Die Bundesregierung plant, bis 2022 die von der EU bemängelte ungenügende rechtliche Ausweisung von Natrura-2000 Schutzgebieten nachzuholen. Das teilt das Bundesumweltministerium (BMU) in einer kleinen Anfrage der FDP-Fraktion mit, die top agrar vorliegt. Das EU-weite Natura-2000-Netz setzt sich aus den Schutzgebieten der Vogelschutz-Richtlinie und der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie zusammen, die teilweise deckungsgleich sind.
Bisher sind von den ursprünglich beanstandeten 2.784 Natura-2000-Gebieten laut dem BMU noch immer 88 FFH-Gebiete nicht rechtlich gesichert. Sie liegen alle in Niedersachsen. Zuständig sind dafür laut dem BMU die Länder.
Zuletzt hatte die EU-Kommission Deutschland Anfang 2020 wegen der fehlenden, rechtlich gesicherten Ausweisung von immer noch 129 der insgesamt 4.606 Natura-2000-Gebiete gerügt. Die EU-Kommission hatte Deutschland „nachdrücklich“ aufgefordert, den Verpflichtungen aus der Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie ordnungsgemäß nachzukommen.
Neben der ungenügenden Ausweisung hatte die EU auch das Fehlen von spezifischen Erhaltungszielen und Maßnahmen, die einen günstigen Erhaltungszustand der vorhandenen Arten und Lebensräume gewährleisten oder wiederherzustellen sollen, moniert. Mit dem Abschluss der Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen rechnet die Bundesregierung derzeit auf Basis der Angaben der betroffenen Länder im Jahr 2023.
Der FDP-Abgeordneten im Bundestag, Judith Skudelny, geht Deutschland in dem Verfahren nicht schnell genug voran. "Deutschland verpasst seine eigene Frist, alle 4.606 besonderen Schutzgebiete bis 2020 auszuweisen, sagte sie. Das Argument der Bundesregierung, dass noch nie Strafzahlungen von der EU-Kommission gegen Deutschland in einem Vertragsverletzungsverfahren verhängt wurden, hält sie für den nationalen Naturschutz nicht zielführend. „Gerade vor dem Hintergrund, dass Deutschland auf Platz zwei der meisten Vertragsverletzungsverfahren innerhalb der EU liegt, ist diese Aussage eine Frechheit“, so Skudelny weiter.
Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ist in diesem Fall bereits seit 2015 eingeleitet. Damals hatte trotz Ablauf einer Frist im Jahr 2010 die Unterschutzstellung für 2.784 der 4.606 Natura-2000-Gebiete gefehlt. Noch steht Deutschland in der Sache im vorgerichtlichen Erstverfahren. Würde die Europäische Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erheben und dieser daraufhin Deutschland verurteilen, müsste Deutschland das Urteil unverzüglich umsetzen. Zu Strafzahlungen gegen Deutschland könnte es kommen, wenn die EU nach einem Urteil weiterhin nicht zufrieden mit der Umsetzung in Deutschland ist.