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Eigenverbrauch von Solarstrom: Diese Tipps sollten Sie beachten

Schon bei der Auswahl der Modultechnik oder der Ausrichtung der Anlage können Landwirte einen hohen Autarkiegrad erreichen. Was dabei zu beachten ist, erklärt Solarexperte Claas Logemann.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Nutzung von eigenem Solarstrom ist heute in vielen Betrieben Standard, um die Stromkosten zu senken. Doch selbst mit Batterie müssen Landwirte meist 40 % und mehr des Strombedarfs noch mit Zukauf aus dem Netz decken. Claas Logemann vom Unternehmen Dynamic Solar hat sich auf Eigenverbrauchslösungen in der Landwirtschaft spezialisiert. Er hält es schon mit einfachen Mitteln für möglich, auf 90 % und mehr Selbstversorgungsgrad zu kommen.

Nach der Energiekrise 2022 ist der Strompreis wieder massiv gesunken. Warum sollten sich Landwirte trotzdem mit dem Eigenverbrauch von Solarstrom beschäftigen?

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Logemann: Der niedrige Strompreis ist nur eine Momentaufnahme. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass er wieder teurer wird. Das liegt an den Umlagen, die auf den Strompreis aufgeschlagen werden. So führt der kontinuierliche Netzausbau zu steigenden Netzentgelten. Und ich gehe auch davon aus, dass die aktuell aus dem Haushalt finanzierte EEG-Umlage wieder auf die Stromverbraucher umgelegt wird. Denn sie belastet den Haushalt sehr stark.

Viele Landwirte denken beim Eigenstromverbrauch vor allem an das Verschieben des Verbrauchs in die Mittagszeit. Ist das der richtige Weg?

Logemann: Die Verbrauchsverlagerung ist nur ein kleiner Baustein. Um möglichst viel des erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen und damit auch eine hohe Unabhängigkeit vom Stromzukauf zu erreichen, muss man schon bei der Planung anfangen. Hierbei spielen die Auswahl der richtigen Dachfläche, die Anlagengröße, die Modultechnik und die Batterietechnik die wichtigste Rolle.

Was raten Sie bei der Wahl der Dachfläche?

Logemann: Bis vor wenigen Jahren waren nach Süden ausgerichtete Anlagen auf Dächern mit mindestens 30 % Dachneigung der Standard. Aber sie dienten nur dazu, möglichst viel Strom zu erzeugen und einzuspeisen. Denn es gab dafür eine attraktive EEG-Vergütung. Wer dagegen auf einen hohen Eigenverbrauchsanteil aus ist, sollte auch Dächer in Ost-, West- oder sogar Nordrichtung belegen. Denn sie produzieren in der Summe den Strom gleichmäßiger über den Tag verteilt als ein reines Süddach. Dagegen ist die Mittagsspitze nicht so hoch.

Warum ist die Mittagsspitze unerwünscht?

Logemann: Zu der Zeit produzieren alle Solaranlagen in einer Region ihre maximale Leistung. Das führt heute schon dazu, dass die Produktion den Verbrauch übersteigt und der Strompreis an der Börse massiv sinkt, sogar ins Negative. Die Folge ist, dass Betreiber keine Vergütung erhalten. Eine maximale Stromproduktion zur Mittagszeit sollte also vermieden werden. Anlagen auf Dächern in verschiedenen Himmelsrichtungen erzeugen auch nicht alle gleichzeitig Strom.

Aber im Norden gibt es keine Sonne. Reicht denn der Ertrag von Norddächern aus?

Logemann: Es ist ein häufiger Irrglaube, dass Norddächer nicht geeignet sind. Sie dürfen allerdings nicht zu steil sein. 20 Grad Dachneigung ist das Maximum. Eine Anlage auf so einem flachen Stall- oder Scheunendach liefert nur etwa 17 % weniger Ertrag als ein Süddach.

Was ist bei der Modultechnik zu beachten?

Logemann: Häufig bieten Solarteure heute monokristalline Module an, weil sie theoretisch einen höheren Wirkungsgrad haben und preislich nicht mehr so weit weg von polykristallinen Modulen sind. Aber monokristalline Module sind nur auf steileren Dächern und bei Schwachlicht besser. Bei hohen Temperaturen dagegen lässt die Leistung deutlich nach. Polykristalline Module dagegen kommen auch bei Hitze besser zurecht. Ein anderes Qualitätsmerkmal für Eigenverbrauchsanlagen ist die Zelltechnik. Ich rate hier zur Halbzellen.  Bei ihnen sind die Zellen getrennt und haben – einfach gesagt – einen kürzeren Leitungsweg. Damit produzieren die Module deutlich früher und schneller Strom als Modelle mit herkömmlicher Zelltechnik. Bei gleicher Größe kann man von 5 bis 10 % Mehrertrag ausgehen.

