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topplus Als Landwirt autark sein

„Wir ernten 90 Prozent des Stroms vom Dach“

Frank Beutner nutzt für seine Schweine- und Hähnchenställe Solarstrom. Die Anlagen sind auf Dächern in verschiedenen Himmelsrichtungen ausgerichtet und damit auf maximalen Eigenstrom ausgelegt.

Lesezeit: 8 Minuten

Rund 45.000 kWh Strom hat Frank Beutner in mehreren Schweinemastställen mit insgesamt 1.850 Mastplätzen jährlich verbraucht – bis Ende 2023. „Dann habe ich Solarstromanlagen mit insgesamt 300 kW installieren lassen“, sagt der junge Betriebsleiter aus Wahnebergen bei Verden in Niedersachsen.

Die Solarstromnutzung ist auf dem Betrieb nichts Neues. Schon 2010 hatte sein Vater eine Anlage mit knapp 30 kWp errichtet – damals noch mit Volleinspeisung. „Der Einspeisetarif für den Strom aus dieser Anlage liegt bei 35 ct/kWh – viel höher, als Strom damals gekostet hat“, erklärt er.

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Mit der Energiekrise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hat sich das geändert: Während der Einspeisetarif heute bei der neuen Anlage mit 300 kW bei 10,7 ct/kWh liegt, muss Beutner beim Stromversorger 38 ct/kWh (brutto) zahlen. „Da lohnt es sich in jedem Fall, mehr eigenen Strom zu produzieren“, betont der Landwirt.

Notstromversorgung bei den Hähnchen

Erste Erfahrungen mit der Eigenstromversorgung hatte er 2021 mit einer Anlage mit 58 kW-Leistung auf dem Hähnchenstall gesammelt. Damals war allerdings noch nicht der Strompreis, sondern die Notstromfunktion der Batterien der Treiber. „Wir hatten aufgrund von schlechten Stromleitungen mehrmals im Jahr Stromausfall und nur einen Zapfwellengenerator vor Ort“, erklärt er. Das bedeutet, dass er gerade im Sommer bei Hitze sofort reagieren musste.

Jetzt übernehmen zwei Batteriespeicher mit zusammen 78 kWh Speicherkapazität diese Aufgabe. „Die Steuerung ist so eingestellt, dass immer 10 % der Ladung (etwa 8 kWh) im Speicher bleiben. Diese reicht aus, um die Lüftung im Hähnchenstall für ca. 30 Minuten aufrecht zu halten“, sagt er.

Ansonsten versorgen die Batterien den Stall auch nachts. Die Strommenge, die Beutner zukaufen muss, ist von 30.000 kWh auf etwa 3.000 kWh gesunken. „Wir sind mit der Anlage also bei einem Autarkiegrad von über 90 %“, rechnet er vor.

Die Anlage hat im Schnitt der vergangenen zwei vollen Jahre jährlich 60.000 kWh Strom produziert. Bei einem Einspeisetarif von 6 ct/kWh sorgt das für ca. 2.000 € Erlös pro Jahr.

Ursprünglich lag die berechnete Amortisationszeit bei zehn bis zwölf Jahren. Der zugrunde gelegte Strompreis war 24 ct/kWh brutto bei einer Preissteigerung von 2 % pro Jahr. Mit heutigen Preisen sind Module und Batteriespeicher bereits nach sechs Jahren bezahlt. „Man muss dabei allerdings berücksichtigen, dass ich für den Speicher 30 % Förderung vom Land Niedersachsen erhalten und damit nur 420 €/kWh bezahlt habe“, sagt er. Die Module waren dagegen mit 900 €/kW etwas teurer als heute.

Norddächer für gleichmäßige Erzeugung

Eine derart hohe Autarkiequote strebt Beutner jetzt auch bei den Schweineställen an. 2023 hat Beutner die Solaranlage auf verschiedenen Dächern installiert, darunter auch auf der Nordseite. „Wegen der flachen Dachneigung liefern die Nordanlagen nur ca. 11 % weniger Ertrag als nach Süden ausgerichtete Module“, sagt Claas Logemann, Geschäftsführer vom Unternehmen Dynamic Solar aus Drentwede, das Landwirte bei der Eigenstromversorgung unterstützt.

