Für top agrar beleuchtet Thomas Els, Bereichsleiter der Verbraucherforschung bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), was wirklich auf den Tellern deutscher Verbraucher landet. Er analysiert seit über 20 Jahren das Konsumverhalten der Verbraucher bei Nahrungsmitteln.
Die Menschen in Deutschland äußern gerne hohe Ansprüche an die Produktion und Qualität ihrer Lebensmittel. Laut Ernährungsreport, der alljährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durchgeführt wird, ist Geschmack das wichtigste Kriterium beim Kauf von Lebensmitteln. Schon bald darauf folgen saisonales Obst und Gemüse, die Haltungsform bei tierischen Erzeugnissen und eine regionale Herkunft der Lebensmittel. Erst deutlich später taucht der Preis als Auswahlkriterium in dieser Rangliste auf.
Widersprüche zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Die Vermutung liegt nahe, dass diese Ergebnisse überzeichnet sind. Man spricht von sozialer Erwünschtheit, wenn die Antworten in diese Richtung verzerrt sind. Wie weit Wunsch und Wirklichkeit auseinander liegen können, zeigen Ergebnisse des Öko-Barometers des BMEL. Demzufolge griff 2022 nach eigenen Angaben fast ein Drittel der Befragten ausschließlich nach Eiern aus ökologischer Erzeugung. Ein weiteres knappes Drittel gab an, dies zumindest häufig zu tun. Tatsächlich stammte 2022 aber nur jedes sechste gekaufte Ei aus ökologischer Erzeugung.
Anteil der Veganer und Vegetarier unverändert
Der Wert der alljährlichen Befragungen liegt dennoch darin, Stimmungen und Trends erkennbar zu machen. Entstand zum Beispiel der Eindruck, dass immer mehr Menschen in Deutschland auf den Verzehr von Fleisch verzichten, so zeigt der aktuelle Ernährungsreport, dass dem nicht so ist. Der Anteil der Veganer und Vegetarier lag 2024 insgesamt bei 10 % und zeigte sich im Vergleich zur Vorjahresbefragung unverändert. Der rückläufige Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch resultierte in erster Linie daraus, dass die übrigen 90 % im Mittel seltener Fleisch verzehrten.
Überzeichnet oder nicht, der anspruchsvolle Verbraucher bietet auch Potenzial für die heimische Land- und Ernährungswirtschaft. Diese ist im Vorteil, wenn es um den Wunsch nach Saisonalität und Regionalität geht. Und Tierwohl ist ein Kriterium, das zwar nicht für den internationalen Markt taugt, aber auf dem nationalen Markt auch weniger Konkurrenz aus dem Ausland erwarten lässt.
Bleiben wir beim Beispiel Eier: Nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft lag der Selbstversorgungsgrad 2023 bei rund 73 %. Das heißt, knapp drei Viertel des Inlandsbedarfs wurde durch heimische Ware gedeckt. Beim Kauf von Eiern aus Haltungsformen mit Auslauf, der zudem deutliche Preisaufschläge gegenüber Standardware bedeutete, lag der Mengenanteil um die 90 %.
top agrar-Rubrik "Der Blick von außen"
Dieser Text stammt aus der Rubrik "Der Blick von außen", die jeden Monat in der top agrar-Heftausgabe erscheint. Der Streitpunkt zeigt, wie die Landwirtschaft von außen gesehen wird und ist nicht die Meinung der Redaktion. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar weiter unten.