Die EU-Mitgliedstaaten wollen den Inhalt der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) nicht mehr ändern. Sie fordern lediglich eine Verschiebung des Stichtages der Verordnung auf den 31. Dezember 2025. Das beschlossen die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten am Mittwoch in Brüssel - wie Beobachter berichten, einstimmig. Genau das hatte auch die EU-Kommission vorgeschlagen.
EUDR als Bürokratiemonster?
Die EUDR hat bisher viel Kritik auf sich gezogen: Beklagt wird nicht nur ein neues Bürokratiemonster, das beispielsweise Importfuttermittel deutlich verteuere. Vor allem Land- und Forstwirte beklagen potentiell immense Nachweispflichten, obwohl der Wald in Deutschland seit Jahren wächst und keine Tiere auf kürzlichen abgeholzten Flächen grasen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte nachdrücklich eine Verschiebung der zudem als unausgereift geltenden Richtlinie um sechs Monate gefordert.
Das EU-Parlament hatte jüngst inhaltliche Änderungen gefordert. Auf Antrag der Europäischen Volkspartei (EVP) stimmte eine Mehrheit der EU-Parlamentarier dafür, die Risikoklassen der EUDR zu erweitern. Die beeinflussen, welche Nachweispflichten Importeure und Erzeuger von Soja, Ölpalmen, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten Produkten erbringen müssen.
Was genau das EU-Parlament fordert, lesen Sie hier:
Verschiebung auf 2025 noch nicht sicher
Die neuen Forderungen des EU-Parlamentes könnten nun dazu führen, dass noch nicht mal die Verschiebung in Kraft tritt. Denn: Einigen sich EU-Mitgliedstaaten, das Europaparlament und die Europäische Kommission bis Jahresende nicht, tritt die EUDR bereits Anfang 2025 in Kraft. Die Verschiebung um ein Jahr wäre damit auch passé.
Und das würde zum massiven Bürokratiechaos führen, warnen die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, Großkonzerne, Mittelständer sowie Land- und Forstverbände unisono. Für solche Trilogverhandlungen bleibt bis zur politischen Weihnachtspause jedoch nicht mehr viel Zeit. Ob die Verhandler die Differenzen bis dahin aus dem Weg räumen können, ist unklar.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte das EU-Parlament auf, seine Forderung fallen zu lassen: "Die Änderungswünsche des EU-Parlaments stecken in einer Sackgasse. Das EU-Parlament sollte im Trilog den Weg freimachen für die von der Kommission zugesagte Verschiebung des Anwendungsstarts der EUDR."
EVP-Agrarpolitikerin Christine Schneider (EVP) entgegnete umgehend: „Das heutige Verhalten der Bundesregierung ist unverantwortlich! Auch dank SPD und Grünen blockiert der Rat dringend notwendige Verbesserungen, die sowohl den globalen Waldschutz als auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Unternehmen, Forst- und Landwirte voranbringen könnten."
Eine reine Verschiebung reiche nicht aus, ist sich Schneider sicher: "Die strukturellen Probleme der Verordnung bleiben bestehen, insbesondere die bürokratischen Lasten und Dokumentationspflichten, die vor allem kleine und mittlere Unternehmen überfordern."
Konservative bestehen auf Änderungen
Die christlich-konservative EVP war immer wieder dafür eingetreten, die EUDR inhaltlich zu überarbeiten und Bürokratie abzubauen.
Sozialdemokraten, Grüne und Umweltschützer sehen darin den Versuch, die EUDR „zu entkernen“. Sie berufen sich auf den Kompromiss, den die EU-Parlamentarier und die Mitgliedstaaten bereits 2023 beschlossen haben.
Özdemir warf der EVP am Montag in Brüssel vor, „Chaos“ zu verursachen. Er sagte: „Ich bedauere sehr, dass die Europäische Volkspartei auf der Zielgeraden nochmal für Verunsicherung sorgt.“
Ein Bündnis aus Deutschem Bauernverband (DBV), des Waldeigentümerverbandes (AGDW) sowie der Familienbetriebe Land und Forst forderte die EU-Mitgliedstaaten indes dazu auf, den Vorschlägen des EU-Parlamentes zu folgen.
„Die Probleme globaler Entwaldung lassen sich nicht durch Bürokratieaufbau in Ländern wie Deutschland lösen, in denen es kein Entwaldungsproblem gibt. Die vom Parlament beschlossenen Änderungen nehmen eine große Last von den deutschen Bauernfamilien“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied.