Die Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Schleswig-Holstein positioniert die Themen Landwirtschaft und Ländlicher Raum in zwei verschiedenen Ministerien. Landwirtschaftsminister bleibt der Grüne Robert Habeck. Das Agrarkapitel im Koalitionsvertrag ist langatmig.
Die Jamaika Koalition in Kiel aus CDU, FDP und Grünen hat sich auf einen Neuzuschnitt der Ministerien geeinigt. Das neue grüne Ministerium heißt künftig „Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung“. Es bleibt bei den Grünen und Robert Habeck will es weiterhin leiten. Er bleibe Minister „und das nicht nur für drei Monate“, sagte Habeck am Wochenende. Die Zuständigkeit für die Digitalisierung bekommt Habeck neu hinzu, dafür wandert der Bereich Ländliche Räume ins CDU-geführte Innenministerium. Minister dort wird Joachim Grote.
Viel Text - viele Kompromisse
Das Landwirtschaftskapitel ist im schwarz-gelb-grünen Koalitionsvertrag sehr langatmig und ausführlich beschrieben. Das weist auf die zum Teil weit entfernten Positionen der neuen Koalitionspartner hin. „Die Agrarpolitik der Koalition setzt auf eine nachhaltige, umweltschonende, tiergerechte sowie wirtschaftlich erfolgreiche Landwirtschaft. Wir wollen helfen, konventionellen und ökologischen Betriebsformen faire Chancen am Markt und in der betrieblichen Entwicklung zu sichern“, heißt es in der Präambel. Im Koalitionsvertrag schreiben die drei Parteien sogar ausdrücklich, dass sie sich in der Agrar- und Umweltpolitik teilweise nicht einig sind. „Bezüglich des Landesnaturschutzgesetzes, vor allem beim arten- und strukturreichen Dauergrünland, Knickschutz, Eingriffsregelung und Vorkaufsrecht, haben die Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen“, heißt es wörtlich. Das Gesetz soll aber nicht neu verhandelt werden, sondern dann novelliert werden, „wenn das Vorkaufsrecht in einer Größenordnung von mehr als 100 Hektar pro Jahr ausgeübt wird“.
Energiepolitik
„Ähnlich sieht es in der Energiepolitik aus. Dort schreiben die Koalitionäre, dass sie auch „die Schattenseiten der Energiewende sehen und Stromleitungen und Windräder so schonend wie möglich für Menschen, Tiere, Pflanzen und Böden bauen“ wollen. Der Kompromiss bei der Windkraftnutzung sieht so aus, dass künftig die Höhe der Anlagen den Abstand zur Wohnbebauung bestimmen soll.
Klassische Agrarpolitik
Für die klassische Agrarpolitik will die Jamaika-Koalition „ein kohärentes Politik-Maßnahmenbündel aus Anreizkomponenten und gesetzlichen Regelungen“ erarbeiten. “Das Ziel landwirtschaftlicher Bodennutzung soll es zukünftig nicht mehr sein, schon jetzt höchste Erträge weiter zu steigern, sondern vielmehr optimale Bewirtschaftungsmethoden zu entwickeln, die minimale Umweltbelastungen verursachen und dennoch produktiv sind (ökologische Intensivierung)“, steht im Koalitionsvertrag. Für die anstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) will die Jamaika-Koalition „Modelle vordenken“ und bestimmte Maßnahmen der Zweiten Säule vorab einführen. „Als ein Modell für die GAP nach 2020 sollen daher Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft mit einem Ökopunkteansatz zusätzlich honoriert werden“, heißt es.
Düngung und Gewässerschutz
Zum Düngerecht lautet die Kompromissformel: „Wir unterstützen die im Bund verabschiedete Novelle des Düngerechts mit einer verpflichtenden Stoffstrombilanz unter Wahrung von Bagatellgrenzen für alle Betriebe. Wir streben eine praxisgerechte Umsetzung an“. An prioritären Gewässern sollen 10 m breite Gewässerrandstreifen angelegt werden. Die bessere Verteilung von organischen Dünger will die neue Landesregierung unterstützen und nennt ausdrücklich Nährstoffbörsen, Gülleseparierung, Baugenehmigungen für Güllebehälter sowie die Gülle-Unterfuß-Düngung im Maisanbau. Die Möglichkeiten für Vertragsnaturschutz und Gewässerschutz sollen für konventionelle und ökologische Betriebe ausgebaut werden.
Ökolandbau
Die Umstellungs- und Beibehaltungsprämien im Ökolandbau sollen bleiben. Für den dritten Jahrgang der Berufsschule soll eine Fachklasse Ökolandbau eingeführt werden. Die Koalition nimmt sich außerdem ein Landesbodenschutzprogramm vor, welches zur Reduktion des Flächenverbrauches beitragen soll.
Pflanzenschutz und Gentechnik
Für den Pflanzenschutz haben sich die Koalitionäre darauf geeinigt, eine Strategie zur Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes gemeinsam mit Beratung und Wissenschaft zu erarbeiten. Weniger Konsens gibt es bei der Gentechnik. „Bei der Bewertung verschiedener gen- und biotechnologischer Züchtungsverfahren haben die Koalitionspartner unterschiedliche Positionen. Das wird sich ggf. auch im Abstimmungsverhalten im Bundesrat niederschlagen“, heißt es.
Tierhaltung
Der Koalitionsvertrag enthält ein Bekenntnis zur flächengebundenen Tierhaltung und einer breiten Eigentumsstreuung. Einer Entkopplung von Tierhaltung und Fläche sowie hohen Konzentrationen in der Nutztierhaltung will man entgegenwirken. „Den Ausbau besonders tiergerechter Haltungsformen wie zum Beispiel die Freilandhaltung bei Geflügel, die Weidehaltung bei Rindern und die Strohhaltung bei Schweinen wollen wir unterstützen und rechtliche Hemmnisse, die dies behindern, nach Möglichkeit abbauen“, formuliert es der Koalitionsvertrag.
Milchpolitik
In der Milchpolitik will die Kieler Koalition auf den verschiedenen politischen Ebenen Kriseninstrumente entwickeln. Der Weidegang von Milchvieh soll im Rahmen des Vertragsnaturschutzes verstärkt gefördert werden. Eine flächenbezogene Förderung für Zusammenschlüsse von Milcherzeugern, die ihren Kühen nach einheitlichen Kriterien Weidegang ermöglichen, soll geprüft und für die Weidemilch-Produktion eine labelgestützte Vermarktung aufgebaut werden.
Wolfsmanagement
Das Wolfsmanagement soll fortgeführt und die Tierhalter intensiv eingebunden werden. Die Weidehaltung soll gesichert werden und die Bearbeitungszeit von Rissgutachten und Entschädigungsanträgen reduziert werden sowie Mittel für Präventionsleistungen und Herdenschutzmaßnahmen bereitgestellt werden.