Die Ergebnisse der Sonder-Agrarministerkonferenz am 28. Juli bewirken einige Änderungen an den GAP-Auflagen. Diesen Beitrag haben wir am 23. August aktualisiert.
Das Ringen um die Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 wirkte im vergangenen Jahr wie ein ewiges Hin und Her zwischen dem Bund und der EU-Kommission. Man blickte einfach nicht mehr durch. Mit den Entscheidungen der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) vom 28. Juli herrscht nun jedoch etwas mehr Klarheit. Nach der AMK versprach Bundesminister Cem Özdemir: „Sie können sicher sein, dass das, was wir heute beschlossen haben, dass das auch so kommen wird.“ Die für die Aussaat 2022 relevanten Aspekte sind damit größtenteils geklärt. Ende August sind weitere Gespräche der Agrarministerien mit der EU-Kommission terminiert. Es ist nicht auszuschließen, dass dabei noch weitere Anpassungen am deutschen GAP-Strategieplan erforderlich werden.
150 bis 160 € pro Hektar
Schon seit Jahresbeginn ist klar: Die Basisprämie wird auch ab 2023 den größten Anteil an der Förderung ausmachen. In Deutschland können Landwirte dann mit einer Basisprämie in Höhe von 150 – 160 €/ha rechnen (Übersicht 1).
4 % Stilllegung
Wer Prämienempfänger bleiben will, muss künftig mehr für Umwelt- und Klimaschutz tun als bisher. Unter dem Schirm der „erweiterten Konditionalität“ fasst die EU ab 2023 die Auflagen der Cross Compliance und des Greenings zusammen und geht an einigen Stellen über sie hinaus. Die GAP-Auflagen definiert die EU vor allem mithilfe der neun Standards für den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen“ – kurz GLÖZ.
Unter anderem sollen Landwirte 4 % ihrer Ackerflächen als nichtproduktive Flächen (GLÖZ 8) vorhalten. Zunächst hieß es, dass die betroffenen Betriebe diese Flächen ab dem Erntezeitpunkt der Vorkultur „der Selbstbegrünung“ überlassen müssen. Das ist jedoch vom Tisch. Eine Begrünung über eine Aussaat soll möglich bleiben. Landwirte können Landschaftselemente auf die Stilllegung anrechnen lassen.
Ausgenommen sind Landwirte, deren Betriebsfläche zu mehr als 75 % aus Dauergrünland besteht oder zur Produktion von Ackerfutter dient. Auch Betriebe mit einer Betriebsfläche, die kleiner als 10 ha ist, fallen nicht unter die Stilllegung.
Mindestbodenbedeckung
Zukünftig ist auf Ackerflächen in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 15. Januar eine Mindestbodenbedeckung sicherzustellen, z. B. durch den Anbau einer Winterkultur, von Zwischenfrüchten oder das Belassen einer Mulchauflage. Die Länder-Agrarminister haben sich darauf geeinigt, dass jeder Betrieb dies auf mindestens 80 % seiner Ackerflächen sicherstellen muss. Ausnahmen für einzelne Bundesländer fallen dadurch weitestgehend weg. Der EU-Kommission waren diese zu vielfältig. Auf 20 % ihrer Betriebsfläche können Landwirte also im Winter auf eine Bodenbedeckung verzichten und zum Beispiel eine Winterfurche anlegen.
Fruchtwechsel
Weiterhin gilt ab 2023 ein verpflichtender Fruchtwechsel auf Ackerflächen. Ausgenommen sind Betriebe mit weniger als 10 ha Ackerland und Landwirte mit mehr als 75 % Grünlandanteil sowie einer Ackerfläche von weniger als 50 ha. Zentrale Vorgabe ist künftig, auf mindestens 35 % der Ackerflächen eines Betriebes einen Wechsel der Hauptkultur durchzuführen. Auf den restlichen Ackerflächen soll ein Wechsel der Hauptkultur spätestens im dritten Jahr erfolgen – erstmals im Jahr 2024. Winterung und Sommerung derselben Kulturart sollen als zwei Kulturen anerkannt werden.
Gewässerrandstreifen
Entlang von Gewässern sind Landwirte dazu verpflichtet, 3 m breite Pufferstreifen anzulegen, auf denen sie keine Pflanzenschutz- oder Düngemittel ausbringen dürfen. Bund und Länder wollen kleine Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes weiterhin von den GLÖZ 4-Regeln zu Pufferstreifen ausnehmen. Diese Möglichkeit wurde von der EU-Kommission allerdings noch nicht endgültig bestätigt. Die Mindestbreite von Pufferstreifen auf Flächen mit einem erheblichen Umfang an Ent- und Bewässerungsgräben sollen Landwirte weiterhin von 3 m auf 1 m reduzieren können.
