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topplus Diskussion um Biokraftstoffe

Erneuerbare Kraftstoffe: Langfristig verlässliche Rahmenbedingungen nötig

Beim 22. Internationalen Fachkongresses für erneuerbare Mobilität am Rande der Grünen Woche diskutierten 600 Teilnehmer Lösungen für Klimaschutz im Verkehr – auch bei Landmaschinen.

Lesezeit: 7 Minuten

Straßen-, Schiff- und Luftverkehr haben einen enormen Energiebedarf. Gleichzeitig hat der Verkehrssektor große Defizite im Klimaschutz. Darum waren sich viele Experten beim 22. Internationalen Fachkongresses für erneuerbare Mobilität mit über 600 Teilnehmern einig, dass für eine zügige Abkehr des Transportsektors von fossilen Kraftstoffen neben einem ambitionierten Ausbau der Elektromobilität alle nachhaltigen erneuerbaren Kraftstoffe wie Biodiesel, Bioethanol, Biomethan, HVO und E-Fuels benötigt werden.

Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft appellierten an die Politik, langfristig verlässliche Ziele und Rahmenbedingungen für den Hochlauf aller erneuerbaren nachhaltig produzierten Kraftstoffoptionen im Verkehr zu schaffen. Die hierfür benötigten Milliardeninvestitionen erfordern einen langfristig sicheren Rechtsrahmen, der weit über das Zieljahr der Erneuerbare Energien-Richtlinie RED III, deren nationale Umsetzung jetzt ansteht, hinaus gehen müsse. Planungs- und Investitionssicherheit seien entscheidend, damit Unternehmen in den Auf- und Ausbau der Produktionskapazitäten von erneuerbaren Kraftstoffen investierten. Dies sei jetzt erforderlich, damit fossile Kraftstoffe in zunehmend globalisierten Märkten durch erneuerbare Alternativen ersetzt werden.

Großer Bestand an Verbrenner-Fahrzeugen

Um den auch in den nächsten Jahrzehnten noch enormen Fahrzeugbestand mit Verbrennungsmotor und zusätzlich die nicht elektrifizierbaren Anwendungen klimaschonend zu gestalten, seien alternative Kraftstoffoptionen notwendig, die einen ganzheitlichen Förderansatz bei sachgerechter Ausgestaltung erfordern.

Die Teilnehmer waren sich grundsätzlich einig, dass die Stärkung des Marktzugangs für alternative Kraftstoffe durch eine CO2-Effizienzwettbewerb Vorbildcharakter habe. Das deutsche Treibhausgasminderungs-Gesetz mit stufenweise ansteigenden CO2-Minderungsvorgaben und einem technologieoffenen Ansatz stehe hierfür als Beispiel.

Betrugsskandal im Blick

Ein weiteres Thema war, wie die mutmaßlichen Betrugsfälle mit angeblich fortschrittlichen Biokraftstoffimporten aus China künftig verhindert werden können. Der Betrugsskandal und auch die Unregelmäßigkeiten bei Klimaschutzprojekten im Rahmen der Erdölförderung (UER) in China belasten das Image und das Vertrauen in die gesetzlich vorgegebene Zertifizierung, weil die erforderliche begleitende Verwaltungskontrolle der zuständigen Stellen beim Bundesumweltministerium (BMUV) versagt hatten.

Auch die mangelnde Verantwortungsübernahme von Seiten der EU-Kommission wurde kritisiert und der Nachbesserungsbedarf in der behördlichen Zuständigkeit angemahnt. Dies gelte insbesondere dann, wenn die sich noch immer im Aufbau befindliche Unionsdatenbank ihrer Aufgabe der Rückverfolgbarkeit, auch im Sinne der Betrugsprävention, gerecht werden soll.

Die im Verlauf der Podiumsdiskussion durchgeführte Umfrage bestätigte nachdrücklich die erforderliche und auch von der Biokraftstoffwirtschaft selbst geforderte Verschärfung der Überwachung. 80 % der Fachkongressteilnehmer stimmten in einer Umfrage der Aussage zu, dass behördliche Vor-Ort-Kontrollen das wirkungsvollste Mittel zur Betrugsvermeidung seien. Ob entsprechende Gesetzesänderungen, die jetzt doch noch kurzfristig vom BMUV erarbeitet und dem scheidenden Parlament übermittelt wurden, noch vor dem Ende der Legislaturperiode und den Neuwahlen zum deutschen Bundestag beschlossen werden, blieb allerdings offen.

