Der Druck des Lebensmitteleinzelhandels auf die Schlachtunternehmen, Rindfleisch aus Haltungsform (HF) 3 zu liefern, nimmt zu. Das betrifft nicht nur Jungbullen, sondern immer stärker auch Schlachtkühe.
Die Westfleisch, bisher größter Rinderschlachter in Deutschland bestätigt das. „Wir erleben eine unverändert dynamische Entwicklung der Nachfrage des Handels nach HF 3-Kühen“, erklärt das Unternehmen auf Anfrage.
Schlachter suchen HF3-Kühe
Der Fleischvermarkter will deshalb die Schlachtung dieser Tiere ausdehnen. Man habe weitere Kapazitäten zur Vermarktung von Schlachtkühen, erläutert die Westfleisch. „Unser Ziel ist es, zusätzliche HF 3-Lieferanten für unser Programm „Gute Haltung – direkt von Bauern“ zu gewinnen.“
Auch Tönnies sucht weitere HF 3-Kühe. „Die Nachfrage steigt stabil an, hier wachsen wir entsprechend“, sagt Gunnar Rohwäder, Manager Landwirtschaft bei der Tönnies Rind GmbH. Man sei stets offen für HF 3-Schlachtkühe und -Schlachtbullen, um die Unterversorgung im Handel so gering wie möglich zu halten.
„Alle müssten umstellen“
Allerdings gibt es laut der Westfleisch noch viel zu wenig Kühe, um die Nachfrage zu bedienen: „Das Angebot seitens der Erzeuger ist bei weitem noch nicht ausreichend, um die geforderten Mengenvorgaben des Handels zu erfüllen.“ Um dies zu erreichen, müssten alle Molkereien auf QM++ und alle Milchviehhalter auf HF 3 umstellen, ist man bei der Westfleisch überzeugt.
Derzeit stehe man in intensivem Austausch mit großen Molkereien, die ihre Lieferstrukturen rasch an die neuen Anforderungen anpassen wollen. Milchviehbetriebe würden sukzessive und zügig auditiert, wodurch sich die Lieferbasis kontinuierlich erweitere und die Verfügbarkeit erhöhe.
Doch nicht überall scheint das Angebot knapp zu sein. Josef Ebert, Geschäftsführer der Raiffeisen Viehzentrale GmbH mit Sitz in Wolpertshausen bezeichnet die Nachfrage als „stabil und gut“. Das Angebot wachse aber gut mit, sodass es ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gebe.
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Haltungsform 3-Schlachtkühe sind derzeit so stark gefragt, dass das Angebot nicht ausreicht.
Milchviehbetriebe mit Zertifizierung nach QM++ oder DLG-Silber müssen sich nicht mehr separat für Haltungsform 3 auditieren lassen.
Der durchschnittliche Aufschlag liegt nur bei 15 ct/kg SG. Die VVG Bayern eG zahlt 30 bis 40 ct/kg SG.
40 Siegel für Rinder aus HF 3
Sebastian Brandmaier, Geschäftsführer der Viehvermarktungsgenossenschaft (VVG) Oberbayern-Schwaben berichtet hingegen von einem massiven Nachfrageüberhang: „Das Angebot ist nicht ausreichend, wir könnten unsere derzeitigen Lieferungen vervielfachen.“
Dass fast jeder in der Wertschöpfungskette in die Erfassung, Schlachtung und Vermarktung von Rindern bzw. Rindfleisch mit HF 3 einsteigen will, zeigt die Vielzahl der Labels. Die Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung, die die Kriterien für die Haltungsformen festlegt, hat bereits 40 Siegel für Rinder mit HF 3 anerkannt.
Niederrhein: 30 bis 40 % der Kühe aus HF3
Am Niederrhein werden derzeit 30 bis 40 % der Schlachtkühe als HF 3-Tiere vermarktet, sagt Dr. Frank Greshake von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Das liege daran, dass mehrere Molkereien HF 3-Milch von Milcherzeugern erfassen, die nach QM++ zertifiziert sind. Eine Molkerei erfasst auch HF 4-Milch.
Die Zertifizierung nach QM++ reicht den Schlachtbetrieben für die Anerkennung der Kühe als HF 3-Tiere. Auch das Weiterleiten der Daten von den Molkereien an die Schlachtbetriebe scheint zu funktionieren, nachdem es anfangs damit noch Probleme gab. Milcherzeuger ohne QM++-Zertifizierung können sich auch separat für die höhere Haltungsform zertifizieren lassen. Die Begeisterung dafür hält sich aber in Grenzen.
Aufschlag von 15 ct/kg SG
Das liegt nicht nur an den Kosten, die je nach Dienstleister zwischen 150 und 300 € pro Jahr liegen. Viele Betriebe wollen nicht noch ein zusätzliches Audit über sich ergehen lassen, zumal der Aufschlag für HF 3-Kühe bescheiden ist. Laut VEZG-Notierung liegt er bei durchschnittlich 15 ct/kg SG. Betriebe mit vorhandener Zertifizierung nach QM++ nehmen den Zuschlag zwar mit, stehen dem Ganzen aber ebenfalls skeptisch gegenüber, sagt Greshake.
Dass sich höhere Zuschläge durchsetzen lassen, zeigt die Viehvermarktungsgenossenschaft (VVG) Bayern eG, die bis zu 40 ct/kg SG für HF 3-Kühe mit bayerischer Herkunft zahlt.