Mit der geplanten Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) will die Bundesregierung auch das gemeinschaftliche Erzeugen und Verbrauchen von Energie voranbringen. Die Aufnahme von Energy Sharing mit dem § 42c im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist ein wichtiger Schritt, urteilen der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) und der Open District Hub (ODH). Das reicht nach Ansicht der Verbände aber noch nicht aus.
Das Energiesystem der Zukunft wird durch Dezentralisierung bestimmt und muss auch von dort gedacht werden: Millionen von Erzeugungsanlagen und Prosumern (Produzenten und Verbraucher in einem) bilden nach Ansicht der Verbände zunehmend das Rückgrat. „Wenn erneuerbare Energie vor Ort erzeugt und genutzt wird, sollte sie auch geteilt werden können“, so die beiden Verbände, die dazu jetzt ein Positionspapier veröffentlicht haben. Dies würde deutlich die Kosten für die Endverbraucher senken, die Akzeptanz der Energiewende verbessern und die effiziente Nutzung der erneuerbaren Erzeugung steigern.
Zentrale Forderungen des Positionspapiers
Unkomplizierter, lokaler Austausch von Energie: Mehrere Akteure – egal ob Haushalte, Unternehmen, ganze Quartiere oder darüber hinaus– sollten in der Lage sein, Energie flexibel zu erzeugen, zu speichern und zu teilen. Hierzu bedarf es standardisierter und einfacher Abrechnungs- und Marktkommunikationsprozesse.
Offene Teilnahme: Am Energy Sharing können Erzeuger, Verbraucher, Überschuss-Einspeiser, Direktvermarkter und Energiespeicheranlagen teilnehmen. Die Anzahl der Teilnehmer soll grundsätzlich unbegrenzt sein, um wirtschaftliche Vorteile zu realisieren.
Zentrale Koordinierungsstelle: Besonders am Anfang werden viele Fragen von den beteiligten Akteuren geklärt werden müssen. Eis benötigt eine Koordinierungsstelle, um sicherzustellen, dass die Abläufe in der Praxis reibungslos starten und funktionieren.
Stärkung der Flexibilität: Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzinfrastruktur ist Flexibilität entscheidend, um schwankende Energieerzeugung und -nutzung auszugleichen – vor Ort sowie für das gesamte Energiesystem. Energiespeicher, bidirektionales Laden und Wärmepumpen spielen hierbei eine Schlüsselrolle.
Wo es aktuell noch hakt
Aktuell mangelt es an den passenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland, bemängeln die Verbände. Bestehende Konzepte für Energiegenossenschaften, Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung seien nicht ausreichend.
Einige Punkte des vorgeschlagenen Konzepts im EnWG könnten die Umsetzung in der Praxis erheblich erleichtern. Durch Peer-to-Peer-Verträge wird eine einfachere Abwicklung für kleinere Energy Sharing-Gemeinschaften ermöglicht. Zudem gelten vereinfachte Lieferantenpflichten, und es besteht keine Verpflichtung zur Vollversorgung. Nicht zuletzt haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen bezüglich des Energy Sharing an einen Organisator zu übertragen.
Es bleiben jedoch deutlich offene Fragen. Die Teilnahme mit Energiespeicheranlagen soll nur möglich sein, wenn der Speicher ausschließlich mit erneuerbaren Energien beladen ist. Dies schränkt die Nutzung des vollen Potenzials der Speicher ein. Es würde somit das Ausschließlichkeitsprinzip festigen, das an anderer Stelle gerade abgeschafft werden soll.
Bilanzkreis als Risiko
Ein weiteres Manko im Vorschlag ist die implizite Verpflichtung zur Führung eines Bilanzkreises, die auf die Teilnehmer bzw. den Organisator der Energy Sharing-Gemeinschaft entfällt. „Diese Pflicht birgt wirtschaftliche Risiken und stellt ein Hemmnis für die Verbreitung des Energy Sharing-Konzepts dar“, kritisieren die Verbände.
Zudem seien im Entwurf keine Änderungen der Abgaben-, Umlagen- und Steuerbelastung in Verbindung mit der Teilnahme am Energy Sharing vorgesehen. Ohne Anpassungen dieser Rahmenbedingungen werde Energy Sharing im Wettbewerb mit bestehenden Vermarktungs- und Versorgungsmöglichkeiten kaum bestehen können.
Die Verbände fordern daher verstärkten Einsatz der Politik, um den Entwurf weiter auszuarbeiten und bestehende offene Fragen zu klären, damit die Energiegemeinschaften in Deutschland zur Realität werden können. Die Verbände stellen ihre Expertise dafür bereit.
Zum Weiterlesen
Das Positionspapier von BVES und ODH finden Sie hier.
Auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) hat sich in Stellungnahmen mit den Vorschlägen zum Energy Sharing auseinandergesetzt:
Stellungnahme vom 30. 08.2024 zum Referentenwurf,
Stellungnahme vom 28.10.2024 zu Ergänzungen des Bundeswirtschaftsministeriums.