Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Baywa in Insolvenzgefahr Ernte 2024 Afrikanische Schweinepest

topplus Neue Regeln und Projekte

Heimische Wasserstoffproduktion: Rückenwind für Elektrolyseure

Das Bundeskabinett will mit einer Änderung der 4. BImSchV schnellere Genehmigungen von Elektrolyseuren bewirken. Bayern fördert zudem elf Projekte. Es gibt aber noch weitere Entwicklungen.

Lesezeit: 7 Minuten

Das Bundeskabinett hat gestern eine Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate beschlossen. Die Importstrategie beschreibt einen klaren und verlässlichen Rahmen für die laut Bundesregierung „dringend benötigten Importe von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten nach Deutschland“. Sie ist damit ein wesentlicher Baustein der deutschen Wasserstoffpolitik und ergänzt die Nationale Wasserstoffstrategie.

Gleichzeitig will die Bundesregierung die heimische Produktion von Wasserstoff stärken. Dazu hat das Bundeskabinett gestern ebenfalls die Änderungsverordnung zur Anpassung der Vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) beschlossen. Damit will die Regierung nach eigenen Angaben die Voraussetzung für schnelle und einfachere Genehmigungen von Elektrolyseuren für die Wasserstofferzeugung schaffen.

EU-Genehmigung erst ab 50 t/Tag

Am 4. August 2024 wird die Änderung der europäischen Richtlinie über Industrieemissionen (IED) in Kraft treten. Mit der angepassten Verordnung gehe das Bundesumweltministerium voran und habe bereits jetzt den europarechtlichen Spielraum genutzt, um den Marktausbau der Wasserstofferzeugung zu beschleunigen.

Die europäische Richtlinie über Industrieemissionen (IED) reguliert in Deutschland bereits heute über 13.000 Anlagen. Die Novelle legt u.a. einen Schwerpunkt auf die Transformation hin zu einer klimaneutralen, sauberen und kreislaufbasierten Industrie. Dazu gehört auch, dass künftig die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse erst ab 50 t Wasserstofferzeugungskapazität pro Tag einem europarechtlich vorgegebene Genehmigungsverfahren zu unterziehen ist. Bisher war die europarechtliche Genehmigung für alle Elektrolyseure im industriellen Maßstab erforderlich.

Für Elektrolyseure mit einer elektrischen Nennleistung von weniger als 5 MW soll die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht entfallen. Elektrolyseure mit einer Produktionskapazität von unter 50 t Wasserstoff pro Tag und somit einem geringen Beeinträchtigungspotenzial für Mensch und Umwelt können in einem vereinfachten Verfahren genehmigt werden.

Die Änderungsverordnung steht im engen Zusammenhang mit dem kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eines Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes und der Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie. Sie bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.

Bayern fördert elf Elektrolyseur-Projekte

Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger hat die ersten elf Förderbescheide im Rahmen des Bayerischen Elektrolyseurförderprogramms im Wert von 55 Mio. € übergeben. Mit dem bundesweit einzigartigen Programm unterstützt der Freistaat den Aufbau einer Elektrolyseur-Infrastruktur in zwei Förderaufrufen mit insgesamt 150 Mio. €.

Der erste Förderaufruf des Bayerischen Elektrolyseurförderprogramms war 3,5-fach überzeichnet und hat gezeigt, dass die Wirtschaft enormes Interesse an dem Programm hat. Die Fördersumme von jeweils 5 Mio. € erhielten die Elektrolyseur-Projekte folgender Unternehmen mit einer Leistung zwischen 5 und 8,5 Megawatt:

  • N-Ergie (Nürnberg)

  • Guttroff (Dettelbach)

  • nahKRAFT (Feuchtwangen)

  • Energiepark Ried (Markt Indersdorf)

  • Westfalen (Weißenhorn)

  • Energiepark Osterhofen

  • Erik Walther (Uffenheim)

  • Erneuerbare Energien Essenbach

  • Tyczka Hydrogen (Kösching)

  • Maier & Korduletsch (Pöcking)

  • Stadtwerke Bayreuth.  

Der zweite Förderaufruf im Rahmen des Elektrolyseur-Programms ist am 17. Juni 2024 gestartet. Bis 9. August können beim Projektträger VDI Technologiezentrum noch Skizzen eingereicht werden.

Neue Studie: Elektrolyseure unterstützen Stromnetz

Elektrolyseure können auf allen Stromnetzebenen entlastend wirken. Ihre Platzierung in vielen verschiedenen Regionen Deutschlands hat einen Nutzen für das gesamte Energiesystem. Das zeigt ein Gutachten, die das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) im Auftrag von E.ON und der Thüga-Gruppe durchgeführt hat. Das EWI untersuchte anhand von verschiedenen Kriterien, welche Standorte für den Bau von Elektrolyseuren geeignet wären. Zentrale Aspekte hierbei waren die Fragen, wie der Bedarf an Wasserstoff künftig bestmöglich bedient werden kann und wie Elektrolyseure mehr Flexibilität für das Energiesystem schaffen können.

Wie das Gutachten zeigt, können Elektrolyseure insbesondere dort systemdienlich wirken, wo viele Erneuerbare-Energien-Anlagen an die Verteilnetze angeschlossen werden. Bereits heute führt der beschleunigte Zubau von Erneuerbaren Energien (EE) immer wieder dazu, dass einzelne Anlagen erst verzögert angeschlossen werden. Wird regional erzeugter EE-Strom für Elektrolyse genutzt, können das Stromnetz entlastet, die Flexibilität des Systems erhöht und so Abregelungen vermieden werden. Elektrolyseure könnten helfen, Engpässe auf allen Ebenen des Stromnetzes zu verhindern und damit die Systemkosten zu reduzieren. Darüber hinaus verdeutlicht das Gutachten, dass die Anbindung an ein künftiges Wasserstoffnetz für den Transport des Wasserstoffs zu den Verbrauchern sowie die regionale Nachfrage nach Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen.

