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Chance für Biogaserzeuger: Gärreste mit Laub als Torfersatz herstellen

Die Firma SteenFOS hat ein Verfahren entwickelt, das drei Probleme lösen kann: Laubentsorgung in Kommunen, Gärrestverwertung und Torfersatz für Erdenhersteller.

Lesezeit: 6 Minuten

Während Laub in Kommunen im Überfluss vorhanden ist und teuer entsorgt werden muss, suchen Hersteller von Gartenerden händeringend nach einem Ersatz für Torf. Denn dieser darf zum Schutz der Moore künftig nicht mehr zu Gartenerde verarbeitet werden. Die Firma SteenFOS aus Bassum (Niedersachsen) hat jetzt ein neues Verfahren entwickelt, um diese Probleme zu lösen. Positiver Nebeneffekt: Als Beimischprodukt werden Gärreste verwendet, weshalb das Verfahren gerade für Biogasanlagenbetreiber ideal ist. Näheres erläutert Geschäftsführer Michael Huster im Interview.

Sie bieten Kommunen an, das Laubproblem zu lösen. Wie funktioniert das?

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Huster: In Deutschland fallen jährlich 1,4 Mio. t Laub an. Es ist für viele Kommunen ein Problem, weil es innerhalb von zehn Wochen massenhaft anfällt und zu horrenden Preisen entsorgt werden muss. Um das Problem zu lösen, streben einige Kommunen die Kompostierung an. Aber wegen der hohen Ligningehalte verrottet es schlecht und führt zur Verlängerung der Kompostierungszeiten. Wir produzieren dagegen aus Laub ein Torfersatzprodukt. Damit helfen wir nicht nur den Kommunen, sondern auch Erdenherstellern, die künftig auf Torf verzichten müssen. Oder Biogasanlagenbetreibern, die damit Gärrest verwerten und ein neues Geschäftsfeld eröffnen können. Das ist gerade für Anlagen interessant, die das EEG-Ende erreichen und nach neuen Erlösmöglichkeiten suchen.

Wie lösen Sie das Problem mit der Lastspitze?

Huster: Laub lässt sich im Fahrsilo einsilieren und so konservieren. Es wird über die zehn Wochen hinweg eingebracht und festgefahren. Das Siliergut lässt sich dann das ganze Jahr verwerten. Unter Sauerstoffabschluss sinkt der pH-Wert, was für die weitere Verarbeitung vorteilhaft ist.

Wie wird es weiterverarbeitet?

Huster: Zunächst wird das feuchte Herbstlaub in einem Trockner konditioniert. Wichtig ist, dass dabei die Kapillare erhalten bleiben, die wir später als Wasserspeicher nutzen wollen. Denn Laub ist nach Torf einer der besten Wasserspeicher, besser als Kompost oder Rindenhumus. Nach dem Trocknen wird es im Windsichter per Luftstrom von Fremdkörpern getrennt. Die Störstoffe werden somit entfernt.

In weiteren Aufbereitungsschritten wird es mechanisch aufbereitet und im Paddelmischer mit Flüssigkeit wie z.B. Gärrest zu einer Mischung vermengt. In einer anschließenden Rottekammer erhitzt es sich von allein auf 80 °C. Die Temperatur ist zur Hygienisierung wichtig, die für eine Stunde bei mindestens 70 °C vorgeschrieben ist.

Wie ist die Konsistenz der Mischung und wie wird sie aufs Feld ausgebracht?

Huster: Die Mischung hat eine krümelige Struktur mit Waldboden bzw. Blumenerde vergleichbar. Die Struktur ist außerdem beeinflussbar und lässt eine Verwendung mit Pflanzmaschinen etc. zu.

Wie sieht es mit Schadstoffen aus?

Huster: Prozess und späteres Produkt unterliegen verschiedenen Vorschriften wie z.B. der Bioabfallverodnung. Das Produkt unterschreitet nach bisherigen Erkenntnissen alle Grenzwerte z.B. für Schwermetalle deutlich. Zudem werden Unkrautsamen während der Hygienisierung abgetötet.

