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Brandenburgs Landwirte bangen um Biogas

Im Vorfeld der Landtagswahl organisierte der LEE Berlin Brandenburg eine Radtour zu verschiedenen Erneuerbare-Energien-Anlagen. Bei den Biogasanlagenbetreibern zeigte sich die Zukunftsangst.

Lesezeit: 6 Minuten

Mit dem Fahrrad für die Energiewende im Einsatz: Nach der vom LEE Nordrhein-Westfalen e. V. organisierten Fahrradtour im Vorfeld der Europawahl, die im Mai 2024 von Münsterland nach Brüssel geführt hat (top agrar berichtete), starteten Anfang September gut 20 Radfahrer zu einer erstmalig in Brandenburg stattfindenden Energiewende-Fahrradtour. Ziel der vom Landesverband Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg e. V. durchgeführten Fahrt war, im Vorfeld der am 22 September stattgefundenen Landtagswahlen ein Schlaglicht auf Chancen, Leistungen und Herausforderungen der erneuerbaren Energien aufmerksam zu machen.

Viele Freiflächen

Brandenburg hat in Bezug auf die erneuerbare Energieerzeugung eine besondere Situation. Denn durch die teilweise sehr dünn besiedelten Flächen, unter anderem verursacht durch Jahrzehnte der Nutzung als Truppenübungsplatz, stehen im Vergleich zu anderen Bundesländern große Freiflächen zum Aufbau von Windkraftanlagen und PV-Anlagen zur Verfügung. Während dies in der Vergangenheit rege benutzt wurde und zu beachtlichen Erzeugungskapazitäten führt, stagniert der Ausbau heute. Denn die Errichtung vor allem weiterer Windkraftanlagen werde, so wurde es bei Besuchen in Windparks bei Jüterbog und auch bei Feldheim berichtet, eher durch Naturschutzbelange oder auch lokale Munitionsbelastung eingegrenzt, immer häufiger aber auch durch limitierte Netzkapazitäten.

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Aber nicht nur Wind und Sonne kommen in Brandenburg zum Zuge: Die Radtour führte gerade im Süden und Südosten Berlins durch nicht endende Kieferplantagen, in den sich die spätsommerliche Hitze zudem unangenehm staute. Aber die Anstrengungen sollten sich lohnen, denn die Tourteilnehmer besuchten insgesamt drei Biogasanlagen auf der Strecke der beinahe 400 km langen Rundfahrt.

Biogasanlage in kommunalem Umfeld

Am Morgen des zweiten Fahrtages erreichte die Tour nach wenigen Kilometern die Biogasanlage Neuheim in Nachbarschaft der brandenburgischen Stadt Jüterbog. Die bereits 2008 installierte Anlage wird hauptsächlich mit Biomasse aus Mais und Grassilage sowie einen Drittel Gülle betrieben. Ursprünglich mit einer elektrischen Leistung von 1,2 Megawatt ausgestattet, ist sie inzwischen mit einem weiteren BHKW auf 1,8 Megawatt elektrisch überbaut worden. Rund 5 GWh/Jahr Abwärme werden an diesem nahe an der Stadt gelegenen Standort in das Wärmenetz von Jüterbog eingespeist.

Mittel- bis langfristig sieht der Betreiber die Zukunft in einer Kombination aus Strom- und Wärmeproduktion mit steigendem Anteil einer Biomethan-Erzeugung, wobei diese Biogasanlage von ihrer zentralen Lage an Wärmenetz, Gasnetz und Stromnetz profitiert. Denn mit dem zukünftig reduzierten Anteil an Nawaro-Biomasse wird sich das Erzeugungsprofil ändern. Heute ist die e.distherm, ein in der Region ansässiger Betreiber von Wärmenetzen, dankbarer Abnehmer der grünen Wärme.

Gülle-Biogasanlage mit 75 kW

Im Vergleich zu der Biogasanlage Neuheim ist die Situation von landwirtschaftlichen Biogasanlagen eine denkbar andere. Am dritten Tag der Energiewende-Radtour besuchte das Fahrerfeld die Agrargenossenschaft (AGG) Rogäsen an einem Milchviehhof in Zitz im westlichen Brandenburg. Der Betrieb ist nach Aussage des Geschäftsführers Matthias Busse seit den 2000er Jahren entlang der Regulatorik gewachsen. So begann die AGG 2010, Photovoltaik auf beinahe allen Dächern ihres Betriebes zu installieren. 2017 kam dann eine reine Gülle-Biogasanlage mit 75 kW (elektrisch) hinzu, welche die Gülle von ca. 600 Milchkühen direkt verwertet.

Nach 20 Jahren Engagement fragt sich Herr Busse, wie es jetzt weitergeht. Denn die Politik erschwere weiterhin die Viehhaltung z. B. über die neuen Stoffstrombilanzen. Aber ohne Viehhaltung könne es keine erfolgreiche Landwirtschaft geben, es brauche Gülle und Mist für die Gesunderhaltung der Böden. Eine Besonderheit vor Ort sei, dass hier ehemalige Moorflächen extensiv bewirtschaftet und, wie vielerorts diskutiert, wiedervernässt werden, dafür aber kaum eine Belohnung festgestellt werden könne. Das Amt wolle widersinniger Weise Staustufen ausbauen, anstatt die Speicherleistung mooriger Lebensräume anzunehmen.  Angesprochen auf die Installation von PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen wurde Herr Busse deutlich: PV solle nicht auf guten Bögen installiert werden – da blute ihm als Landwirt das Herz. Zudem müsse Agri-PV zwingend lichtdurchlässig sein, um Wachstum unter den Modulen zu ermöglichen.

