Überraschung: Brüssel schätzt EU-Getreideerzeugung 2024 jetzt so niedrig wie zuletzt vor 13 Jahren. Die Folgen: Die europäischen Vorratsbestände schrumpfen um fast ein Viertel, um den Bedarf decken zu können.
EU-Getreideernte 2024 auf niedrigsten Stand seit über einem Jahrzehnt
In der Ende Oktober veröffentlichten Ernteschätzung hat die EU-Kommission (EU-KOM) das vorläufige Ergebnis der Getreideernte 2024 mit rund 255 Mio. t nochmal deutlich niedriger angesetzt als im Vormonat. Das Ergebnis liegt um knapp 5 % unter dem schon schwachen Vorjahr. Zum Vergleich: Das 5-Jahresmittel liegt bei 280,5 Mio. t. Im längerfristigen Mehrjahresvergleich fällt die Ernte 2024 noch schlechter als vor 13 Jahren aus. Erstmals deckt die laufende Ernte nicht den Verbrauch eines Jahres.
Verbrauch konstant, aber nicht gedeckt
Der Verbrauch in Höhe von 257 Mio. t soll weitgehend konstant bleiben. Im Handel mit Drittländern sieht Brüssel auf der Importseite 31,2 Mio. t, die im Wesentlichen durch Maiseinfuhren von 19 Mio. t und Qualitätsweizenimporten von rund 10 Mio. t abgedeckt werden. Die EU-Exporte sollen rund 39 Mio. t betragen und werden größtenteils von 25 Mio. t Weizen und 10 Mio. t Gerste ausgefüllt.
Endbestände ein Viertel kleiner
Die errechenbaren Endbestände schrumpfen um 9,4 Mio. t bzw. rund 24 %, davon zu zwei Drittel im Weizensektor.
Das Gesamtergebnis lässt sich zunächst zurückführen auf eine um -4,4 % kleinere Anbaufläche infolge der ungünstigen Wetterverhältnisse bei der Aussaat und einen geringeren Flächenertrag mit regional teils fehlenden, teils zu reichlichen Niederschlägen von durchschnittlich nur 50 dt/ha (Vorjahr rd. 55 dt/ha)
Bei den einzelnen EU-Erzeugungsländern fallen vor allem die schlechten Ernten in Frankreich mit -18 %, in Ungarn mit -16 %, in Rumänien mit -10,5 %, in Deutschland mit -9 % und in Italien mit -8,7 % im Mehrjahresvergleich besonders ins Gewicht.
Größtes Minus beim Weizen
Bei den einzelnen Getreidearten muss Weizen die größten Einbußen mit rd. -17 Mio. t bzw. knapp -10 % weniger als im Vorjahr hinnehmen. Im Falle von K.-Mais werden Ernteminderungen von -6,5 Mio. t bzw. -7,5 % gerechnet. Dagegen wird bei Winter- und Sommergerste zusammen eine etwas höhere Produktionsmenge aufgrund des verstärkten Anbaus der Sommerung infolge ausgefallener Wintersaaten ermittelt. Ähnlich ist es beim Hafer mit einem Zuwachs von +36 %, spielt aber aufgrund des geringen Umfanges (3 %) keine ausschlaggebende Rolle.
Damit dürfte es in der ersten Jahreshälfte 2025 bis zur neuen Ernte – auch unter Berücksichtigung der Weltmarktlage - bei der Versorgung eng werden mit entsprechenden Folgen für die Preisbildung.