Mit der Europäische Entwaldungsverordnung (EUDR) kommen auf sehr viele Unternehmen neue Dokumentations- und Nachweispflichten und damit automatisch mehr Bürokratie zu. Dass die EU-Kommission die Einführung des Regelwerks Ende September um zwölf Monate nach hinten verschoben hat, sorgte zwar bei manchen für Aufatmen, ändert aber nichts an den Herausforderungen, die der EUDR-Apparat mit sich bringt. Auch nach Ansicht des Bundesvorstands der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) werden damit lediglich die Probleme der EUDR vertagt, aber nicht gelöst. Die CDU/CSU-nahe Organisation fordert deshalb einen kompletten Stopp der Maßnahme.
Connemann: EUDR löst keine Umweltprobleme
Die MIT-Bundesvorsitzende Gitta Connemann sagt: „Die Verschiebung der Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten um ein Jahr ist ein wichtiges Signal der Kommission: ‚Wir haben verstanden.‘ Der Anfang ist getan. Jetzt muss der Weg konsequent weitergegangen werden. Die Verordnung muss gestoppt werden.“
Connemann hält schon die Grundidee der EUDR für falsch, denn die Verordnung löse keine Umweltprobleme vor Ort - im Gegenteil. „In Deutschland gibt es kein Entwaldungsrisiko. Dank der Waldeigentümer und Forstbetriebe in Deutschland ist die Waldfläche gewachsen“, stellt die MIT-Bundesvorsitzende klar. Aber gerade diese Waldschützer werden nach ihrer Einschätzung von der Verordnung geschwächt, denn der Mittelstand werde mit einem „Bürokratietsunami“ überzogen. „Dies schwächt auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas“, warnt Connemann.
Neue Hürden beim Marktzugang
Für diese Einschätzung führt der MIT-Bundesvorstand eine ganze Reihe von Gründen auf. Nach seiner Auffassung wird die Verordnung dazu führen, dass europäischen Unternehmen sich aus Lieferketten zurückziehen und Anbietern aus anderen Ländern weichen. Dies zeige die Erfahrung aus bestehenden Regulierungen von Lieferketten. Die Verordnung löse damit keine Umweltprobleme vor Ort und schade Kleinunternehmern im Globalen Süden. Drittländer empfänden EU-Vorgaben wie die EU-Verordnung über Entwaldungsfreie Lieferketten nicht nur als übergriffig, sondern als protektionistisch. Sie wirkten faktisch wie Hürden beim Marktzugang, die etwa im US-amerikanischen und asiatischen Markt nicht gelten.
Die EUDR schwächt auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unionsländer, warnt die MIT, weil sie die Im- und Exporte durch eine zusätzliche bürokratische Hürde verteuert und dazu führen könnte, dass europäische Unternehmen in den Lieferketten benachteiligt werden. Das betreffe in der Folge genauso den Mittelstand, der von dem massiven bürokratischen Aufwand absehbar überfordert werde. Dieser Aufwand kommt in Ergänzung zu bestehenden Vorgaben, etwa durch die Lieferkettengesetzgebung, die Taxonomie-Verordnung oder die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD).
Auch Binnenhandel betroffen
„Der Mittelstand muss seine Kapazitäten in unternehmerische Tätigkeiten investieren können, nicht in das Erfüllen bürokratischer Auflagen“, fordert der MIT-Vorstand. In dem Zusammenhang macht er der EU-Kommission den Vorwurf, den eigenen Zielen mit der EUDR zu widersprechen. Schließlich habe EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigt, die Bürokratie für alle Unternehmen um 25 % abzusenken, für Kleine und Mittlere Unternehmen sogar um 35 %.
In der Umsetzung bringt die Verordnung zudem widersinnige praktische Folgen mit sich. Die Mittelstandsunion gibt dafür ein Beispiel: Wenn die Verordnung angewendet wird, müssten Großhändler, die ihre Waren auf Euro-Paletten lagern oder beliefern, Nachweise erbringen - selbst, wenn das Holz aus einem nachhaltig bewirtschafteten Wald in Europa kommt. Damit werde der Handel im Binnenmarkt erschwert, moniert die MIT. Dabei könnte auf einen betriebsindividuellen Nachweis verzichtet werden, wenn in einem Land nachweislich keine Entwaldung vorliegt. Das sei bisher aber nicht vorgesehen.