Kritik an Ausschreibungsverfahren

Nach wenigen Kilometern überquerten die Teilnehmer die Landesgrenze zum westlich von Brandenburg gelegenen Sachsen-Anhalt. In Demsin erreichten sie eine weitere Biogasanlage, die von der Agrawirtschaftsbetrieb Demsin GmbH betrieben wird. Die Biogasanlage wurde 2007 errichtet und 2010 um eine Satellitenanlage, die im nahe gelegenen Ort 50 Haushalte (Anschlussgrad: 100 %) mit grüner Wärme versorgt, erweitert. Leider musste der Geschäftsführer, Herr Christian Rohne, berichten, dass diese Biogasanlage nach derzeitigem Stand der Dinge 2027 abschalten müsse, weil die Ausschreibung zum Weiterbetrieb schon zweimal nicht gewonnen werden konnte und man einer weitere Bewerbung skeptisch gegenüberstehe. Denn auch für seine Biogasanlage seien die von der Bundesnetzagentur zugelassenen Maximalpreise nicht zu schaffen. Dies führe zu einigem Unmut, da er neben der lokalen Energieversorgung und der klimafreundlichen Gülleentsorgung eben auch die Wärmeversorgung des Nachbarortes übernommen habe. Neue Konzepte für die Zeit nach 2027 lägen derzeit in weiter Ferne.

Zuviel Bürokratie

Herr Rohne beklagte auch die überbordende Regulierung, weil er heute z. B. mehrere 10.000 € pro Jahr für Gutachten und Zertifikate ausgeben müsse, von denen zum Betriebsstart der Biogasanlage noch keine Rede gewesen sei. Des Weiteren appellierte er an die anderen Biogasanlagenbetreiber in Deutschland, sich nicht gegenseitig kaputt zu machen und vernünftige Preise oberhalb von 19 Ct/kWh anzubieten und so die BNetzA zu höheren Preisangeboten zu zwingen. Mit Blick auf die Kraftwerkstrategie mahnte er an, keine zentralen Erdgasturbinen zu erstellen, weil die vielen Biogas-BHKW im Land bereit seien, voll ferngesteuert und bedarfsgerecht Strom und Wärme zu liefern. Auf die weitere Zukunft angesprochen, erteilte Herr Rohne einer Biogasaufbereitung auf Biomethan eine Absage. Denn die aktuellen Preise würden jegliche Diskussion darüber verbieten. Zudem habe er in den letzten 30 Jahren kein Geld zurücklegen können. Im Kern sei er Landwirt und guten Böden, gesunden Vieh und erfolgreicher Pflanzenproduktion verpflichtet.

Agri-PV: Weinreben und Tomaten aus Brandenburg

In Rathenow besuchte die Energiewende-Radtour kurz vor Ende des dritten Tourtages mit der Sunfarming GmbH einen Hersteller und Entwickler von Agri-PV-Systemen. Unter Anwesenheit der SPD-Landtagsabgeordneten Katja Poschmann berichtete Firmengründer Peter Schrum über die Vorteile seiner Anlagen.

So würden die Anlagen (wie oben von einem BGA-Betreiber bereits gefordert) immer semitransparent ausgestattet und so locker aufgestellt, dass darunter immer noch produktiv Landwirtschaft in Form von Viehhaltung oder Gemüseproduktion stattfinden können. So wuchsen an dem Forschungsstandort in Rathenow Weintrauben, Tomaten, Mangold, Himbeeren und vieles mehr. Herr Schrum begründete das auch mit dem Schutz vor zu intensiver Sonneneinstrahlung auf den relativ schlechten, brandenburgischen Böden, einer durch die Konstruktion sichergestellten, gleichmäßigen Durchnässung des unter den Anlagen liegenden Bodens bei Regen ohne Ausschwemmungen sowie einer längeren Vegetationsperiode, die durch die Vermeidung von Verlusten durch Wärmestrahlung begründet sei.

Fazit: Gemischtes Bild

Und so hinterließen die Besuche bei den Biogasanlagen neben allem Verständnis für die Belange des Naturschutzes einen gewissen Beigeschmack. Denn neben der klimafreundlichen Behandlung von Gülle stellen diese Anlagen teilweise auf Abruf grünen Strom, grüne Wärme und grünes Gas bereit. In einer Zeit, in der alle Zeichen auf einem Ausbau der klimaneutralen Energieerzeugung stehen, wird insbesondere landwirtschaftlichen Biogasanlagen ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt. Es mutet aber vorsichtig optimistisch an, dass Bundeswirtschaftsminister Robert eine neue Biomassestrategie angekündigt hat.

Die Energiewende Radtour 2024 des Lee Berlin Brandenburg wurde von einem Filmteam begleitet. Im YouTube-Kanal des LEE Berlin Brandenburg können Sie sich Interviews und Berichte von den verschiedenen Stationen anschauen.

(Text: Thomas Wencker)

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