Beim Thema Schlachtkühe aus höheren Haltungsformen (HF) packt Sebastian Brandmaier schnell der Ehrgeiz als Viehvermarkter. „Jeder sucht die HF 3-Kuh. Wir haben einen enorme Nachfrage und könnten unsere Lieferungen vervielfachen“, sagt der Geschäftsführer der Viehvermarktungsgenossenschaft (VVG) Bayern eG Ende Oktober. Die VVG erfasst Nutz- und Schlachtvieh in Süddeutschland und Österreich, wobei die Vermarktung von Kühen seit jeher eine große Rolle spielt.
Derzeit erfasst die VVG pro Woche 70 bis 80 HF 3-Kühe mit bayerischer Herkunft. „Wir wollen die Menge aber zeitnah auf 200 Stück pro Woche erhöhen“, sagt Brandmaier. Die Tiere gehen vorwiegend in das Programm „Bayerisches Bauernrind“ von Rewe, für das der Lebensmitteleinzelhändler jährlich rund 17.000 Tiere benötigt.
Zuschuss für Zertifizierung
Um ausreichend Tiere zu bekommen hat Brandmaier sein Programm „GrünlandKuh“, das einen Grünland- und Ackergrasanteil von insgesamt 40 % der landwirtschaftlichen Fläche, bayerische Herkunft, QS und GVO-freie Fütterung vorschreibt, um die „GrünlandKuh 3.0“ erweitert. Betriebe, die bereits über ihre Molkerei als QM++ oder DLG Silber zertifiziert sind, haben diesen Status automatisch. Die übrigen Betriebe können sich separat für die HF 3 zertifizieren lassen.
Für die die VVG erledigt das die Gesellschaft für Qualitätssicherung in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft (QAL) GmbH. Dort ist die Zertifizierung sehr günstig, weil Bayern die Kosten von 145 € pro Betrieb im Rahmen eines Förderprojektes bis 1. März 2025 mit 50 % bezuschusst. Die Anmeldung und Förderabwicklung läuft über die Landwirtschaftliche Qualitätssicherung Bayern GmbH (LQB). Somit bleiben für den Rinderhalter nur noch Kosten für die HF 3-Zertifizierung von 72,50 € pro Betrieb und Jahr.
30 bis 40 ct Aufschlag pro kg Schlachtgewicht
Auf der anderen Seite zahlt die VVG für die GrünlandKuh 3.0 einen Zuschlag von 40 ct/kg Schlachtgewicht (SG). Für eine Fleckviehkuh mit 400 kg SG ergibt das bei der Abrechnung ein Plus von 160 €.
Rinderhalter mit dem Herkunftssiegel Geprüfte Qualität Bayern (GQB), das QS beinhaltet, und der HF 3-Zertifizierung bekommen immerhin noch einen Aufschlag von 30 ct/kg SG für Schlachtkühe, also das Doppelte der derzeitigen VEZG-Notierung. „Wir können diesen Aufschlag bei unseren Abnehmern durchsetzen und ich verstehe nicht dass die HF 3-Kühe andernorts so billig abgegeben werden“, wundert sich Brandmaier. „Wir dürfen doch ein so gefragtes und knappes Gut wie die HF 3-Kuh nicht unter Wert verkaufen“, appelliert der Viehvermarkter an seine Berufskollegen.
Für die Hölzl-Steig GbR im Rottal, die 140 Kühe in Laufställen mit offenen Seitenwänden hält, war sofort klar, dass sie teilnimmt. Ihr Abnehmer, die Molkerei frischli in Eggenfelden, hat derzeit zwar noch keine eigene Verarbeitung für HF 3-Milch. Sie hat aber bereits einige Lieferanten nach QM++ zertifizieren lassen und die Kosten dafür übernommen, so auch die Hölzl-Steig GbR.
5.000 bis 6.000 € mehr pro Jahr
„Wir haben somit keinen zusätzlichen Aufwand, auf der anderen Seite aber beim Verkauf von rund 35 Schlachtkühen pro Jahr einen Mehrerlös von 5.000 bis 6.000 €“, freut sich Johannes Hölzl.
„Wir dürfen ein so knappes Gut wie die HF 3-Kuh nicht unter Wert verkaufen.“
Ähnlich geht es Sebastian Niederreiter und seiner Familie. Der Milchviehbetrieb mit Laufstall, Laufhof und Weide im niederbayerischen Massing ist nach DLG Gold zertifiziert und verkauft seine Milch als HF 4-Ware an die Molkerei Bechtel. Weil er bei der Klimabilanz im molkereiinternen Vergleich im vorderen Drittel rangiert, beträgt der Zuschlag 6 ct/kg Milch.
Seine Fleckviehkühe hat er bisher konventionell vermarktet. Mit der HF 4-Zertifizierung und dem Grünland- und Ackergrasanteil von über 40 % erfüllt er aber die Kriterien für die Grünlandkuh 3.0, sodass er nun den Zuschlag von 40 ct/kg SG erhält.
Eine Vermarktung als HF 4-Qualität ist noch nicht möglich. „Uns fehlen die Betriebe, um ausreichende Mengen zusammenzubringen“, sagt Brandmaier. Zudem könnten niedrigere Biozuschläge zum Problem werden. Das würde dazu führen, dass Biobetriebe ihre Tiere über das GrünlandKuh-Programm der VVG vermarkten.