Biomasse hat noch Potenzial

Die Nutzung von Biomasse ist ein wichtiger Baustein für mehr Klimaschutz. Das zur Verfügung stehende Potenzial wird jedoch noch nicht ausreichend genutzt. Darauf weist Prof. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie, anlässlich des Kongresses „Kraftstoffe der Zukunft 2025“ in Berlin hin. Um in neue Technologien in großem Stil investieren zu können, seien jedoch Änderungen am Regelwerk erforderlich. „Der Endenergiebedarf wird in Deutschland derzeit nur zu rund einem Fünftel durch Strom gedeckt. Den Rest leisten überwiegend Moleküle wie Öl und Gas. Damit die Energiewende gelingt, brauchen wir daher auch eine Molekülwende – hin zu in der Gesamtbilanz CO2-neutralen Molekülen“, so Küchen. Diese seien nicht nur dort gefragt, wo elektrische Antriebe an ihre Grenzen stoßen, zum Beispiel im Flug- und Schiffsverkehr, und für die Versorgung der Industrie mit Grundstoffen, sondern sie sind auch notwendig für ein auch im Krisenfall resilientes Energiesystem.

Reststoffe aus der Landwirtschaft

Biomasse gilt mittel- bis langfristig als bedeutende Basis für die Herstellung CO2-neutraler flüssiger Energieträger und chemischer Rohstoffe. Eine Analyse einschlägiger Studien vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) im Auftrag von en2x zeigt: Durch die Nutzung beispielsweise biogener Abfälle und Reststoffe aus der Landwirtschaft wäre der Ersatz von Mineralölprodukten in großem Umfang möglich. „Dabei kann die bestehende Infrastruktur bestehen bleiben“, so Küchen. „Bereits heute sind Raffinerien mit geringen Anpassungen in der Lage, derartige erneuerbare oder recycelte Rohstoffe mitzuverarbeiten und so größere Mengen CO2-armer Produkte herzustellen.“

Dieses sogenannte Co-Processing, die gemeinsame Verarbeitung von fossilen und erneuerbaren Rohstoffen, müsse auch in Deutschland umfassend ermöglicht werden. Wichtig sei dabei, die erneuerbaren Rohstoffanteile flexibel solchen Raffinerieprodukten wie Kraftstoffen zurechnen zu dürfen, für die gesetzliche Klimaschutzanforderungen zu erfüllen sind.
Bislang werden in Deutschland vor allem Anbaubiomasse wie Raps und Mais sowie Altspeisefette als biogene Rohstoffe genutzt. Für die Zukunft geht es vor allem um den Einsatz weiterer Rest- und Abfallstoffe, wie etwa Stroh- und Holzresten, aber auch Algen. Deren Verarbeitung zu fortschrittlichen Biokraftstoffen erfordert, ähnlich wie die Produktion von E-Fuels aus Wasserstoff und CO2, hohe Investitionen in neue Technologien, denen die Politik mit risikomindernden Maßnahmen nun den Weg ebnen müsse: „Wir brauchen langfristige Anreize für Investitionen, die Beseitigung regulatorischer Unsicherheiten und eine konsequente CO2-Bepreisung einschließlich einer Reform der Energiebesteuerung, die sich an der Klimawirkung der Kraftstoffe bemisst“, so Küchen.

