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topplus EU-Entwaldungsverordnung

Genug entwaldungsfreie Futtermittel - Füttern wird trotzdem teurer

Ab dem 1.1.2025 müssen Futtermittel nachweislich entwaldungsfrei sein, sagt die EU-Verordnung. Die Futterbranche befürchtet ein Chaos, weil das Vorgehen nicht praktikabel ist.

Lesezeit: 5 Minuten

Cord Schiplage ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der GS Genossenschaft und Präsident des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT). Er muss sich sowohl politisch als auch praktisch mit der neuen EU-Verordnung EUDR auseinandersetzen.

Die EU-Entwaldungsverordnung tritt zum 30.12.2024 in Kraft. Viele hoffen auf eine Verschiebung. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Schiplage: Die Situation ist unübersichtlich. Niemand kann derzeit genau sagen, ob es zu einer Verschiebung kommt oder nicht. Ich hoffe auf die Einsicht der EU-Kommission. Allen voran Agrarminister Özdemir und Bundeskanzler Scholz haben sich nach Druck durch die viele Verbände - darunter der DVT - für eine Verschiebung ausgesprochen. Die Aussagen der Kommission stehen jedoch im Widerspruch zu denen der Bundesrepublik. Dies verunsichert die Märkte.       

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Falls es keine Verschiebung gibt - was erwarten Sie für Anfang Januar?

Schiplage: Wenn wir eine Entwaldungsverordnung umsetzen sollen, die rechtlichen Voraussetzungen aber nicht geklärt sind, wird es im Tagesgeschäft sehr schwierig. Jeder, der in der Praxis tätig ist, weiß, dass Kontrakte für unsere Rohstoffe bereits viele Monate im Voraus gemacht werden müssen, um eine Versorgung des Futters für die Tierhaltung sicherzustellen.

Zudem werden Anbauentscheidungen für den Acker lange im Voraus getroffen. Wer also Veränderungen will, muss die Natur verstehen und die Warenströme mit ihren zeitlichen Vorgaben anerkennen. Wir können nicht einfach abwarten, denn die Landwirte müssen ihre Tiere weiter füttern. Deshalb müssen wir zwingend Rohstoffe einkaufen und Mischfutter anbieten. Solche Unsicherheiten werden sich auf Dauer in den Kosten niederschlagen. Diese Entwicklung ist bereits jetzt festzustellen.

Mit welchen Mehrkosten rechnen Sie und wo entstehen sie?

Schiplage: Unser europäischer Mischfutterverband schätzt die möglichen Mehrkosten auf mehr als 2 Mrd. € im Jahr 2025. Das muss letztlich der Verbraucher zahlen, denn bei steigenden Futterkosten wird sich am Ende der Preis für tierische Lebensmittel an der Ladentheke erhöhen.

Die Kosten entstehen schon im Einkauf der entwaldungsfreien Ware, denn Mühlen in den Herkunftsländern und Transporteure müssen investieren, um die Warenströme trennen zu können und die Infrastruktur zur Datenerzeugung zu schaffen. Zudem steigen die Personalkosten entlang der Lieferkette durch die neuen Informationspflichten. Auch im IT-Bereich entstehen erhebliche Kosten, um die Fülle der Daten zu übermitteln. 

"Es ist definitiv genügend entwaldungsfreie Ware weltweit vorhanden."

Was tun Sie, wenn nicht genug entwaldungsfreie Ware verfügbar ist?

Schiplage: Es ist definitiv genügend entwaldungsfreie Ware weltweit vorhanden. Anbieter gibt es z. B. in Brasilien oder den USA. Die Frage ist allerdings, ob die komplizierten Nachweisbedingungen für den Import eingehalten werden können. Unser Ziel ist es, die Versorgung sicherzustellen. Die Aussagen aus den Soja-Anbauländern zur Machbarkeit sind auch sehr unterschiedlich.

Warum ist der Nachweis von Entwaldungsfreiheit so kompliziert?

Schiplage: Die Vorgaben zum Nachweis der Rückverfolgbarkeit bis hin zum einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb sind nicht praktikabel. Die entwaldungsfreien Rohstoffe werden zwar getrennt von nicht-entwaldungsfreier Ware gehandelt, aber in jeder Lieferung sind verschiedene entwaldungsfreie Herkünfte gemischt. Wenn wir die Ware bekommen, haben wir bereits enorm viele Herkunftsdaten. Aber auf den Höfen geht es weiter, weil durch die begrenzten Lagerkapazitäten beispielsweise Sojaschrot aus verschiedenen Lieferungen und verschiedenen Herkünften gemischt wird. Diesen Haufen an Geodaten müssen wir stets übermitteln. Wir nennen das auch die „Siloproblematik“: Bei jeder Lieferung oder Mischung müssen wir eine große Menge an Geodaten in das EU-Informationssystem einpflegen.

Was schlagen Sie vor, um das Problem zu lösen?

Schiplage: Als Branche fordern wir bereits seit über einem Jahr eine Klärung dieser Vermischungsproblematik. Wir wurden bisher damit vertröstet, dass die Kommission eigens dafür weitere Definitionen in den FAQs veröffentlichen würde, doch auf diese warten wir bis heute. Und der bürokratische Wahnsinn geht weiter. Die Verordnung betrifft nicht nur Rohstoffe für die Fütterung. Auch Leerpaletten und interne Papiernutzung sowie Informationsschreiben und Flyer sind betroffen. Wenn wir die Verordnung so umzusetzen, werden Futtermittelunternehmen diesen Wust an Informationen kaum bearbeiten können.

„Es gibt funktionierende Rückverfolgungssysteme, sie sind aber nicht anerkannt“

Welche praktikable Lösung schlagen Sie zum Thema Entwaldungsfreiheit vor?

Schiplage: Das Beste wäre, die bestehenden Zertifizierungssysteme, also privatwirtschaftlich organisierte Rückverfolgungssysteme (z.B. QS-Sojaplus ) anzuerkennen. Derzeit ist diese Position nicht durchsetzbar. Fürs Erste sollte deshalb die Frist zur Umsetzung verlängert werden, damit die Unternehmen und alle Beteiligten in der Wertschöpfungskette ihre erforderlichen Anpassungen umsetzen können.

Hat die Futtermittelwirtschaft zu lange auf eine Selbstlösung des Problems gehofft statt aktiv zu werden?

Schiplage: Die deutsche und europäische Futtermittelwirtschaft hat sich seit 10 Jahren ausdrücklich die Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen geschrieben. Wir haben mit den FEFAC Soy Sourcing Guidelines eigene Leitlinien für die nachhaltige Beschaffung von Soja entwickelt.

Rund zwei Drittel der im Mischfutter eingesetzten Sojamengen sind heute bereits nachhaltig, also von entwaldungsfreien Flächen. Wir gehen sogar weiter und sprechen von umwandlungsfreien Flächen und berücksichtigen dadurch auch weitere schützenswerte Ökosysteme wie die Feuchtsavanne in der Cerrado in Brasilien. Das ist uns ohne staatlichen Einfluss gelungen.

Wir sind für eine ehrliche Nachhaltigkeitspolitik, die wir durch die EU-Beschlüsse nicht umgesetzt sehen. Seit 01.01.2024 wird durch eine Verpflichtung bei QS sichergestellt, dass die gesamte QS-Ware ausschließlich mit nachhaltig zertifiziertem und somit auch entwaldungsfreiem Soja produziert wird.

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