Weitere Informationen zum Gutachten finden Sie hier

EU-Rechnungshof fordert „Realitätscheck“

Erneuerbarer oder "grüner" Wasserstoff ist für die Zukunft der wichtigsten Industriezweige in der EU von großer Bedeutung, da er insbesondere dort zur CO₂-Neutralität beitragen kann, wo eine Umstellung auf elektrischen Betrieb schwierig ist – sei es bei der Stahlerzeugung, in der petrochemischen Industrie oder bei der Zement- und Düngemittelproduktion. Erneuerbarer Wasserstoff kann der EU auch helfen, ihr für 2050 gesetztes Klimaziel der CO₂-Neutralität zu erreichen und die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland weiter zu verringern.

Auf dem Weg zu einem gerade erst entstehenden Markt für erneuerbaren Wasserstoff verzeichnet die EU bislang nur bescheidene Erfolge. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Die Europäische Kommission habe zwar richtige Schritte unternommen, doch gebe es entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette noch Probleme. So werde die EU ihre für 2030 gesetzten Ziele für Erzeugung und Import von erneuerbarem Wasserstoff voraussichtlich nicht erreichen. Die Prüfer fordern, die EU-Ziele einem Realitätscheck zu unterziehen. Man müsse sicherstellen, dass diese sich auch verwirklichen ließen und dass die strategischen Entscheidungen über das weitere Vorgehen die Wettbewerbsfähigkeit der Schlüsselindustrien nicht beeinträchtigten oder neue Abhängigkeiten schaffen.

Der Sonderbericht 11/2024 "Die Industriepolitik der EU im Bereich erneuerbarer Wasserstoff: Rechtsrahmen weitgehend angenommen – Zeit für einen Realitätscheck" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar. Der Rechnungshof hat bereits mehrere Berichte über die Industriepolitik der EU veröffentlicht, unter anderem über Energiespeichertechnologien und Batterien. 

Projekte aus Italien

Dass die Kombination von erneuerbaren Energien und Wasserstoffproduktion auch für die Industrie attraktiv ist, zeigen neue Projekte aus Italien. Laut Elektrolyseur-Hersteller Enapter ist Italien eine der am schnellsten wachsenden Wasserstoffmärkte Europas. Zu den neuesten Projekten zählt Enapter die Firma Cogne Acciai Speciali, einen Hersteller von Langprodukten aus Edelstahl und Nickellegierungen für verschiedene Sektoren wie Automobil, Öl und Gas, Chemie und Luftfahrt. Cogne will Solar- und Wasserkraft nutzen, um mit einem 1-Megawatt-Elektrolyseur vor Ort Wasserstoff zu erzeugen. Diesre soll vor allem zur Herstellung von Prozesswärme dienen, um die Produktionsprozesse weiter zu dekarbonisieren.    

Zudem hat Sangraf International bei Enapter zwei Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von 1,5 MW bestellt. Sangraf ist Hersteller von Graphitelektroden für Schmelzprozesse in der Stahl-, Eisen- und Nichteisenmetallindustrie und arbeitet an einer Lösung zur lokalen Erzeugung von grünem Wasserstoff. Mit dem Ziel, den Erdgasanteil in ihren Produktionsprozessen um 10 % zu reduzieren, entsteht derzeit in Sangrafs Werk in der Gemeinde Narni eine eigene Wasserstoff-Produktion mit angeschlossener 2,6 MW-Photovoltaik-Anlage. Dieses Projekt ist Teil der Initiativen der Muttergesellschaft Sanergy zur Unterstützung der Dekarbonisierung der Stahl- und neuen Energieindustrie.  

Kombination von Elektrolyseur und Wärmepumpe

Zur Produktion von kostengünstigem Wasserstoff sind effiziente heimische Elektrolyseure nötig, die aus grünem Strom Wasserstoff erzeugen und die Nebenprodukte Sauerstoff und Wärme wirtschaftlich nutzen. Den Weg dazu möchte die neue Versuchsanlage „LA-SeVe“ in Zittau (Sachsen) aufzeigen, die im Rahmen des Projektes „IntegrH2ate“ aufgebaut wird. Nun hat die Stadt die Baugenehmigung erteilt. Die Fertigstellung ist für Anfang 2025 geplant.

Die Wissenschaftler untersuchen im Projekt „IntegrH2te“ die Kopplung zwischen PEM-Elektrolyse, Wärmepumpe und Wärmenetz. Die Abwärme aus der Elektrolyse soll durch die Wärmepumpe so aufgewertet werden, dass diese als Fernwärme im Versorgungsnetz der Stadt dienen kann. Auch der Sauerstoff aus der Elektrolyse ist bei entsprechender Reinheit eine gefragte Handelsware. Die nun genehmigte Versuchsanlage dient primär der Betriebsoptimierung des innovativen Anlagenkonzeptes und der effizienten Kopplung von Elektrolyseuren und Wärmepumpen bei strom-, wärme- oder wasserstoffgeführter Betriebsweise. Je nachdem, ob der Fokus auf die Nutzung von grünem Überschussstrom, der Einsparung von fossilen Energieträgern oder der optimalen Wasserstoffherstellung liegt, ändern sich Betriebsweise und Betriebsparameter. Mit der Anlage in Zittau prüft das Projektteam nun in der Praxis die Konzepte, die es in den letzten Jahren entwickelt hat. Weitere Infos finden Sie hier.

Mehr zu dem Thema

top + Ernte 2024: Alle aktuellen Infos und Praxistipps

Wetter, Technik, Getreidemärkte - Das müssen Sie jetzt wissen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.