In der Landwirtschaftspolitik erlebe sie häufig, dass sie sich dafür rechtfertigen müsse, dass sie sich da einmische, sagte Schulze auf dem Agrarkongress des Bundesumweltministeriums (BMU) am heutigen Dienstag in Berlin. Das passiere ihr, wenn es um die Verkehrspolitik und die Abgasproblematik gehe, seltener, so Schulze weiter. „Agrarpolitik ist immer auch Umweltpolitik, denn sie hat Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima“, sagte sie. Die Umweltpolitik müsse auch einen Rahmen für die Landwirtschaft setzen. „Wenn wir uns nicht um die Landwirtschaft kümmern würden, müssten wir uns rechtfertigen“, drehte Schulze den Spieß um.
Paetow nimmt verbesserte Diskussion wahr
Die öffentliche Rechtfertigung für die Landwirtschaft und die Agrarpolitik stellte Hubertus Paetow, Präsident Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), auf dem Agrarkongress als Gemeinsamkeit mit Schulze heraus. Auch er müsse sich als Landwirt, etwa bei den Elternabenden seiner Kinder, für sein Tun und die Agrarpolitik rechtfertigen, so Paetow. Er berichte dann von den 30 ha Blühstreifen, die er auf seinem rund 1200 ha großen Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern vorhalte, so Paetow weiter. Er nehme allerdings in letzter Zeit eine verbesserte Diskussionskultur zur Landwirtschaft zwischen den Praktikern und der Gesellschaft wahr, gab sich Paetow optimistisch.
Schulze greift BMEL-Position zur GAP an
Umweltministerin Schulze drängte in ihrer Rede auf eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik ab 2020. Schulze fürchtet, dass die Umweltanforderungen an die EU-Agrarzahlungen nach 2020 noch hinter den aktuell geltenden Anforderungen aus dem Greening zurückbleiben könnten. Sie formulierte eine „große Sorge“, dass die „zaghaften Ansätze“ der EU-Kommission bei den Endverhandlungen noch abgelehnt oder verwässert werden würden. „Das BMEL ist sich nicht über die Umweltaspekte der GAP im Klaren“, griff Schulze das federführende Landwirtschaftsministerium (BMEL) an. Es gebe deswegen keine abgestimmte Position der Bundesregierung zur Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). „Deutschland läuft deshalb Gefahr, bei den Verhandlungen in Brüssel nicht gehört und berücksichtigt zu werden“, sagte Schulze.
Landwirte sollen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ausgleichen
Die Umweltministerin verteidigte ihren Anspruch an scharfe Einschränkungen für den Einsatz von Glyphosat und künftig auch für andere Pflanzenschutzmittel. Glyphosat und andere Totalherbizide entzögen Insekten die Lebensgrundlage, begründete Schulze. „Pflanzenschutzmittel sollen künftig nur dann zugelassen werden, wenn negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt mindestens ausgeglichen werden“, sagte sie. Damit spielte die Ministerin auf die Forderung des Umweltbundesamtes (UBA) an, laut der Landwirte bei der Anwendung von Glyphosat mindestens 10 Prozent ihrer Ackerfläche als Ausgleichsfläche vorhalten sollen. Die Forderung ist Grund dafür, dass derzeit Glyphosat-haltige Produkte in Deutschland nicht mehr abschließend genehmigt werden, sondern nur behelfsweise für 1 Jahr verlängert werden können.
Schulze stellt Datensicherheit in den Vordergrund
In der Digitalisierung der Landwirtschaft sieht auch Schulze ein Potenzial für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Sie könne beim Ziel für mehr Vielfalt in der Agrarlandschaft helfen. Die Frage der Datensicherheit werde dabei aber entscheidend sein. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Markmacht einzelner durch die Digitalisierung nicht noch größer machen“, mahnte Schulze.
BMU lädt Klöckner nicht zum Agrarkongress ein
Der Agrarkongress des BMU findet im Vorfeld der Grünen Woche bereits zum 3. Mal statt. Das BMU will daraus eine Tradition auch für die nächsten Jahre formen. In den vergangenen Jahren hatte der damalige Agrarminister Schmidt jeweils ein Grußwort auf der Veranstaltung gesprochen. In diesem Jahr hatte das BMU dies für die amtierende Agrarministerin Klöckner nicht beim BMEL eingefordert. Bei einer der vielen Diskussionsrunden auf der Veranstaltung, die mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik, von Umweltverbänden, aus der Landwirtschaft und aus der Agrarwirtschaft besetzt sind, diskutiert allerdings der BMEL-Staatsekretär Hermann Onko Aeikens mit.