Gemüse, das extra für Großbritannien produziert wird, könnte nach einem ungeordneten Brexit statt auf die Insel in andere EU-Länder verkauft werden. „Wir befürchten einen Preisverfall“, sagte der Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Gemüsebau im Zentralverband Gartenbau, Jochen Winkhoff, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Sorge ist, dass andere EU-Länder wie die Niederlande ihre eigentlich für Großbritannien produzierte Ware umlenken müssten und es hierzulande zu einem Überangebot etwa bei Paprika und Tomaten kommen könnte. "Die Erfahrung zeigt, dass schon fünf Prozent Marktüberversorgung von Frischgemüse bis zu 50 Prozent Preisverfall für den Anbauer bedeuten kann", sagte Winkhoff.
Niederländer wollen nach Deutschland umleiten
Niederländische Landwirte machen sich ebenfalls Sorgen, dass es zu einem chaotischen Brexit kommen könnte. "Das wäre katastrophal", sagte der Brexit-Experte beim Landwirtschaftsverband LTO, Klaas Johan Osinga, der dpa. Großbritannien ist nach Deutschland und Belgien der drittgrößte Absatzmarkt für die Niederlande. Die niederländischen Landwirte haben nach Angaben des nationalen Statistikamts im Jahr 2018 Obst und Gemüse im Wert von rund zwei Milliarden Euro nach Großbritannien exportiert. Sollte es zu langen Wartezeiten an der Grenze kommen, müssten sich niederländische Produzenten von Frischwaren neue Absatzmärkte suchen. "Dann kann es sein, dass viel in Deutschland auf den Markt gebracht wird", sagte Osinga.
Preisverfall könnte Obst wie Gemüse treffen
Der Deutsche Fruchthandelsverband rechnet auch damit, dass es bei einem chaotischen Brexit Auswirkungen im EU-Binnenmarkt gäbe. Ein erhöhtes Angebot von frischem Obst und Gemüse könnte zu fallenden Preisen führen. Großbritannien sei ein bedeutendes Einfuhrland für viele andere EU-Mitgliedstaaten wie Spanien, Italien, Niederlande und Belgien. Bei einem ungeordneten EU-Austritt sei zu erwarten, dass die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse nicht mehr so reibungslos verläuft, heißt es vom Verband.
Brexit Thema auf der Fruit Logistica
Der Brexit und dessen Auswirkungen auf den Obst- und Gemüsesektor wird eines der Themen sein, die ab Mitte der Woche in Berlin auf der Obst- und Gemüsemesse Fruit Logistica, diskutiert werden. Bereits auf der Grünen Woche Mitte Januar hatten die Agrarpolitik und die Landwirtschaft bang auf die Entwicklungen in Großbritannien hinsichtlich des Ende März bevorstehenden Austritts des Landes aus der EU geblickt. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte dort vor einem harten Brexit gewarnt. Die Folgen könnten für die Landwirtschaft dramatischer als nach dem Russland-Embargo 2014 sein. Laut dem DBV werden jährlich aus Deutschland Agrargüter und Lebensmittel im Wert von etwa 4,5 Milliarden Euro auf die britische Insel geliefert.