Die Position des EU-Parlamentes für das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (NRL) zu verhindern, ist der Europäischen Volkspartei (EVP) vorerst nicht gelungen. Eine erste Abstimmung im Umweltausschuss des EU-Parlamentes lieferte eine Pattsituation.
44 der 88 stimmberechtigen Abgeordneten stimmten dafür, das Gesetz an die EU-Kommission zurückzuweisen. Die andere Hälfte stimmte dagegen. Die zur Annahme nötige einfache Mehrheit verfehlte der EVP-Antrag somit um eine Stimme.
Abstimmung vertagt
Anschließend stimmten die Ausschussmitglieder über eine ganze Reihe von Änderungsanträgen zum Kommissiontext ab. Üblicherweise bündeln die Abgeordneten mehrere Änderungsanträge in sogenannten Kompromissvorschlägen. Bekommen diese Kompromisse keine Mehrheit, müssen die Ausschussmitglieder alle Änderungsanträge einzeln abstimmen – insgesamt fast 2500.
Genau das war in fast allen möglichen Fällen am Donnerstag der Fall. Daher sah sich der Ausschussvorsitzende Pascal Canfin gezwungen, die bereits laufende Abstimmung zu vertagen und am 27. Juni fortzusetzen.
Ausschuss gespalten
Während der Abstimmungen zeigte sich der Umweltausschuss gespalten. Der Stimmgleichstand von 44 zu 44 Stimmen sollte sich in einem Großteil der Abstimmungen wiederholen. So lehnte der Ausschuss auch viele Vorschläge der Gruppe der Befürworter aus Grünen, Sozialdemokraten und Linken ab.
„Ohrfeige“ für Timmermans?
Die für das NRL verantwortliche Abgeordnete der EVP-Fraktion, Christine Schneider, erkennt in den Abstimmungsergebnissen das Versagen der EU-Kommission: „Dies ist das denkbar knappste Ergebnis. Der Umweltausschuss ist gespalten. Die Endabstimmung steht noch aus, aber dieses Ergebnis ist jetzt schon eine Ohrfeige für die Kommission und Vizepräsident Timmermans.“
Ähnlich sieht es Peter Liese (CDU), der umwelt- und klimapolitische Sprecher der EVP-Fraktion: „Inhaltlich bleibt es dabei: viele Fragen können auch nach monatelangen Diskussionen nicht eindeutig beantwortet werden. Auf einem schwachen Fundament kann man kein gutes Haus bauen.“
Grüne: EVP auf Klima-Kreuzzug
Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der EU-Grünen spricht von einem „Kreuzzug“ der EVP gegen den EU-Green Deal. „Wir konnten heute die Konservativen daran hindern, das Klimaschutzgesetz in die Tonne zu treten. Aber das ist noch lange nicht das Ende. In zwei Wochen geht die Abstimmung im Ausschuss weiter“, blickt Bloss auf die nächste Abstimmung im Umweltausschuss.
Für Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten ist klar: „Die Konservativen sind daran gescheitert, eine Mehrheit zustande zu bringen, die das Gesetz komplett ablehnt. Eine Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken konnte das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in seinen Grundzügen retten.“
Sowohl die Befürworter als auch die Gegner des NRL sehen ihre Position durch die Patt-Situation im Ausschuss bestätigt. Das Ergebnis, das der Umweltausschuss Ende Juni zu Tage fördert, ist ein wichtiges Signal für die Abstimmung, die im Plenum des EU-Parlamentes folgt.
Denn erst dort entscheiden die Abgeordneten, welche Position sie mit Blick auf das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur beziehen.
Auch Verzögerung im Umweltministerrat?
Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet, befürchten Bundesumweltministerin Steffi Lemke und ihre Kollegen aus Spanien, Luxemburg und Frankreich auch im Kreise der Mitgliedstaaten eine Verzögerung des NRL.
Das machten sie in einem Brief an die schwedische EU-Ratspräsidentschaft deutlich. Sie befürchten, dass Schweden erwägt, am kommenden Dienstag keine Position der EU-Staaten zu dem Gesetz zu beschließen. Das Widerspricht der der ursprünglichen Planung. Schweden hat als aktuelle Ratspräsidentschaft großen Einfluss auf die Tagesordnung von Ministertreffen.