Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner verkündete am Tag vor Beginn der Grünen Woche, dass sie die Notifizierung des Gesetzes zur Einführung und Verwendung eines dreistufigen Tierwohlkennzeichens bei der EU-Kommission in Brüssel eingeleitet hat. Das Gesetz schafft den Rahmen für das staatliche Tierwohlkennzeichen. Eine Verordnung, welche die konkreten Anforderungen und Kriterien für die einzelnen Stufen beschreibt, erarbeitet das Bundeslandwirtschaftsministerium allerdings noch. Sie soll im Laufe des Sommers fertig abgestimmt sein und bis Ende des Jahres alle Instanzen durchlaufen haben.
Bauernpräsident Joachim Rukwied kritisierte bei der Eröffnungspressekonferenz der Grünen Woche, dass das BMEL die Kriterien für das staatliche Tierwohlkennzeichen „aufgerüstet“ hat. „Die Einstiegstufe ist so nicht für alle Betriebe erreichbar“, sagte er. Außerdem seien im BMEL-Entwurf die Probleme in der Sauenhaltung nicht gelöst, so Rukwied weiter. Er sehe daher bis zum Start des staatlichen Tierwohlkennzeichens noch weiteren Diskussionsbedarf.
Die vom BMEL vorgesehen Kriterien waren in den vergangenen Wochen schon von der Branche diskutiert worden. Langfristig sollen sich hinter den drei Stufen die bisherigen Systeme Initiative Tierwohl (ITW), das Label des Deutschen Tierschutzbundes und die Biozertifizierung eingruppieren. Die Kriterien für die 1. Stufe des Labels setzt das BMEL aber größtenteils höher an als die der Initiative Tierwohl (ITW). Das macht sich vor allem am Platzangebot bemerkbar. Auch bei der Buchenstrukturierung, dem Nestbaumaterial, sowie beim Tierschutz für Sauen ist das BMEL strenger als die ITW. Die betäubungslose Ferkelkastration schließt das BMEL vom Tierwohlkennzeichen in allen Stufen aus.
Den einheitlichen Haltungskompass, den der Lebensmitteleinzelhandel ab Frühling 2019 auf den Markt bringen will, bewertet Rukwied „vorsichtig positiv“. Der Handel beziehe in sein einheitlich über alle Ketten verabredetes Modell alle Standards ein und berücksichtige auch die Initiative Tierwohl. Die von den Händlern angekündigte Ausdehnung vom bisher nur für Schweine- und Geflügelfleisch gedachten Haltungskompass auf Rindfleisch sieht Rukwied noch skeptisch. Die Perspektive sei richtig, aber das Konzept sei noch nicht praxisreif, sagte er. Diskussionsbedarf sieht Rukwied auch noch bei der Integration der Bioerzeuger. Außerdem dränge der Bauernverband weiter auf einer Herkunftskennzeichnung.