Grundvoraussetzung sei dabei eine technologieoffene Regulierung, so Küchen: „Je breiter die potenziellen Anwendungsbereiche für CO2- arme und -neutrale Produkte sind, desto aussichtsreicher die Investition und geringer das Risiko für Investoren.“

Erneuerbare in der Landwirtschaft

Erneuerbare Antriebsenergien kommen aktuell in der Land- und Forstwirtschaft noch wenig zum Einsatz. Dabei gibt es durchaus marktreife Technologien, die perspektivisch das gesamte Leistungsspektrum des Fuhrparks bedienen können. Auf der Bühne des Forums Moderne Landwirtschaft im Erlebnisbauernhof der Grünen Woche, Berlin, wurden am Dienstag, 21. Januar 2025, die Potenziale sowie vor allem die noch bestehenden Hürden diskutiert. Dabei fassten Dr. Edgar Remmele, Leiter Abteilung Erneuerbare Kraftstoffe und Materialien des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe Straubing (TFZ) und Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und Vorsitzender der Plattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ wichtige Aspekte kompakt zusammen.

Umstellung bei Landtechnik schwierig

Vor einem Jahr war der Wunsch nach Dieselalternativen besonders groß: die von der Bundesregierung beschlossene Abschaffung der Agrardieselsteuerrückerstattung, die notwendige Verringerung der CO2-Emissionen in allen Wirtschaftssektoren und der Wunsch nach einer energieautarken Landwirtschaft haben das Interesse an erneuerbaren Antriebsenergien für die Land- und Forstwirtschaft deutlich erhöht.

Denn obgleich die Landtechnikunternehmen mit diversen innovativen Technologieoptionen theoretisch das gesamte abzudeckende Leistungsspektrum bedienen könnten und in der Praxis schon mehrfach die Tauglichkeit und Zuverlässigkeit wissenschaftlich bewiesen wurde, kommt die Mobilitätswende nicht ins Rollen.

Die Ursachen hierfür, so Klaus-Peter Lucht, seien vielfältig: „Die größte Herausforderung ist, dass eine sofortige komplette Umstellung des landwirtschaftlichen Maschinenparks schlicht nicht machbar ist. Verschärft wird dies dadurch, dass viele Maschinen eine sehr lange Lebensdauer haben. Für vorzeitige Neuanschaffungen oder Umrüstungen müssen die Betriebe enorme Investitionen stemmen, jedoch fehlt es hier gegenwärtig an klaren politischen Signalen sowie wirtschaftlichen und vor allem verlässlichen Investitionsanreizen sowohl für die landwirtschaftlichen Betriebe als auch für die Landtechnikunternehmen.“ Als Milchbauer und Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein spricht er damit sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus der seiner Berufskollegen.

Gute Zusammenarbeit nötig

Dr. Edgar Remmele, der sich unter anderem in der KTBL-Arbeitsgruppe „Roadmap Antriebssysteme für die Landwirtschaft“ engagiert, sieht jedoch nicht nur bei der Politik Handlungsbedarf: „Damit in der Landwirtschaft die Umstellung von Dieselkraftstoff auf erneuerbare Antriebsenergien gelingt, müssen viele Akteure zusammenwirken: Politik und Administration, Wissenschaft und Bildung, Landtechnikunternehmen, Kraftstoffproduzenten, Stromversorger sowie die landwirtschaftliche Praxis“, betonte der Experte auf der Bühne im Erlebnisbauernhof, und ergänzte: „Nur in guter Zusammenarbeit ist die Transformation zur Zufriedenheit aller zu schaffen.“

Auf politscher Ebene könnte eine zeitnahe Novellierung der EU-Energiesteuerrichtlinie und eine Umsetzung in nationales Recht ein notwendiger Impulsgeber sein. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Harmonisierung der Energiebesteuerung in der EU und sehe eine nach Umweltleistung ausgerichtete Steuerfestsetzung u.a. für die in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzten Biokraftstoffe vor, betonte Klaus-Peter Lucht.

Das Interview unter der Moderation von Helena Felixberger fand unweit des Gemeinschaftsstandes der Plattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ statt. Hier begrüßen seit Freitag, 17. Januar 2025, die Landtechnikunternehmen CLAAS, Fendt, John Deere und New Holland zahlreiche Interessierte aus der Politik, der Presse und den themenverwandten Branchen sowie natürlich (noch) fachfremde Besucherinnen und Besucher der Messe. Möglichkeit zu einem Besuch gibt es bis einschließlich Sonntag, 26. Januar 2025, auf Stand 405 in der Halle 3.2 der Messe Berlin.

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