Und während rein nach Süden ausgerichtete Anlagen mittags ihr Produktionsmaximum haben, liefern Ost-, West- und Nordanlagen morgens früher und abends länger Strom. Dafür ist der Peak am Mittag nicht ganz so hoch. „Das ist auch wünschenswert, da aufgrund des starken Ausbaus der Solarstromerzeugung der Strompreis mittags stark sinkt oder sogar negativ wird. Wer Strom zu der Zeit einspeist, riskiert, dass er künftig für mehrere Stunden keine Einspeisevergütung erhält“, sagt Logemann.

Batteriespeicher als Ergänzung

Solarstrom, den Beutner nicht sofort verbrauchen kann, wird in vier Batteriespeicher mit insgesamt 75 kWh Speicherkapazität geladen. Auch sie haben abzüglich einer Förderung nach dem „Bundesprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz und CO₂-Einsparung in Landwirtschaft“ 420 €/kWh gekostet, die Module dagegen ohne Förderung rund 710 €/kW.

Beutner hat bei der Wahl der Speicher darauf geachtet, dass sie eine entsprechende Ausspeiseleistung haben. „Wenn es warm ist und alle Lüfter in den Ställen laufen, brauche ich 14 kW Strom gleichzeitig“, erklärt er. Die Speicher können mit 30 kW laden, aber auch 30 kW abgeben. „Wichtig ist auch die sogenannte Schieflastfähigkeit. Das bedeutet, dass die Speicher auch Strom liefern, wenn die drei Phasen des Stromnetzes unterschiedliche Leistungen fordern“, ergänzt Logemann. Gerade in der Landwirtschaft kommt das häufig vor, wenn z.B. eine Güllepumpe an die eine Phase und Lüfter im Stall an eine andere Phase angeschlossen sind.

Die Steuerung im Betrieb Beutner übernehmen drei Hybridwechselrichter, die nicht nur den Gleichstrom der Solarmodule in netzkonformen Drehstrom für die Einspeisung umwandeln, sondern auch den Gleichstrom, der aus den Batterien kommt. Denn diese werden mit Gleichstrom geladen.

Ab April autark

Ab April steigt im Betrieb Beutner die Zahl der Tage, an denen er komplett autark ist, also keinen Strom beziehen muss. Er geht davon aus, dass er wie beim Hähnchenstall nur rund 10 % des Bedarfs kaufen muss, also 4.000 bis 5.000 kWh. „Das ist vor allem im Dezember und Januar der Fall“, weiß Logemann aus Erfahrung.

Zur Erhöhung des Selbstversorgungsgrades ist auch die Energieeffizienz wichtig. So hat Beutner schon vor der Installation der Solaranlage sämtliche Lüfter mit Frequenzumrichter ausstatten lassen und Neonröhren gegen energiesparende LED getauscht. Damit kommt er auf einen Stromverbrauch von rund 24 kWh/Mastplatz. Bei einer Auswertung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) aus dem Jahr 2014 lag der Stromverbrauch der untersuchten Betriebe im Schnitt bei rund 40 kWh/Mastplatz.

Strom-App deckt Schwachstellen auf

„Was ich immer wieder beobachte: Wer einen Batteriespeicher installiert und dann eine Smartphone-App für Stromerzeugung und -verbrauch nutzt, entwickelt ein ganz anderes Verhältnis zum Verbrauch“, sagt Logemann. Beutner bestätigt das: Er hatte auf der App gesehen, dass im Hähnchenstall einmal nachts ein Verbrauch von 4 kWh auftrat. „Ich hatte kleine Tiere eingestallt, da war das schon außergewöhnlich“, sagt er. Daraufhin ist er zu dem etwas entfernt liegenden Stall gefahren und hat festgestellt, dass wegen eines Steuerungsfehlers ein großer Lüfter lief. „Ohne die App hätte ich das nie bemerkt, er wäre die ganze Nacht in Betrieb gewesen“, sagt der Landwirt. Zudem war es im Winter, weshalb die jungen Hähnchen wegen der Zugluft gesundheitliche Probleme bekommen hätten. Und zuletzt wurde es dadurch so kalt im Stall, dass die Heizung permanent lief – ein weiterer überflüssiger Kostenpunkt.

