Das Zeichen "Gutes aus deutsche Landwirtschaft" ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Landwirtschaft, Handel und Verarbeitung in der Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft e.V. (ZKHL). top agrar hat den Geschäftsführer Peter Jürgens gefragt, was sich nun ändert.
Das Herkunftskennzeichen „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“ ist nun im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vermehrt zu finden. Welche Handelsketten machen mit?
Jürgens: Wir haben die sogenannte Zeichennutzungsvereinbarung mit Aldi Nord und Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Norma, Rewe und Penny. Alle Großen sind somit an Bord und es sind noch Anfragen mit weiteren Lebensmittelhändlern offen.
Es gibt schon viele Siegel mit „deutscher“ Herkunft. Was ist neu bzw. welche Kriterien sind zu erfüllen?
Jürgens: Für Produkte mit unserem Siegel gilt, dass von der Geburt der Tiere bzw. dem Anbau/der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zur Verpackung alles in Deutschland stattfinden muss. Oft wird das als „5 x D“ bezeichnet, was vor allem für Fleischprodukte gilt. Bei Obst, Gemüse und Milch sind es weniger Stationen. Bei Eiern greift eine Übergangsregelung bis Ende 2025, weil Deutschland nicht ausreichend Junghennen selbst erzeugt. Es reicht somit aus, wenn die Legehennen bei uns gehalten werden. Aktuell erholt sich die deutsche Brütereilandschaft und wird ab 2026 eine durchgehende Herkunft „Deutschland“ bei Schaleneiern ermöglichen.
Von der Geburt der Tiere an muss alles in Deutschland stattfinden."
Und auf welchen Produkten ist das Siegel zu finden?
Jürgens: Unsere Branchenvereinbarung legt bisher folgende Produktgruppen für die Zeichennutzung fest: Fleisch und Fleischwaren der Tierarten Schwein, Rind und Geflügel, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Frische Eier, Molkereiprodukte Trinkmilch, Joghurt pur Quark pur und gegebenenfalls weitere Erzeugnisse.
Ein Siegel kann nur wirken, wenn es bekannt ist. Wie wollen Sie das erreichen?
Jürgens: Die Handelsketten nutzen „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“ vor allem in ihren Werbemitteln, wie z. B. Handzetteln oder Displays in den Märkten. Daneben wird das Zeichen auf den Internetseiten des LEH näher erläutert. Zusätzlich nutzen es bereits einige Lebensmittelhersteller auf ihren Markenprodukten. Eine Liste der Zeichennutzer finden Sie übrigens unter: www.herkunft-deutschland.de .
Tragen auch verarbeitete Produkte (z. B. Erdbeer- oder Bananen-Joghurt) das Siegel und welche Vorgaben muss verarbeitete Ware erfüllen?
Jürgens: Ursprünglich wollten wir das Herkunftskennzeichen vor allem auf unverarbeiteten Lebensmitteln anbringen. Inzwischen hat das Thema jedoch eine solche Eigendynamik entwickelt und etliche Lebensmittelhersteller wollen auch verarbeitete Produkte bzw. Produkte mit verschiedenen Zutaten kennzeichnen. Beispiele dafür sind mariniertes Fleisch, Fleischspieße oder auch Zubereitungen aus Milcherzeugnissen wie den Fruchtjoghurt. Wir müssen in der ZKHL daher konkretisieren, unter welchen Bedingungen verarbeitete Produkte gekennzeichnet werden dürfen.
Wie wird sichergestellt, dass nur die Produkte mit deutscher Herkunft das Siegel tragen?
Jürgens: Die Zeichennutzer verpflichten sich zu einer Kontrolle durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle. Wir haben kein eigenes Prüfsystem, sondern nutzen bewusst die etablierten Prüfsysteme wie QS, KAT, QM-Milch u. a. Sie nutzen im Rahmen der üblichen Systemkontrollen eine Zusatzcheckliste, die systematisch die korrekte Zeichennutzung kontrolliert. Wir wollten kein weiteres, kostenträchtiges Prüfsystem aufbauen.
