Nicht ordnungsrechtliche Willkür der Verwaltung, nicht plausible und unfertige Bemessungsgrundlagen und vor allem politische Müdigkeit bei der Auseinandersetzung mit Frage einer bedarfsgerechten Düngung von Nutzpflanzen werfen die Landwirte in Brandenburg der Landesregierung vor.
Diese hatte Ende letzten Jahres ihre Neuausweisung der nitratbelasteten Gebiete bekannt gegeben, was am 30. November schon zu einer Demo vor dem Landtag führte. Hoffnung hatten sich die Bauern von einer Fachanhörung im Brandenburger Landwirtschaftsausschuss am Montag gemacht, wurden jedoch enttäuscht.
Es bleibt dabei: Die Roten Gebiete führen zwangsläufig zu einer massiven pflanzenbaulichen Einschränkung, die Landwirte bleiben erneut frustriert zurück, resümiert der Landesbauernverband.
Das geht nicht von heute auf morgen
Der Aufwand zur Errichtung neuer Messstellen im Land, die für eine einwandfreie Messung eine Fülle von baulichen und umwelttechnischen Kriterien erfüllen müssen, ist naturgemäß kein Automatismus, stellt der Verband weiter klar. Dies beanspruche Zeit, gehöre aber zu den Grundaufgaben des zuständigen Landesamts.
Umso abwegiger erscheint es den Landwirten, von einem Tag auf den anderen Nitratmessungen aus einem Messstellennetz akzeptieren zu müssen, das aktuell mitnichten widerspruchsfreie Rückschlüsse auf die tatsächliche Nitratbelastung in Brandenburgs Grundwasserkörpern zulässt. Infolge dessen müssen sie Düngergaben derart minimieren, dass der Erhalt des Anbaus von Nahrungsmitteln wie Brotgetreide und Ölsaaten im Rahmen einer standortgepassten Bewirtschaftung gefährdet ist, prangert der LBV an. Auf der anderen Seite gewähre sich die Verwaltung mehrere Jahre Zeit, um die rechtmäßigen Anforderungen zu erfüllen.
Praktiker berichteten vor Ausschuss
Stefan Bernickel, Landwirt mit Flächen in einem „roten" Gebiet sowie Denny Tumlirsch, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, nutzten am 13. Februar engagiert das politische Gremium des Landtagsausschusses, um eine Vielzahl von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit gemessenen Werten an fragwürdigen Messstellenstandorten zu erläutern und einmal mehr die Ausweisung „roter“ Gebiete nach dem Verursacherprinzip einzufordern.
„Seit mehr als vier Jahren kommen wir mit unserer berechtigten Forderung nach Verursachergerechtigkeit nicht voran. Das Land versteckt sich hinter den Auflagen und Entscheidungen des Bundes, der Bund hinter den vermeintlichen Auflagen und Entscheidungen der Europäischen Union. Fakt ist, dass drei handfeste Optionen auf dem Tisch liegen, um Landwirten, deren Fläche in einem ausgewiesenen Gebiet liegen, einen gerechten Ausgleich für diese Art der Flächenhaftung zu verschaffen“, resümiert Denny Tumlirsch.
Einzelbetriebliche Ausnahmen möglich machen
So ließe sich zum einen Verursachergerechtigkeit durch die Änderung der Bundesdüngeverordnung herstellen, die einzelbetriebliche Ausnahmen ermöglichen, wenn die herangezogenen Messwerte nachweislich von Messstellen an obsoleten Standorten stammen.
Landwirte könnten nicht auf Grundlage ihrer aktuellen Bewirtschaftung belangt werden, wenn sie besonders umweltschonend düngen. Betriebe müssten zudem nach Vorlage von Düngebilanzen von den Einschränkungen befreit werden können, so die Forderung.
Nachweislich nicht landwirtschaftlich beeinflusste Messstellen müssten wieder ausgeschlossen werden. Dazu zählen Messtellen in früheren Entsorgungslagerstätten, in der Nähe zu Klärwerken oder auf den ehemaligen Rieselfeldern in der Nähe Berlins ebenso wie eine Messstelle in der Nähe eines Robinienhains mit natürlichen Stickstoffvorkommen im Boden.
Wissenschaft statt Politik
Der Bauernverband ist sich außerdem sicher, dass eine verstärkte wissenschaftliche Begleitung in Verbindung mit der notwendigen baulichen Verdichtung des Messstellennetzes zur besseren Ursachenforschung beitragen und effizientere Maßnahmen zur Wiederherstellung des unbelasteten Zustands herleiten kann.
Zum dritten müsse eine Erstattung der kostenintensiven Nitratmessungen eingeführt werden, zu denen die Landwirte in den aktuell ausgewiesenen roten Gebieten verpflichtet sind.
In welcher Reihenfolge auch immer eine Änderung möglich ist, wichtig sei, dass sie überhaupt unternommen wird, so das Fazit der ehrenamtlichen Vertreter des Berufsstandes. Nachdrücklich fordert der Landesbauernverband daher das Landwirtschaftsministerium zur verstärkten Ursachenforschung sowie zu Schaffung von Entschädigungsoptionen im Rahmen des Düngerechts und letztlich zur Einleitung einer Bundesratsinitiative einschließlich der Beschaffung von Mehrheiten auf. Die Abgeordneten sollten dabei endlich Druck auf das Ministerium ausüben und die Umsetzung beauftragen.