Angesichts der dramatisch angestiegenen Düngerpreise hat die Europäische Kommission hat die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, Düngerhersteller bei der Gasversorgung zu bevorzugen. Das geht aus einer „Kommunikation zur Sicherstellung der Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Düngemitteln“ hervor. Der EU-Agrarkommissar, Janusz Wojchiechowski, stellte die Kommunikation am Mittwoch in Brüssel vor.
Antidumping-Zölle bleiben
Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin in Betracht ziehen, Landwirten und Düngerproduzenten gezielte Hilfen auszuzahlen. Dazu könnten die EU-Mitglieder zum Beispiel abgeschöpfte Gelder aus dem Energiemarkt nutzen, so die Brüsseler Behörde. Die EU-Kommission stellt in Aussicht, die Gelder aus der GAP-Krisenreserve auch im Jahr 2023 zu nutzen.
Ein Aussetzen von Antidumping-Zöllen für Düngerimporte lehnt die EU-Kommission ab. Das hatten vor allem EU-Bauernverband COPA/COGECA gefordert. „Wir müssen jetzt unsere europäischen Düngerhersteller stützen“, verteidigte EU-Agrarkommissar Wojchiekowski den Schritt letzten Mittwoch.
Mehr organische Dünger
Wann immer es möglich sei, sollten Landwirte organische Dünger einsetzen, heißt es in der Kommunikation. Das verringere die Abhängigkeit der EU von Gas und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen.
Kommission bleibt bei Appellen
In weiten Teilen bleibt die Kommission vage und setzt auf Apelle an die Mitgliedstaaten.
Auf Seiten der Landwirtschaft kommt das nicht gut an. Auf Twitter teilte etwa COPA/COGECA eine Karrikatur mit der Aufschrift: „Lasst uns eine Kommunikation veröffentlichen, um zu kommunizieren, dass wir zur Lage am Düngermarkt kommuniziert haben.“ Kurzum: Der EU-Bauernverband vermisst Konkretes.
⚠️A new communication for (almost) nothing?@EU_Commission published today a long-awaited com. on #fertilisercrisis
— COPA-COGECA (@COPACOGECA) November 9, 2022
The disappointment is as great as the expectations: this communication failed to provide short term answers for🇪🇺 farmers.
Full reaction https://t.co/dSQTvm6FxU pic.twitter.com/l2GwwH77Ns
Ganz ähnlich geht es dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. „Anstatt die Zölle auf Düngemittel bei Importen in die EU abzuschaffen, beschränkt sich die EU-Kommission nur auf warme Worte. Um die Verfügbarkeit von Düngemitteln sicherzustellen, muss die Kommission jetzt handeln, anstatt zu kommunizieren“, so Rukwied.
Wiener: „Düngerindustrie verdient sich goldene Nase“
Für die EU-Abgeordneten der Grünen, Sarah Wiener und Thomas Waitz, ist der Fokus der EU-Kommission auf Mineraldünger unverantwortlich. „Die Düngemittelindustrie verdient sich eine goldene Nase und Bäuerinnen und Bauern werden durch den Input von Mineraldünger und Pestiziden in einer fatalen Abhängigkeit gehalten.
Der Vorsitzende des Agrarausschusses im Europaparlament, Norbert Lins (CDU), begrüßt zwar, dass die Kommission die verstärkte Nutzung von organischem Dünger hervorhebt.
„Kurzfristig sehe ich leider zu wenig Bemühen seitens der Kommission, die dramatische Versorgungslage mit Düngemitteln zu verbessern. Hierzu hätten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, doch leider wird beispielsweise die Möglichkeit des Aussetzens der momentan geltenden Anti-Dumping-Maßnahmen für einen gewissen Zeitraum - natürlich nicht auf Russland bezogen - mit Verweis auf deren Gültigkeit bis 2024 nicht in Erwägung gezogen“, kommentiert Lins.