Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Umbauplan für viele Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche vorgelegt, mit dem sie die EU-Klimaziele erreichen möchte. Mitte Juni hatten sich die EU-Mitgliedstaaten, das Europaparlament und die Brüsseler Kommission geeinigt, bis 2030 55 % weniger Treibhausgase auszustoßen als im Jahr 1990. Das Ziel ist also klar. Über den Weg dorthin könnte in den nächsten Monaten in Brüssel heftig gestritten werden.
Ambitionierter Klimaplan
Der EU-Klimaplan „Fit for 55“ ist Teil des europäischen Green Deal und enthält eine ganze Reihe neuer Gesetze und Verordnungen. Die Vorschläge der Kommission kombinieren folgende Maßnahmen:
- Klimaneutrale Landwirtschaft: Geht es nach der EU-Kommission sollen die Sektoren Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft bis 2035 Klimaneutralität erreichen – auch bei den landwirtschaftlichen Emissionen aus z. B. dem Einsatz von Düngemitteln oder der Viehhaltung.
- Natürliche CO2-Senken: Bis 2030 will die EU 310 Millionen t CO2 in natürlichen Senken festlegen. Die EU-Waldstrategie soll dabei helfen Quantität und Qualität der Wälder in der EU zu verbessern. In ganz Europa sollen bis 2030 drei Milliarden Bäume gepflanzt werden.
- Emissionshandel: Die EU-Kommission möchte die Obergrenzen für Emissionen für energieintensive Wirtschaftssektoren weiter senken und die internationale Luft- und Schifffahrt in das bestehende System eingliedern. Die Gesamteinnahmen des Emissionshandels sollten die EU-Mitgliedstaaten künftig sowohl für klimabezogene Projekte als auch zur Abfederung sozialer Folgen des Klimawandels bereitstellen.
- Mehr erneuerbare Energien: Die EU-Kommission will die Zielvorgabe für erneuerbare Energien bis 2030 auf 40 % des Energiemixes erhöhen.
- Emissionsarmer Verkehr: Das Ende des Verbrennungsmotors scheint besiegelt. Zumindest in der EU, denn spätestens ab 2035 sollen PKW und leichte Nutzfahrzeuge komplett emissionsfrei fahren.
- Steuerpolitik: Die EU-Mitgliedstaaten sollen nach den Vorschlägen der Brüsseler Behörde, Energieträger abgestimmt auf die Klimapolitik besteuern. So möchte Brüssel künftig saubere Technologien fördern und „ermäßigte Steuersätze abschaffen, die zurzeit die Nutzung fossiler Brennstoffe fördern.“ Das könnte dem Agrardiesel an den Kragen gehen.
- CO2-Grenzausgleich: Mit einem CO2-Grenzausgleich möchte die EU-Kommission verhindern, dass CO2-intensive Produktionskapazitäten aus Europa abwandern. Der Mechanismus soll auch für Importe von energieintesinvem Mineraldünger greifen.
Wird Mineraldünger teurer?
Der Deutsche Bauernverband (DBV) befürchtet steigende Preise für Mineraldünger, weil der geplante CO2-Grenzausgleich auch für energieintensive Stickstoffdünger gelten soll. DBV-Präsident Joachim Rukwied fordert daher besseren Außenschutz für europäische Landwirte: „Ein besserer Schutz der heimischen Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb ist nötig, um die Klimaziele zu erreichen.“ Daher bedürfe es eines C02-Grenzausgleiches auch für Agrarimporte aus Drittstaaten.
Rukwied macht deutlich: „Die Land- und Forstwirtschaft will deutlich mehr zum Klimaschutz beitragen.“ In den Vorschlägen der EU-Kommission mangele es bis dato jedoch noch an konkreten und realistischen Maßnahmen. Die Ziele für CO2-Senken in Wäldern hält Rukwied beispielsweise für zu optimistisch: „Die vorgesehenen Ziele für Kohlenstoffsenken sind wegen des bereits eingetretenen Klimastresses im Wald voraussichtlich nicht erreichbar.“
Eine Frage des Geldes
Die Vorschläge der EU-Kommission könnten vor allem Energie aus fossilen Quellen teurer machen. Ob und mit welchen Details die einzelnen Maßnahmen zur Realität für die EU-Bürger werden, ist noch nicht endgültig geklärt. Zu den Gesetzes- und Verordnungsvorschlägen der Kommission nehmen nun die Mitgliedstaaten und das Europaparlament Stellung. Dann beginnen die Trilog-Verhandlungen. Und die werden Zeit kosten.
Zum Vergleich: Der Gesetzgebungsprozess zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) umfasste drei EU-Verordnungen und hat fast vier Jahre gedauert. Der neue EU-Klimaplan umfasst mindestens sieben Verordnungen.