Heribert Breker von der Landwirtschaftskammer NRW hat sich die Lage auf dem Getreidemarkt genauer angeschaut.
In wenigen Tagen am 18. Juli 2023 endet das bisherige Abkommen gesicherter ukrainischer Transporte durch das Schwarze Meer. Russland hat angekündigt, die vertragliche Abmachung nicht fortzusetzen, weil die russischen Gegenforderungen auf Aufhebung der westlichen Sanktionen nicht erfüllt worden seien. Im Wesentlichen geht es um die für Russland gesperrte finanzielle Abwicklung internaler Handelsgeschäfte über die Zentralbank SWIFT. Auch der russische Düngemittelexport werde immer noch behindert.
30 Mio. t Exportvolumen
An den Verhandlungen ist auch die Welternährungsbehörde (WHO) und der Ministerpräsident Erdogan beteiligt. Die Türkei hat immerhin fast ein Drittel ihrer Getreideimporte aus der Ukraine bezogen. Selbst China hat in den letzten beiden Jahren beachtliche ukrainische Mengen erhalten. Beide Länder können großen Einfluss auf Russland ausüben. Die großen Weizenimportgebiete Ägypten und Marokko waren bislang zu 25 % auf ukrainische Weizen angewiesen. Indonesien gehört mit 23 % Anteil ebenfalls zu den maßgeblichen Empfängern.
Das ukrainische Exportvolumen durch das Schwarze Meer wird auf rd. 30 Mio. t geschätzt; das entspricht etwa 8 % des Welthandels mit Getreide und hat dementsprechend starke Bedeutung für die Versorgungslage.
Was wäre wenn…?
Zu den möglichen Folgen gehen die Meinung am Markt weite auseinander. Die einen sagen, dass ein möglicher Transportstopp gravierende Folgen für die Preisentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten haben werde. Die anderen meinen, die Preiswirkung werde überschätzt, denn schon jetzt warten auf Schiffen verladene 1,3 Mio. t Getreide, Mais& Co. auf Abfertigung, weil Russland die vereinbarten Kontrollen boykottiert. Der Rückstau in den Hafensilos ist beachtlich und die neue Ernte ist in vollem Gange.
Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Denn klar ist auch: Die Auswege über den rumänischen Hafen Constanta hat bereits seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Der Landweg mit LKW, Bahn und Binnenschifffahrt durch Polen und andere osteuropäische Länder ist auf den Transitverkehr beschränkt nachdem dort preisdrückende Mengen in den Ländern hängen geblieben sind. Es ist fraglich, ob über diesen Weg noch viel mehr Ware auf den Weltmarkt gelangen kann.