Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) zeigt sich enttäuscht vom Entwurf des Beteiligungsgesetzes der bayerischen Staatsregierung. Anlässlich des Fachgesprächs des Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag, das diese Woche stattfindet, kritisiert der GVB, dass Energiegenossenschaften im Entwurf nicht als vollwertige Beteiligungsakteure anerkannt werden und echte Bürgerbeteiligung eingeschränkt wird.
Nach aktueller Rechtslage können Bürgerenergiegenossenschaften an Energieprojekten ohne Einschränkung beteiligt werden. Dabei bringen sie Eigenkapital ein und haben auch Mitsprache. Dadurch werden Anwohner zu Akteuren und Betroffene zu Beteiligten. Das fördert die Akzeptanz und muss in einem Beteiligungsgesetz unterstützt werden.
„Energiegenossenschaften sind Goldstandard“
Die aktuell vorliegende bayerische Regelung schränkt die Möglichkeiten der echten Bürgerbeteiligung jedoch ein, anstatt sie zu fördern, kritisiert der GVB. Hier sei eine umfassende Überarbeitung erforderlich. „Die regionale Verwurzelung und das fachliche Know-how der Energiegenossenschaften sind unverzichtbar für eine nachhaltige Energiewende in Bayern", betont GVB-Präsident Stefan Müller am Mittwoch in München.
Es könne nicht sein, dass in einem Gesetz, das die Bürgerbeteiligung in den Mittelpunkt stellen will, diese essenziellen Akteure lediglich als eine Möglichkeit unter vielen genannt werden. „Wir fordern stattdessen eine gesetzliche Neuausrichtung, die den Beitrag der Energiegenossenschaften als Goldstandard würdigt“, so Müller weiter. Energiegenossenschaften müssten als gleichberechtigter Partner neben Gemeinden und einzelnen Bürgerinnen und Bürgern positioniert sein.
350 Energiegenossenschaften in Bayern
Im aktuellen Entwurf liegt der Fokus primär auf einer Zahlung an die Gemeinden. Damit werde jedoch übersehen, dass in Bayern bereits über 350 Energiegenossenschaften mit rund 40.000 aktiven Mitgliedern einen erheblichen Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien leisten.
Ein weiterer Kritikpunkt des GVB betrifft die finanzielle Komponente des Gesetzentwurfs. Die Beteiligungshöhe muss auf die Investitionssumme bezogen werden, da echte Bürgerbeteiligung zu Beginn einer Investition erfolgt. Hier können sich die Bürgerinnen und Bürger bereits mit geringen Investitionssummen, beispielsweise bereits ab 150 €, langfristig an einem Energieprojekt beteiligen.
Finanzieller Anreiz zu gering
Stattdessen wird in dem Gesetzentwurf nur von einer Vergütung in Bezug auf die jährlich erzeugte Strommenge gesprochen. Dies ist eine Entschädigungszahlung, aber keine echte Bürgerbeteiligung. Außerdem würde die derzeit vorgesehene Vergütung von 0,3 ct pro Kilowattstunde nach den Berechnungen des Verbandes lediglich zu einer durchschnittlichen jährlichen Auszahlung von rund 4,08 € pro Kopf und pro Jahr führen, wenn die Gemeinden davon 0,2 ct erhalten.
"Ein derart geringer Betrag ist schlichtweg nicht ausreichend, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu fördern und die notwendigen Anreize zu setzen", betont Müller. "Es ist an der Zeit, die Vergütungsmodelle so anzupassen, dass sie den tatsächlichen Mehrwert und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger widerspiegeln. Ansonsten werden wir keine ausreichende Akzeptanz für die Energiewende in Bayern schaffen."
In dem Gesetz sollte klar zwischen einer Vergütung für die Gemeinden und einer Bürgerbeteiligung unterschieden werden, fordert der GVB. Dabei dürfe es keine Begrenzung für eine echte Bürgerbeteiligung geben. Hier sollten die Vorhabenträger mit Energiegenossenschaften oder Bürgern gemeinsam eine geeignete Lösung verhandeln können.
Den GVB-Standpunkt und ein Positionspapier hierzu finden Sie hier.