Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat ihren lange angekündigten neuen Aufschlag für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft veröffentlicht. Das 25-seitige Papier ist auf den jetzt begonnenen Wahlkampf zur Bundestagswahl im Februar 2025 zugeschnitten.
Die ZKL hat ihre Sicht auf die Agrarpolitik darin nochmals aktualisiert. Zuvor waren mehrere Anläufe dazu gescheitert. Das Ampel-Aus hat die Kompromissfindung jetzt scheinbar beschleunigt. So zumindest liest sich der Text.
Agrardiesel, Tierwohl, GAP: Für jeden was dabei
Es ist buchstäblich für jeden etwas dabei: Die Wiedereinführung der Steuerermäßigung für Agrardiesel zum europäischen Durchschnittssatz, eine höhere Mehrwertsteuer für Fleisch zur Finanzierung von mehr Tierwohl, mehr Geld und Anreize für Öko-Regelungen bei den GAP-Agrarzahlungen und die steuerfreie Risikoausgleichrücklage.
Die in den letzten Jahren unüberwindbaren Streitthemen hat der Bericht, wie schon sein ausführlicherer Vorgänger 2021, umschifft. Dazu gehören der Umgang mit der grünen Gentechnik und konkrete Maßnahmen für Pflanzenschutz Reduktionen.
Die Kompromissformel der ZKL in der Marktpolitik lautet, dass verbindliche Lieferverträge mit konkreten Angaben über Menge, Qualität, Preis und Laufzeit empfohlen werden. Den Genossenschaften bleibt ihre Satzungsautonomie bei dem Thema gewährt.
Viele Finanzierungsideen - mit unsicheren Chancen
Die Zukunftskommission mahnt neue Finanzierungsquellen für die vielen Herausforderungen, die der Umwelt-, Klima- und Tierschutz an die Landwirtschaft stellen, an. Und sie gibt auch zu bedenken, dass Förderungen wegen knapper Kassen effizienter sein müssen.
Doch wie das in einer Zeit, wo finanzielle Spielräume in den Haushalten schwinden und sich die Prioritäten national und auf EU-Ebene in Richtung Verteidigungspolitik verändern, funktionieren soll, bleibt fraglich.
Neue Kultur der Zusammenarbeit angemahnt
Die große Enttäuschung, dass der erste Bericht der ZKL aus dem Jahr 2021 keine Umsetzung in der Agrarpolitik fand, quittiert die jetzige Aktualisierung mit der Forderung nach einer neuen Kultur der Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Der Bericht kritisiert die Alleingänge der Ampel-Koalition bei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung und bei der Einführung einer Herkunftskennzeichnung. „Die ZKL empfiehlt der Bundesregierung, zur Entwicklung von breit getragenen, für Verbraucher:innen hilfreichen Kennzeichnungssystemen einen Konsensfindungsprozess unter Beteiligung von Wirtschaft, Verbrauchern, Zivilgesellschaft, Wissenschaft mit Bundes- wie ggf. Landesregierungen zu initiieren“, heißt es an einer zentralen Stelle des Berichtes.
Neue Bundesregierung soll Vorbildern in den Ländern folgen
Warum es mit der Umsetzung der ZKL-Vorschläge in einer nächsten Bundesregierung ab 2025 besser werden soll, beantwortet der Bericht auch. Am Beispiel des Niedersächsischen Weges und des Strategiedialogs Landwirtschaft in Baden-Württemberg schlägt die ZKL jetzt vor, in kleinerem Format, stärker auf einzelne Themenbereiche zu fokussieren. So will die ZKL „den Stillstand überwinden“ und „Polarisierung entgegen wirken“. Außerdem knüpft der Bericht an vielen Stellen an den Strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft auf EU-Ebene an, der im September an die EU-Kommission übergeben worden war.
Junge Menschen mehr einbeziehen
Wie schon im ersten Bericht der ZKL, bezeichnet sie die Umsetzung der Vorschläge als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ und ruft zur stärkeren Einbindung junger Menschen auf. Ein Beispiel dafür ist der Vorschlag, junge Menschen bei ihrem beruflichen Einstieg in die Landwirtschaft (Hofnachfolge und Existenzgründung) im Rahmen der GAP mehr zu unterstützen und eine professionelle Betriebsbegleitung zu Beginn der Hofübernahme bzw. -gründung an die Seite zu stellen.
Den kompletten Bericht mit dem Titel "Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten – Strategische Leitlinien und Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft" kann man hier lesen.