Ein sichtlich wutgeladener Anthony-Robert Lee gab am Wochenende in einem YouTube-Video seinen Austritt aus der Partei der Freien Wähler bekannt. Der 48-Jährige Landwirt und Blogger aus Rinteln an der Weser (Niedersachsen) sei damals auf die Initiative von Christian Lohmeyer bei den Freien Wähler eingetreten. Die Idee war eine „Gummistiefelfraktion“ in die Partei zu tragen und damit den Belangen der ländlichen Bevölkerung Gehör zu verschaffen. Im Sommer 2023 hatten die Freien Wähler Niedersachsen Lee als Spitzenkandidaten zur Wahl des Europäischen Parlaments nominiert.
In einem aktuellen Video kritisiert der Landwirt das Vorgehen der Partei zur Europawahl: „Ich bin sowas von enttäuscht. Sowas unehrliches und charakterloses habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt.“ So sei anscheinend Politik. Nach Lee sei das in jeder Partei so.
„Ich will nicht ins EU-Parlament und auch nicht in den Bundestag. Ich habe die Schnauze voll, was in diesem Land gerade abgeht.“ Er werde keine neue Partei gründen, (…) weil es alles „absolut lächerlich“ ist. Stattdessen wolle er seine Reichweite in den Sozialen Medien nutzen.
Ich will nicht ins EU-Parlament und auch nicht in den Bundestag.
Laut Lee haben die Freien Wähler mit dem Parteiverbot bzw. dem Zusammenwirkungsverbot mit der AFD bewusst dafür gesorgt, dass die Partei nicht koalitionsfähig ist. „Ich habe kein Bock bei so einer Scheiße mitzumachen. Wenn man sich schon engagiere, wolle man auch gestalten und nicht irgendwo zufrieden sein, weil ich ein Posten habe. Was soll ich da verändern. Das ist ein absoluter Witz.“ Sein Freund und Parteikollege Tobias Göckeritz habe man bewusst mit „fadenscheinigen“ Begründungen mit Verbotsverfahren (…) aus der Partei rausgezogen, sodass er gar nicht mehr mitwirken durfte. Dabei war er der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft im Bund.
Lee plädierte für Koalition aus CDU und AfD
Der EU-Wahl-Kandidat hatte Anfang November öffentlich für ein Bündnis der CDU mit der AfD plädiert, was für die Freien Wähler das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Eike Jan Brandau, Bundespressesprecher der Freien Wähler, teilte am Montag gegenüber der taz mit, dass Lee mit seinem Austritt einer Parteiordnungsmaßnahme zuvor kommen sei.
Der Landwirt habe am 8. November als Hauptredner an der Demonstration „Bielefeld steht auf gegen den Volksbankrott. Lichterspaziergang“ teilgenommen. Zu der Veranstaltung hätten mehrere „problematische“ Organisationen, darunter „Querdenken“, eingeladen. „Herr Lee hat dort für eine schwarz-blaue Koalition aus CDU und AfD geworben“, so Brandau. Daraufhin hätten die Freien Wähler ein Ordnungsverfahren gegen Lee eröffnet, so die taz. In seinem YouTube-Video bestätigte er, dass er bei der Demonstration gesprochen habe. Lee behauptete, er wisse nicht, wer ihn eingeladen habe.
Anthony-Robert Lee wohnt in Rinteln an der Weser, wo er seit 2017 Mitglied im Stadtrat und stellvertretender Ortsbürgermeister ist. Der gelernte KfZ-Mechaniker bewirtschaftet nach Stationen bei der Bundeswehr und der Polizei mit seiner Familie einen Hof auf der Domäne des Klosters Möllenbeck. Bis Juni 2024 war er Bundessprecher von „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ (LSV).