung von UER-Nachweisen auf die THG-Quote gäbe es keine Rechtsgrundlage.

Die Bundesregierung werde im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2413 (RED III) auch Maßnahmen zur Verbesserung des Vollzuges bei der Anrechnung von Strom auf die THG-Quote prüfen. Um dem UBA einen Zugriff auf Daten des zentralen Fahrzeugregisters beim Kraftfahrt-Bundesamt zu ermöglichen, werde eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrzeugzulassungsverordnung vorbereitet.

Bezüglich der Vorwürfe zum Import von Palmöl-Biodiesel heißt es in der Antwort: „Die für die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung und die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung zuständige Behörde, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), hat beim Auswärtigen Amt um Unterstützung bei der Überwachung von in Deutschland anerkannten Zertifizierungsstellen, die in EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten tätig sind, ersucht. In diesem Zusammenhang haben bereits verschiedene diesbezügliche Gespräche stattgefunden. Zurzeit läuft eine Anfrage zur Genehmigung von Betretungsrechten deutscher Behörden.“

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