Beim fortschreitenden Klimawandel müssen wir uns im Sommer mittelfristig auf höhere Temperaturen einstellen. Was ist bei der Installation der Module zu beachten, damit sie nicht zu viel Leistung verlieren?

Logemann: Hier ist auf eine ausreichende Hinterlüftung zu achten. Je kühler die Module sind, desto mehr Strom produzieren sie. Dafür sollte das Modul mindestens 15 bis 20 cm Abstand zur Dachfläche haben. Es gibt Montagesysteme, bei denen man die Module direkt auf die Dachfläche schrauben kann. Davon rate ich ab. Wie warm die Module dabei werden, lässt sich mit einer Wärmebildkamera gut feststellen. Direkt auf dem Dach montierte Module können schnell 5 bis 10 °C heißer sein als andere.

Viele Landwirte beklagen einen fehlenden Netzanschluss. Denn der Hausanschluss mit 30 kW ist häufig schon belegt. Bei größeren Anlagen verlangt der Netzbetreiber häufig einen entfernten Anschlusspunkt, was zu höheren Kosten führt. Welche Lösung gibt es hier?

Logemann: Noch hängen viele Netzbetreiber starr an ihren Vorgaben. Aber wenn der Betreiber klar macht, dass die Anlagen auf Dächern in verschiedenen Himmelsrichtungen montiert sind und eine Batterie Stromspitzen abfängt, kann das eventuell beim Netzanschluss helfen – wenn sich der Netzbetreiber darauf einlässt. Wenn die Bundesregierung den weiteren Ausbau der Photovoltaik voranbringen wird, muss sie dieses Problem lösen.

Ist es sinnvoll, die vollständige Autarkie anzustreben?

Logemann: Davon rate ich ab. Denn die letzten 10 % des Strombedarfs sind unverhältnismäßig teuer und lassen sich nur mit sehr großen Solaranlagen bzw. Speichern erreichen. Ein Selbstversorgungsgrad von 90 % ist schon Spitze.

Wie groß sollte die Anlage sein?

Logemann: Das lässt sich pauschal nicht sagen. Wichtig ist, dass Stromverbrauch über das ganze Jahr, die Photovoltaikanlagengröße und die Speicherkapazität der Batterie richtig aufeinander abgestimmt sind. Häufig jedoch haben Landwirte nicht genug PV-Leistung, um die Batterie im Winter zu laden. Oder der Speicher ist zu klein, um den Verbrauch in der Nacht abzudecken.

Im Tierbereich kann man als grobe Faustformel sagen, dass man für einen passenden Eigenverbrauch eine PV-Anlage benötigt, die circa 50% mehr Strom produziert als übers Jahr konsumiert wird. Ein Stall mit einem Verbrauch von jährlich 50.000 kWh benötigt demnach eine PV-Anlage mit ca. 75 kW Leistung plus einem 50 kWh-Batteriespeicher. Die genaue Größe sollte auf jeden Fall in einer Fachplanung ermittelt werden.

Auf dem Markt gibt es heute verschiedene Speichermodelle. Worauf sollten Landwirte neben der reinen Speicherkapazität noch achten?

Logemann: Da gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die für die Landwirtschaft wichtig sind. Dazu gehört u.a. die Notstromfähigkeit, wenn der Betrieb dieses wünscht. Das kann bei Schweine- oder Hähnchenställen wichtig sein, damit bei einem Stromausfall zumindest die Lüfter weiterlaufen. Außerdem muss die Entladeleistung so gewählt werden, dass alle gewünschten Maschinen und Geräte versorgt werden können. Es nützt ja nichts, wenn genügend kWh Strom gespeichert sind, die Batterie aber zeitlich nicht genug Leistung abgeben kann, um Lüfter oder Fütterung anzutreiben. Auch rate ich dazu, dass die Geräte schieflastfähig sein sollen. Damit ist es möglich, alle drei Phasen im Stromsystem mit unterschiedlicher Leistung zu bedienen. Gerade in der Landwirtschaft kommt es häufig vor, dass mehrere Geräte an einer Phase angeschlossen sind, auf der anderen dagegen gar keine. 

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