Nach einem halben Jahr intensiver Verhandlungen haben die Niederlande eine neue Regierung. Geführt wird die Viererkoalition von der Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders, hinzu kommen die konservativ-liberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und die Mitte-Rechts-Partei Neuer Sozialer Vertrag (NSC). Zum ersten Mal überhaupt kommt auch die „sozial-konservativen“ Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) von Caroline van der Plas, die seit wenigen Jahren medial mit Bauernprotesten für Furore gesorgt hatte.
Agrardiesel soll zurückkommen
Und die scheinen sich gelohnt zu haben, denn die Koalitionsvereinbarung der neuen niederländischen Regierungsparteien enthält einen umfassenden Agrarteil, der eine „gute Zukunft“ für die Branche in Aussicht stellt. Angekündigt wird unter anderem, mit der EU neue Ausnahmen für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger auszuhandeln.
Zudem beabsichtigen die Koalitionäre, auf einen weiteren Abbau der Viehbestände, obligatorische Betriebsenteignungen und generelle Kürzungen der nationalen Gülleproduktionsobergrenzen zu verzichten. Die Stickstoffpolitik solle insgesamt praktikabler gestaltet werden. Ferner soll wieder eine Steuervergünstigung für Agrardiesel eingeführt werden. Das Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität (LNV) soll umbenannt werden in Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei, Ernährungssicherheit und Natur (LVVN).
500 Millionen € für Naturschutz
Beim niederländischen Bauernverband (LTO) kam das Papier gut an. Die neue Koalition räume der Ernährungssicherheit Priorität ein und verfolge einen agrarpolitischen Kurs, bei dem Landwirte und Gärtner ein gutes Auskommen haben sollten und ihre Rolle als Landschaftspfleger gewürdigt und ausgebaut werde. Es sei mit jährlichen Subventionen von 500 Mio. € für den Naturschutz in der Landwirtschaft zu rechnen.
Laut LTO-Präsident Ger Koopmans zeigt die Rahmenvereinbarung eine neue Wertschätzung für die niederländische Landwirtschaft und den Gartenbau. Wichtig sei, dass den Unternehmen zugestanden werde, selbst die Verantwortung für die Erreichung realistischer Ziele zu übernehmen. „Wir wollen als starker Sektor zu mehr Nachhaltigkeit in den Niederlanden beitragen“, betonte Koopmans.
Zwei Kandidaten im Gespräch
Noch unklar ist, wer den noch kommissarisch wirkenden Landwirtschaftsminister Piet Adema ablösen wird. Zurzeit wird vor allem über zwei mögliche Nachfolger diskutiert, nämlich Aalt Dijkhuizen und Bart Kemp. Dijkhuizen führt seit mehreren Jahren die niederländische Initiative Top Sector Agri & Food an, in der sich Vertreter der Branche sowie von Politik und Wissenschaft für eine innovationsbasierte und klimaneutrale Agrar- und Lebensmittelproduktion engagieren. Außerdem war er mehrere Jahre als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Universität Wageningen aktiv. Derweil führte Kemp bis Ende Januar 2024 die Landwirteaktionsgruppe Agractie an, die zahlreiche Protestaktionen gegen die niederländische und EU-Agrarpolitik organisierte.