Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Baywa in Insolvenzgefahr Ernte 2024 Afrikanische Schweinepest

News

Karlsruhe kippt Absatzfondsgesetz

Die Zwangsbeiträge von 380 000 Agrarbetrieben zum Absatzfonds sind rechtswidrig. Deutsche Bauern und Lebensmittelbetriebe müssen nicht mehr automatisch für das zentrale Marketing von landwirtschaftlichen Produkten zahlen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Sonderabgaben heute für nichtig erklärt.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Zwangsbeiträge von 380 000 Agrarbetrieben zum Absatzfonds sind rechtswidrig. Deutsche Bauern und Lebensmittelbetriebe müssen nicht mehr automatisch für das zentrale Marketing von landwirtschaftlichen Produkten zahlen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Sonderabgaben heute für nichtig erklärt. Der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft könne nicht die Verantwortung für die Finanzierung der staatlichen Absatzförderung aufgebürdet werden. Denn dies bedeute eine "Verkürzung" der unternehmerischen Freiheit der einzelnen Betriebe. Die zentralen Werbemaßnahmen könnten auch als "Schmälerung" des eigenen unternehmerischen Werbeetats angesehen werden. Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen Mehrwert staatlich organisierter gegenüber privatwirtschaftlicher Werbung, zitiert DIE WELT aus dem Urteil (Az.: 2 BvL 54/06 vom 3. Februar 2009).


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Zweite Senat rügte zudem, dass die Abgabe eine "zwangsweise durchgeführte Fördermaßnahme" sei. Die Situation der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft innerhalb der EU habe sich seit 1990 so deutlich stabilisiert, dass es nicht mehr erforderlich sei, erhebliche Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit "durch staatlich organisierte Werbung abzuwehren".


Der Absatzfond müsse den Klägern und allen anderen Betrieben, die Widerspruch gegen die Abgabe eingelegt haben, nun ihr seit 2002 gezahltes Geld zurückzahlen, schreibt der Focus. Der Absatzfonds habe eigenen Angaben zufolge dafür 100 Mio. Euro zurückgestellt, was aber nicht ausreichen dürfte, sollte wirklich der Zeitraum rückwirkend bis 2002 angenommen werden. Wieviele Betriebe dies sind, schreibt die Zeitung nicht.


Geklagt hatten der Geflügelhof Georg Heitlinger aus Eppingen, ein Mühlenunternehmen sowie eine Geflügelschlachterei. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Pflichtabgaben für den Absatzfonds der Land- und Ernähungswirtschaft bereits für verfassungswidrig erklärt und die Regelung deshalb Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt.


ZMP verkündet ihr vorläufiges Aus



Die ZMP hat als Reaktion auf das Urteil ihr vorläufiges Ende in einer Pressemitteilung verkündet, "nach nahezu 60 Jahren Marktberichterstattung", wie es heißt. Wegen künftig fehlender Nachdrucke von ZMP-Informationen in Fach- und Tageszeitungen von nahezu 30 Mio. täglich werde die Agrarbranche erhebliche Informationsdefizite hinnehmen müssen. "Wir leben in einem Informationszeitalter und unterbinden die wichtigste Grundlage aller Entscheidungen \- die Information", so Ralf Goessler, Geschäftsführer der ZMP. "Nationale und globale Marktinformationen lassen sich nicht unterbinden oder kontrollieren", sagte er, "weswegen es umso wichtiger ist, sie richtig zu interpretieren und sie frühzeitig zur Verfügung zu stellen. Bei gleichzeitigem Rückzug des Staates aus vielen Erhebungen und verstärktem Einsatz von EU- und Drittländern auf den Agrarmärkten geben wir den entscheidenden Vorsprung für unsere Unternehmer in Deutschland aus der Hand".


Sonnleitner enttäuscht



Umdenken muss nun auch die Bundesregierung. Sie war sich sicher, der deutsche Absatzfonds sei verfassungsgemäß. Die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes bedeute keineswegs die Auflösung nationaler Märkte, hieß es noch kürzlich aus Berlin. Ebenso hat der Deutsche Bauernverband (DBV) bis zuletzt für den Fortbestand geworben. "Ich bedauere diese Entscheidung sehr. Ich bin und bleibe überzeugt, dass wir Landwirte auf den hart umkämpften Agrar- und Lebensmittelmärkten als Einzelunternehmer verloren sind, wenn wir nicht durch ein gemeinschaftlich finanziertes Netzwerk im Markt agieren können", zeigte sich Gerd Sonnleitner nach der Urteilsverkündung enttäuscht. Markt- und Preisberichterstattung, Verbraucheraufklärung und Imageförderung für die Landwirtschaft, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie aktive Absatzförderung im In- und Ausland seien für einen erfolgreichen Marktauftritt nach wie vor unverzichtbar. Nun müsse die Politik eine Alternative entwicklen, denn ohne Absatzförderung gehe es nicht. Deutschland solle die Modelle der EU-Nachbarn übernehmen, sagte der DBV-Präsident.


Hintergrund


Seit 1969 sind Bauern, Schlachthöfe, Brauereien und Molkereien verpflichtet, für jedes ihrer Produkte einen gewissen Prozentsatz des Warenwertes in den Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft abzuführen, bei Schlachthöfen, Molkereien oder Eierpackstellen sind dies im Schnitt 0,4 %. Die Organisation ist als Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert. Durch den Absatzfonds kommen jährlich über 90 Mio. Euro zusammen, aus denen CMA und ZMP ihre Maßnahmen finanzieren. Das Geld wird unter anderem zur Imagewerbung für die deutsche Landwirtschaft eingesetzt, um den Absatz deutscher Agrarerzeugnisse im globalen Wettbewerb zu fördern. Die Mittel finanzieren aber auch die Marktberichte der ZMP.


Sind schon im Absatzfonds zahlreiche Personen aus Politik und Verbänden vertreten, so ist die Liste der Gesellschafter bei der CMA ungleich länger. Die Liste finden Sie hier...



Was halten Ihre Berufskollegen von der Entscheidung? Im Treff erfahren Sie es.

Die Redaktion empfiehlt

top + Ernte 2024: Alle aktuellen Infos und Praxistipps

Wetter, Technik, Getreidemärkte - Das müssen Sie jetzt wissen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.