Trotzdem dürften zusätzliche Kosten anfallen. Wie hoch sind die?
Jürgens: Für die Nutzung des Siegels erhebt die ZKHL bei allen Vertragsnehmern eine jährliche Nutzungsgebühr, die sich am Umfang der Zeichennutzung bemisst. Dabei werden die Produkte im Bereich der Handelsmarken durch das jeweilige Handelsunternehmen lizensiert, das auch die Gebühren übernimmt. Für Hersteller fallen nur dann Gebühren an, wenn sie Produkte unter ihrer Eigenmarke ausloben. Das Thema „Kosten“ wird nicht der wesentliche Faktor für den Erfolg und die Akzeptanz des Herkunftskennzeichens im Markt sein.
Was ist denn der Faktor für den Erfolg? Setzen Sie sich Ziele und Fristen für die Marktanteile in den einzelnen Produktgruppen?
Jürgens: Die ZKHL macht keine Vorgaben zu Marktanteilen. Das wird sich im freien Wettbewerb entwickeln. Hier sind vor allem Verbraucher und Verbraucherinnen gefragt, die letztlich die Wahl treffen und zukünftig hoffentlich mithilfe des neuen Herkunftskennzeichens gezielt nach diesen Produkten greifen. Das Herkunftskennzeichen Deutschland ist eine freiwillige Initiative. Jeder Lebensmittelhändler bzw. jeder Hersteller entscheidet selbst.
Wir haben von Beginn an eine hohe Nachfrage nach der Zeichennutzung."
Das klingt etwas unverbindlich. Befürchten Sie nicht, dass das Siegel am Ende in der Nische bleibt oder nur dort eingesetzt wird, wo ohnehin mehr als ausreichend „deutsche“ Ware verfügbar ist?
Jürgens: Wir sind sehr optimistisch, was den Einsatz des Zeichens angeht. Wir haben seit Beginn im April 2024 eine hohe Nachfrage nach der Zeichennutzung und viele Vertragsabschlüsse in allen Produktgruppen. Darüber hinaus erhalten wir immer wieder Anfragen nach weiteren zeichenfähigen Produkten. Von daher scheint es momentan nicht darauf hinauszulaufen, dass das Zeichen nur in Nischen eingesetzt wird.
Was können Landwirte tun, damit ihre Erzeugnisse am Ende das Siegel auch tragen?
Jürgens: Die Zeichennutzung findet bei den Lebensmittelherstellern und -händlern statt. Sofern Landwirte keine eigenen Endprodukte mit dem Zeichen ausloben und an Verbraucher vermarkten wollen, müssen sie sich auch nicht registrieren und einen Vertrag abschließen. Die Verarbeitungsstufe entscheidet, welche Produkte das Zeichen tragen. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse brauchen allerdings eine klare und vollständige Herkunftsdeklaration.
Mehrerlöse sind angesichts des harten Wettbewerbs unrealistisch."
Was erhoffen sich die Bauern von dem neuen Siegel?
Jürgens: Die Landwirtschaft hat bei ihren Protesten der letzten Jahre stets die bessere Sichtbarkeit der deutschen Erzeugnisse gefordert. Die Bauern erhoffen sich eine Präferenz der Verbraucher und Verbraucherinnen für heimische Erzeugnisse, um so die Zukunft unserer Betriebe zu sichern.
Gibt es denn auch mehr Geld auf den Höfen?
Jürgens: Die Forderung „mehr Geld auf die Höfe“ ist verständlich, aber dass Produkte mit dem „Herkunftskennzeichen Deutschland“ sofort Mehrerlöse bringen, ist angesichts des harten Wettbewerbs unrealistisch. Das eigentliche Ziel ist es, auch morgen noch produzieren zu können, weil es eine gezielte Nachfrage nach meinen Produkten gibt.