2023 ohne Stilllegung und Fruchtwechsel
Sowohl die Regeln zum Fruchtwechsel als auch die zur Stilllegung werden in Deutschland erst ab dem 1. Januar 2024 gelten.
Bund und Länder werden die GAP-Regeln zur Stilllegung von 4 % der Ackerfläche (GLÖZ 8) und Fruchtwechsel (GLÖZ 7) erst 2024 einführen. Im kommenden Jahr nutzen sie die von der EU-Kommission ermöglichten Ausnahmen. Auf den GLÖZ 8-Brachflächen können Landwirte dadurch Getreide, Sonnenblumen und Hülsenfrüchte anbauen.
Die Flächen sind im Förderantrag zu benennen. Der Anbau von Mais, Soja und Kurzumtriebsplantagen ist nicht erlaubt, weil diese nicht vorrangig der Lebensmittelerzeugung dienen. Flächen, die bereits 2021 und 2022 stillgelegt waren, z. B. Blühstreifen als ökologische Vorrangflächen, sind von den Ausnahmen ausgeschlossen und sollen stillgelegt bleiben. Landwirte, die die Ausnahmen nutzen, können nicht an der Öko-Regelung 1 a und b (weitere Stilllegung) teilnehmen. Den Fruchtwechsel wollen Bund und Länder ebenfalls für ein Jahr aussetzen. Erfolgt z. B. im Jahr 2022 der Anbau von Stoppelweizen, dann ist diese Fläche 2023 nicht vom Weizenanbau ausgeschlossen.
Attraktive Öko-Regeln?
Ab 2023 steht den deutschen Landwirten rund 1 Mrd. € aus dem Budget der GAP für freiwillige, einjährige Umweltmaßnahmen, die sogenannten Öko-Regelungen, zur Verfügung. Sie gelten als die große Neuerung der EU-Agrarreform. Landwirte sollen damit die gekürzten Direktzahlungen aufbessern können. Wer beispielsweise statt 4 künftig 5 % seiner Ackerflächen stilllegt, bekommt die zusätzliche Stilllegung mit 1 300 €/ha als Öko-Regelung entlohnt. Für die Anwendung einer fünfgliedrigen Fruchtfolge mit 10 % Leguminosenanteil sieht der Beschluss der Sonder-AMK die 45 €/ha Ackerfläche vor.
Übersicht 2 zeigt die weiteren, vom Bundeskabinett der alten Bundesregierung geplanten, Prämienhöhen. Die Agrarminister der Länder fürchten, dass sich die Situation auf den Agrarmärkten negativ auf die Inanspruchnahme der Umweltmaßnahmen im Rahmen der Ökoregelungen auswirken könnten. Daher wollen sie die Möglichkeit schaffen, die Prämien für die Ökoregelungen im Jahr 2023 auf bis zu 130 % der ursprünglich geplanten Beträge zu erhöhen.
Forscher der Fachhochschule Soest haben im Auftrag des Deutschen Bauernverbandes ein Gutachten vorgelegt, in dem sie die Kosten für bestimmte Öko-Regelungen berechnet haben. Das Ergebnis: Vor allem auf Gunststandorten liegen die Kosten oft weit über der vom Bund geplanten Vergütung.
Neu: Gekoppelte Weidetierprämie
Für Landwirte, die Weidetiere halten, gibt es künftig gekoppelte Prämien für Mutterkühe, -schafe und -ziegen. Pro Mutterkuh setzt das Landwirtschaftsministerium rund 78 € für das Antragsjahr 2023 an. Für Mutterschafe und -ziegen gibt es pro Tier gut 35 €.
Im Gegensatz zur Basisprämie wächst die Junglandwirteförderung deutlich. Die EU macht den Mitgliedstaaten die Vorgabe, 3 % der Mittel aus der ersten Säule für Junglandwirte zur Verfügung zu stellen. Das resultiert in einer Prämie von ca. 115 €/ha für maximal 120 ha für Landwirte unter 40 Jahren.
Was kommt in Säule zwei?
Mittlerweile haben die Bundesländer ihre Maßnahmenkataloge für die zweite GAP-Säule vorgelegt. Landwirte mussten sich in vielen Ländern bereits vormerken. Es zeichnet sich ab, dass die Bundesländer eigene Maßnahmen auf die Öko-Regelungen aufsatteln. Zum Beispiel weiten einige Länder die Regeln zur weiten Fruchtfolge aus – vergüten die Maßnahme dadurch jedoch auch deutlich attraktiver.