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Unfertiges Gesetz

Politik blockiert Tierwohlausbau bei Putenställen auf Stufe 3

Weil die rechtliche Grundlage für den Anbau von Wintergärten an Putenställe fehlt, lassen die Behörden in Niedersachsen gerade keine Stallerweiterungen zu.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Unternehmen Heidemark schlägt Alarm: Die Ämter blockieren den Tierwohlausbau von Geflügelställen. Nur 10 bis 15 % seiner deutschen Vertragspartner seien in der Haltungsform 3. Dabei wolle man eigentlich zu 100 % umsteigen. Was das in der Praxis bedeutet, verdeutlichte Heidemark am 4. September bei einem Informationstermin.

Wintergarten-Anbau nicht möglich

Annette Wilking aus Langförden im Landkreis Vechta schilderte, wie sie ausgebremst wurde. Neben Mastschweinen hält der Betrieb 26.000 Puten. Wilking möchte den Tieren mehr Platz und Auslauf nach draußen ermöglichen. Doch schon bei der Prüfung eines Anbaus von sogenannten Wintergärten scheiterte das Vorhaben vor einem Jahr beim Kreis Vechta am Baurecht.

Der Außenklimabereich ist aber notwendig, damit die Wilkings ihre Tiere nach Haltungsform 3 aufziehen und an Heidemark liefern können.

Vechtas Kreisrat Dr. Benedikt Beckermann verweist in dem Gespräch auf Wilkings Hof auf gesetzgeberische Vorgaben des Bundes. Dort müsse im Baurecht nachgebessert werden. „Für uns vor Ort gibt es nur begrenzten Handlungs- und Ermessensspielraum. Die Rechtssicherheit steht im Vordergrund,“ sagt Dr. Beckermann.

Wir wollen mit der Zeit gehen, dürfen es aber nicht.
Wilking

Gegenüber dem NDR erklärte der Landkreis Vechta, dass die rechtliche Grundlage für die Genehmigung des Anbaus nicht gegeben sei. Auf landwirtschaftlichen Gewerbeflächen müssten alle Baumaßnahmen genehmigt werden. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz vom Oktober 2023 sei aber noch nicht vollständig ausgearbeitet und definiere bislang nur die Schweinemast, heißt es. Bis dahin gebe es nur vermarktereigene Kennzeichnungen.

Haltungsform 3 von Heidemark bedeutet: 30 % weniger Tiere pro Quadratmeter Fläche und ein Außenklimabereich. Bei anderen Vermarktern kann das aber anders aussehen.

Umbau ja, Erweiterung nein

Baudezernent Benedikt Beckermann vom Landkreis Vechta sieht trotzdem eine Möglichkeit, wie Betriebe schon jetzt auf Haltungsform 3 umstellen können. Denn ein Problem bestehe nur, wenn Betriebe mehr Fläche anbauen, den Betrieb also erweitern wollen, sagte er bei der Infoveranstaltung weiter.

Ein Umbau hingegen könne genehmigt werden. Um auf Haltungsform 3 zu kommen wäre es also möglich, einen Wintergarten mit entsprechenden Öffnungen in den schon bestehenden Stall einzubauen. Was allerdings immer bedacht werden müsse, wenn Ställe geöffnet würden, sei der Emissionsschutz.

Früher war das einfacher

Kreisrat Dr. Beckermann und sein Cloppenburger Kollege Ansgar Meyer betonten, dass die „Genehmigungen vor zehn Jahren auf anderer Rechtsgrundlage erfolgt“ seien. Meyer sagt: „Die Anerkennung von Haltungsform 3 als gesichertes Haltungsverfahren kann Möglichkeiten bei der Genehmigung für landwirtschaftliche Betreibe eröffnen.“

Dem stimmte auch Stephanie Nöthel, Abteilungsleiterin im niedersächsischen Bauministerium, zu. Der Umbau sei für landwirtschaftliche Betriebe mit eigener Futterbasis von mindestens 50 % aus eigenem Anbau leichter zu bewerkstelligen als in der gewerbliche Tierhaltung. Allerdings müsse Berlin da im Baurecht noch Hürden beseitigen.

Bundesregierung muss einheitliche Standards schaffen

Christoph Lang, Leiter Unternehmensentwicklung bei Heidemark, forderte die Bundesregierung auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Haltungsform 3 bei Puten zu schaffen. „Das betrifft die Herkunftskennzeichnung, die Haltungsformkennzeichnung und das Baurecht. Bisher liegen in diesen Bereichen nur Fragmente vor, die auf alle Tierarten, alle Absatzkanäle und das gesamte Sortiment ausgeweitet werden müssen.“

Lang appellierte an das Bundeslandwirtschaftsministerium, einheitliche Standards für alle Fleischarten zu schaffen. „Die Pute nimmt derzeit eine Vorreiterrolle ein. Wenn andere Fleischarten wie Hähnchen oder Schwein nicht gleichermaßen in Haltungsform 3 angeboten werden, ist Putenfleisch im Vergleich zu den konkurrierenden Produkten zu teuer.“

Für Stephan Schoch, Nachhaltigkeitsmanager bei Aldi Süd, gibt es keine Alternative zur Haltungsform 3. Für ihn muss der Haltungswechsel mit dem Standort Deutschland verknüpft sein. „Bei Aldi Süd gibt es zu 100 % Pute aus der Haltungsform 3, das Fleisch kommt zu 100 % aus Deutschland.“ Seiner Ansicht nach müssen zwei Themen dringend geregelt werden. Die Finanzierung des Umbaus der landwirtschaftlichen Stallanlagen und das Baurecht.

Heidemark will mehr Tierwohl

Bernd Kalvelage, der Heidemark über Jahrzehnte geführt hatte und bereits vor mehr als zehn Jahren die eigenen Ställe in Sachsen-Anhalt mit Wintergärten ausstattete, betont das Engagement des Unternehmens für mehr Tierwohl. „Als Marktführer sehen wir uns in der Pflicht, die Standards in der Putenhaltung zu setzen. Heidemark hat sich schon immer für die Haltungsform 3 eingesetzt und die muss jetzt für alle Landwirte ermöglicht werden.“

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