Gibt es Unterschiede bei den Laubarten?

Huster: Die Laubqualität unterscheidet sich zwar bei den Baumarten. So enthält Eichenlaub viel Blausäure. Aber Baumkataster zeigen, dass die Baumartenmischung in den Kommunen fast immer gleich ist. Besonders viel Blattmasse produzieren Linde, Platane, Ahorn und Buche.

Ist auch eine Kombination mit Pyrolyse zur Produktion von Pflanzenkohle denkbar?

Huster: Ja, es gibt zusätzlich zum Laub auch eine Holzfracht z.B. von Sträuchern. Das Holz lässt sich verbrennen, um Wärme für die Trocknung herzustellen oder per Pyrolyse verarbeiten. Dabei entsteht nicht nur Pflanzenkohle, sondern auch Holzessig, den man zur Absenkung des pH-Wertes verwenden könnte. 

Warum ist Gärrest als Mischungspartner interessant?

Huster: Gärrest ist ein weiterer Reststoff, der in einigen Regionen gegen Erlös entsorgt werden muss. Zudem enthält er kaum Salz. Das ist für die Erdenhersteller wichtig. Kompost bringt schnell 2 bis 5 g/l Salz mit. Quellen für Salz im Kompost sind die Biotonne, die gesalzene Essensreste und viel Gemüse mit hoher Nährstofffracht in Form von Mineralien, Kalium und Schwefel enthält. Aber auch Rasenschnitt und Laub von der Straße, das im Herbst bzw. Winter gesammelt wird, bringen Salz mit. Unser Produkt liegt bei unter 1 g/l.

Unabhängig davon halten wir Biogasanlagen generell für sehr geeignet, um die Produktion zu übernehmen. Denn neben dem Gärrest gibt es auch Strom und Wärme für den Prozess. Zudem ist Platz zum Einsilieren vorhanden und es gibt Personal mit technischem Sachverstand. 

Wie sieht jetzt das Geschäftsmodell aus? Welche Erlöse sind drin?

Huster: Die Wirtschaftlichkeit fußt auf mehreren Säulen: Entsorgungserlöse für Laub, eingesparte Erlöse für die Gärrestverwertung und Verkaufserlös des Endprodukts.

Laub wird je nach Region und Kommune für 50 bis 120 €/t entsorgt, Gärrest in den Nährstoffüberschussregionen für 12 bis 40 €/t. Für das Produkt zahlen Erdenhersteller dagegen aktuell rund 90 €/t. Selbst bei sehr konservativer Rechnung bleibt dem Anlagenbetreiber nach Abzug aller Kosten ein Gewinn von mindestens 30 % des Umsatzes.

Warum sollten Erdenhersteller das Produkt kaufen?

Huster: Aus zwei Gründen: Zum einen wird ab 2026 Torf in Hobbyerden und ab 2030 in Profierden weitestgehend untersagt. Zum anderen liefert unser Laubprodukt gleichbleibende Nährstofffrachten, was die Erdenhersteller sehr schätzen. Über die Zugabe von mehr oder weniger Gärrest können wir den Nährstoffgehalt steuern. Komposthersteller sind dagegen davon abhängig, was in den braunen Tonnen landet.

Wie kann ein Biogasanlagenbetreiber in die Produktion einsteigen?

Huster: Wir wollen dafür einen Lizenznehmervertrag entwickeln. Der Biogasanlagenbetreiber würde die Produktionsanlagen errichten und die Herstellung übernehmen. Wir würden uns um die Laubversorgung sowie die Vermarktung kümmern und dem Landwirt eine Leistungsgerechte Vergütung zahlen.

Wo sehen Sie noch Hürden für die Umsetzung?

Huster: Technisch ist der Prozess nahezu ausgereift und patentiert. Was uns hemmt, ist die Gesetzgebung. Denn der Prozess gilt als industrielle Abfallbeseitigung. Dabei sind wir eigentlich landwirtschaftlich tätig: Wir verarbeiten mit Laub einen nachwachsenden Rohstoff und erzeugen ein Produkt, das in der Pflanzenproduktion eingesetzt wird.

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