Nach den vorläufigen Zahlen zum Agrarexport des Jahres 2024 erwartet die German Export Association for Food and Agriproducts GEFA (GEFA) ein Rekordhandelsbilanzdefizit von über 21,5 Mrd. € beim Außenhandel mit Produkten der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Das Handelsbilanzdefizit steigt nach dieser Prognose um 6,5 % zum Vorjahr an.
Den deutschen Einfuhren zum Oktober 2024 in Höhe von 98,5 Mrd. € (+1,6 %) standen deutsche Ausfuhren im Wert von nur 81,1 Mrd. € (+0,9 %) gegenüber. Der langjährige Negativ-Trend setzt sich damit fort.
Deutschland hinkt hinter Wettbewerbern hinterher
Die deutsche Agrar- und Ernährungsbranche verzeichnete nach der ersten Hochrechnung der GEFA für das Jahr 2024 einen Exportwert in Höhe von 97,5 Mrd. € (+1,7 %). Mit ihrem Exportwachstum im Vergleich des Jahres 2023 zum Vor-Corona-Jahr 2019 liegt die Branche allerdings deutlich unter dem Welt- und EU-Durchschnitt und hinter wichtigen Wettbewerbern.
„Das kann nicht unser Anspruch sein“, sagte Hartmut Kretschmer, Sprecher der GEFA und DMK Deutsches Milchkontor am Mittwoch in Berlin. „Einen weiteren Rückgang dürfen wir auch mit Blick auf unseren Beitrag zur Ernährungssicherheit in der Welt nicht zulassen. Wir brauchen eine neue Herangehensweise.“
Agrarministerium betreibt zu wenig Exportförderung
Die Vertreter der GEFA fordern daher eine Neuausrichtung der Exportunterstützung des Bundesagrarministeriums (BMEL). „Es ist an der Zeit, anzuerkennen, dass die Agrar- und Ernährungsbranche viertstärkste Exportnation der Welt und fünftstärkste Branche in Deutschland ist. Basis dafür sind die hochwertigen und sicheren Produkte. Ebenso ist es Zeit, den Beitrag des Agrarexports zur Standort- und Resilienzsicherung der Unternehmen angemessen zu würdigen“, so Kretschmer weiter.
Die Branche verdient inzwischen jeden dritten Euro im Export, jeder vierte Arbeitsplatz in vorwiegend strukturschwachen Regionen hängt davon ab. „Der Standort Deutschland leidet unter zu viel Bürokratie, hohen Energiekosten und politischer Unsicherheit. Hinzu kommt eine im Vergleich zu anderen Ländern schwache Exportförderpolitik“, sagt Jan-Bernd Stärk, stellvertretender Sprecher der GEFA und Leiter Export EU-Ost/Drittland, Westfleisch SCE mbH. „Wir brauchen endlich eine integrierte Strategie, welche die Öffnung und den Erhalt von Absatzmärkten mit der Exportförderung verbindet und, wo erforderlich, auch politisch untermauert“, so Stärk weiter.
Jan-Bernd Stärk, Stellvertretender Sprecher des GEFA, brachte es in seinem Vortrag auf den Punkt: Alle Industrienationen wachsen 2025 schneller als Deutschland laut OECD-Prognose. Hohe Energiekosten und Auflagen sowie die Sozial-, Umwelt-, Produktionsstandards belasten die Unternehmen. Dazu kommen eine sehr hohe Bürokratie und eine unzureichende Digitalisierung.
Tierseuchen schränken Marktzugänge ein
Nicht zu vernachlässigen seien auch weitere erhebliche Einschränkungen bei den Marktzugängen z.B. durch Tierseuchen wie die Afrikanische Schweinepest, die Geflügelpest und die Blauzungenkrankheit.
Die Branche benötigt ein klares Bekenntnis zum Agrarexport
Die Forderungen
Die Mitglieder der GEFA fordern:
1. Die Branche benötigt ein klares Bekenntnis zum Agrarexport
Die Bedeutung des Exports für die Branche sollte, wie in EU-Mitgliedstaaten üblich (Frankreich / Niederlande), erkannt und auf höchster politischer Ebene verankert werden.
Einsetzung eines Export-Verantwortlichen auf Staatssekretärs-Ebene mit aktiver Unterstützung (Stabstelle Koordination Export).
2. Implementierung einer integrierten Strategie zur Agrarexportförderung
abgestimmte Vorgehensweise im Haus des BMEL zur Stärkung des Exports: Fachreferate (für Marktzugang), Messen, Exportförderung
stärkere Einbeziehung der Botschaften im Ausland: EL-Referenten als aktive Partner der Wirtschaft
3. Umsetzung einer proaktiven Wirtschaftsdiplomatie
Marktzugangsfragen müssen Priorität im politischen Handeln erzielen.
EL-Referenten: Exportanalysen, Kontaktpflege und Aufbau strategischer Netzwerke
4. Weiterentwicklung des Exportdialogs mit der Wirtschaft
„Runder Tisch Export“ als Verbändegespräch mit der BMEL-Hausspitze
Zweimaliges Verbändegespräch pro Jahr mit dem neuen „Export-Staatssekretär“