An der Milch scheiden sich auch nach dem Ende von Quotendiskussion und Milchstreik die agrarpolitischen Geister. Während Vertreter der schwarz-gelben Bundesregierung auf einen verstärkten Export von Milchprodukten zur Überschussverwertung setzen, wollen Linke und Grüne im Deutschen Bundestag die heimische Produktion lieber dem tatsächlichen Bedarf anpassen.
Beim Berliner Milchforum erinnerte der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Bleser, vergangene Woche an die großen Exporterfolge der Schweinehalter in den letzten Jahren. Durch den Aufbau schlagkräftiger Vermarktungsstrukturen würden heute in Deutschland trotz eines Selbstversorgungsgrades von 107 % mit die höchsten Schweinepreise bezahlt, betonte Bleser. Bei der Produktion von Schweinen sei Erfolg ebenso wenig wie bei der Milch eine Frage der Größe, sondern eine Frage der Effizienz, der Kostenstruktur und der Schlagkraft in der Vermarktung, so der CDU-Politiker. Er hält deshalb wenig davon, am Milchmarkt wieder in eine "Groß-Klein"-Diskussion einzusteigen. Notwendig sei vielmehr, die gesellschaftliche Akzeptanz für eine multifunktionale Landwirtschaft zu schaffen, die für Ernährungssicherheit sorgt und der deshalb im Krisenfall auch in Zukunft mit Interventionsmaßnahmen als Sicherheitsnetz für Notfälle geholfen werden muss.
Der SPD-Sprecher Dr. Wilhelm Priesmeier, rechnet dagegen fest damit, dass der Druck auf die Milcherzeuger wachsen wird, ihre Strukturen in den nächsten Jahren zu optimieren. Vor allem in strukturschwachen Regionen wie Bayern müsse - politisch flankiert - die Position der Milcherzeuger im Wettbewerb gestärkt werden, beispielsweise über den Aufbau von Erzeugergemeinschaften. Die 750 Mio. Euro aus dem nationalen Sonderprogramm für die Milchwirtschaft sind für Priesmeier schlecht angelegt, da "das damit entfachte Strohfeuer nur kurz wärmt". Es wäre aus seiner Sicht besser gewesen, mit dem Geld schlagkräftige Vermarktungsstrukturen im Rahmen des Wettbewerbsrechts zu unterstützen und den Strukturwandel zu begleiten.
Für Christel Happach-Kasan ist Effizienz nichts Negatives, sondern letztlich auch eine Frage von Ressourcenschonung und Ökologie, stellte sie klar. Von einer Abschottung des deutschen Marktes hält die Agrarsprecherin der Liberalen gar nichts. Wenn eine ausländische Molkerei für attraktive Produkte einen Käufer in Deutschland finde, sei das in Ordnung. Und wenn sich jetzt die Franzosen beschwerten, dass die deutschen Molkereien so stark im Export seien, sei dies vor allem als Bestätigung für die Exportstrategie der Bundesregierung zu werten. Andererseits tritt Frau Happach-Kasan dafür ein, die Intervention im Milchmarkt so weit wie möglich zurückzufahren.
Friedrich Ostendorff von den Grünen stellte sein Modell von einer bäuerlich organisiserten Landwirtschaft vor. Dazu sei eine starke Milchmengenregelung in Deutschland und Europa unverzichtbar und der entscheidende Schlüssel zur Stabilisierung des Milchmarktes. Für die Grünen sei aber auch ein 5 000 ha Betrieb nicht automatisch "industriell". Auch dort könne "bäuerlich" gewirtschaftet werden.
Weitere Stimmen vom Milchforum: Van Driel: "Sanfter Quotenausstieg liegt im Plan" (22.3.2010) Sicherheitsnetz am Milchmarkt wird löchriger (22.3.2010) Van Driel: Brüssel erwartet Unterlieferung in 2010 (19.3.2010) Folgart gegen völlige Liberalisierung des Marktes (18.3.2010) Kienle: "Mutter aller Schlachten" (19.3.2010)