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Warum Nachrangdarlehen für Energiegenossenschaften gängig sind

Kritiker bezeichnen Nachrangdarlehen bei Energieprojekten als Pseudo-Bürgerbeteiligung. Wir haben uns bei einem erfahrenen Praktiker erkundigt. Fazit: Es kommt auf die Ausgestaltung an.

Lesezeit: 4 Minuten

Zu unserer Meldung: Vattenfall baut ersten Solarpark mit Bürgerbeteiligung erreichte uns folgende Leserzuschrift: „Also diese Meldung ist schon ein Witz und eigentlich schon Bevölkerungsverdummung! Ein qualifiziertes Nachrangdarlehen als Pseudo-Bürgerbeteiligung – man kann es fast nicht glauben. Das Nachrangdarlehen wird zurückgezahlt und die Anlage gehört dann: Vattenfall. Hier bei uns wird echte Bürgerbeteiligung gelebt: bei einer GmbH & Co KG oder einer Genossenschaft können die Bürger tatsächlich Eigentümer der Anlage werden. Nachrangdarlehen sind reine Geldanlageprodukte, wie ein Sparbrief, und es nicht ehrlich, so etwas als ‚Bürgerbeteiligung‘ zu bewerben. Oder würde eine Geldanlage bei einer Bank jemals von jemanden als ‚Bürgerbeteiligung‘ an der Bank beworben werden?“

Hintergrund zu Nachrangdarlehen

Nachrangdarlehen bedeutet, dass der Kreditgeber bei der Insolvenz des Unternehmens, dem er das Darlehen gegeben hat, erst nachrangig behandelt wird, die anderen Schuldner also zuerst bedient werden.

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Die Darlehensform ist aber bei Energiegesellschaften wie z.B. Genossenschaften nicht unüblich. „Bei Nachrangdarlehen werden ein fester Zinssatz und der Rangrücktritt hinter andere Gläubiger vereinbart. Sie können etwa bei Genossenschaften eingesetzt werden, um den zusätzlichen Eigenkapitalbedarf bei größeren Anlagen zu decken. Die Verzinsung kann an den Erfolg der Anlage gekoppelt werden“, heißt es beispielsweise in der Broschüre „Bürger machen Energie“ des baden-württembergischen Umweltministeriums.

„Neben den Geschäftsanteilen haben sich bei Energiegenossenschaften nachrangige Darlehen als ergänzendes Finanzierungsmittel bewährt“, ist auch in dem Leitfaden „Energiegenossenschaften“ des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) und der Agentur für Erneuerbare Energien zu lesen. „Damit können sich einzelne Mitgliedergruppen gezielt an bestimmten Energieprojekten beteiligen. Vorteil: Die unterschiedlichen Energieprojekte mit ihren unterschiedlichen Chancen und Risiken werden zwar unter dem Dach der Genossenschaft, aber nicht gemeinsam aus einem ‚Topf‘ finanziert.“

Beispiel aus der Praxis

In der Friedrich Wilhelm Raiffeisen Energie eG im Landkreis Rhön-Grabfeld (Bayern) ist eine Mindestbeteiligung von 2.000 € vorgesehen. Davon werden 100 € als Geschäftsanteil gezeichnet und 1.900 € als nachrangiges Darlehen für ein bestimmtes Energieprojekt vergeben. „Nachrangdarlehen erhält also nur, wer auch Anteile hat“, erklärt Andreas Bauer von der Agrokraft, einer Tochtergesellschaft des Bayerischen Bauernverbandes und des Maschinenrings Rhön-Grabfeld. Die Agrokraft hilft seit 2008 bei der Gründung von Energiegenossenschaften und hat mittlerweile über 40 davon mitgestaltet.

Ein Grund für die Einführung von Nachrangdarlehen ist laut Bauer, dass man auf Anteile erst Ausschüttungen vornehmen kann, wenn man steuerliche Gewinne in der Gesellschaft hat. „Das kann je nach Kalkulation Jahre dauern. Da haben wir uns gefragt, wie sollen wir Menschen finden, die Geld geben, wenn man ihnen sagt, es gibt erst in ein paar Jahren mal eine Ausschüttung.“

"Anlagen gehören den Menschen, die sie finanzieren"

Bei Nachrangdarlehen dagegen kann man vertragsgemäß sofort Zahlungen, also Zinsen auszahlen, wenn Liquidität da ist. „Mit der Kombination von Anteilen und Nachrangdarlehen stellen wir sicher, dass die Anlagen, die sie finanzieren, den Menschen gehören“, sagt er. Damit finanzierte Einzelprojekte waren z.B. ein Tribünendach des örtlichen Fußballvereins oder ein Kirchendach.

Dabei schränkt er ein (und gibt damit unserem Leser recht): Nachrangdarlehen sind nicht per se eine Form der Bürgerbeteiligung: „Es gibt Modelle, bei denen Energieversorger/Investoren die Anlagen betreiben (und auch besitzen und darüber bestimmen) und alibimäßig einige Nachrangdarlehen zulassen.“ Dann sei der Bürger nach der Rückzahlung raus und könne auch nicht mitbestimmen.

Für Bauer ist es also wichtig, dass es eine echte Mitbestimmungskomponente geben muss – im Falle der Friedrich Wilhelm Raiffeisen Energie eG die Anteile an der Genossenschaft. „ Über die Anteile und damit den Mitbesitz an den Anlagen profitieren die Menschen dann auch von den Genossenschaftsgewinnen, die man zusätzlich zum Zins der Nachrangdarlehen als Dividende ausschütten kann“, sagt er. Zudem können die Bürger auch an den Entwicklungen der Zukunft profitieren. Dazu gehören weitere Entwicklungen wie die Wasserstoffproduktion oder der Betrieb von Großspeichern bis hin zur Nutzung des in den genossenschaftlichen Anlagen erzeugten Stroms.

Fehler vermeiden

Da die Vergabe von Nachrangdarlehen an strenge Kriterien aus der Finanzwelt wie z.B. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geknüpft ist, ist es wichtig, die aktuellen und richtigen Formulierungen zu nutzen. Dazu beraten die Genossenschaftsverbände. „Auch wir hatten mal ein Gerichtsverfahren, weil wir noch ein altes Muster auf der Homepage hatten – das nicht einmal eingesetzt wurde“, berichtet Bauer.

Was man abschließend feststellen kann: Wenn es eine echte Beteiligung an der Bürgerenergiegesellschaft gibt, ist das Nachrangdarlehen durch seine Gestaltungsmöglichkeiten ein gängiges Mittel. Ohne echte Beteiligung dagegen trifft die Meinung des Lesers voll zu.

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