Weil der Speicher nur begrenzte Kapazitäten hat, um nachts die Versorgung zu übernehmen, versucht Beutner, bei viel Sonne möglichst viel Solarstrom tagsüber direkt zu verbrauchen. Darum füttert er bevorzugt morgens und abends oder schaltet Güllepumpen ein. Künftig könnte auch die Wärmeerzeugung dazu kommen. Noch versorgt Beutner die Ställe mit Flüssiggas. „Aber wenn der Preis für fossile Brennstoffe steigt, kann auch im Schweinestall eine größere Wärmepumpe oder ein Heizstab in einem Warmwasserspeicher interessant werden“, erwartet Logemann. Heute schon gibt es Wärmepumpen mit 75 °C Vorlauf. „Aus einer kWh Strom erzeugt man damit rund 3 bis 4 kWh Wärme. Bei 10 ct/kWh Kosten für den Solarstrom lässt sich Wärme dann mit 2,5 bis 3 ct/kWh erzeugen – günstiger, als mit Holz“, rechnet Logemann vor. Bei dieser Rechnung sind die Investitionskosten allerdings nicht eingerechnet. Und Wärmepumpen sind teuer. Aber über den günstigen Strompreis könnten sie trotzdem im Vergleich zu fossilen Heizungen wirtschaftlich werden. „Gerade bei Anlagen, die nach 20 Jahren keine EEG-Förderung mehr erhalten, ist das interessant“, urteilt der Berater.

Die richtige Planung

Wer seinen Betrieb mit Solarstromanlage und Batteriespeicher selbst versorgen will, sollte nach Logemanns Erfahrung Folgendes beachten:

  • Bei einer Dachneigung von bis zu 20 Grad sind auch Norddächer für Solarmodule geeignet. Sie produzieren bereits dann Strom, wenn die Sonne noch nicht komplett im Zenit steht. Das betrifft auch Ost-West-Dächer.

  • Die Größe der Solarstromanlage sollte so gewählt sein, dass sie den täglichen Strombedarf im Sommer deckt.

  • Ist ein Batteriespeicher geplant, muss die Größe zudem ausreichen, um die Speicher zu laden.

  • Die Speichergröße ist davon abhängig, wie viel Strom nachts verbraucht wird und ob eine Notstromfunktion gewünscht ist.

  • Bei der Auswahl des Speichers sollte die Entladeleistung ausreichen, um die maximale Leistung pro Stunde liefern zu können.

  • Effizienzmaßnahmen wie frequenzgesteuerte Lüfter oder LED-Beleuchtung helfen, den Stromverbrauch und damit auch den Bedarf an Solarstrom insgesamt zu senken.

Förderung möglich, aber zurzeit ausgesetzt

Investitionen zur Effizienzsteigerung oder zur Eigenverbrauchsversorgung können über das „Bundesprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz und CO₂-Einsparung in Landwirtschaft“ (www.ble.de) gefördert werden. Das Bundesprogramm wird aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) der Bundesregierung finanziert. „Die für neue Projekte in diesem Programm derzeit zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sind durch die Bewilligungen von bereits vorliegenden Förderanträgen aus dem Jahr 2023 weitgehend gebunden. Deshalb können bis auf Weiteres keine neuen Anträge gestellt werden. Über weitere Mittelzuweisungen entscheidet das Bundesfinanzministerium zeitnah im Lichte der Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025“, teilte ein Sprecher des zuständigen Bundeslandwirtschaftsministeriums auf Anfrage Mitte Juli mit.

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