Unser Autor: Christian Emsenhuber, Referat Pflanzenschutz, LK Niederösterreich, St. Pölten
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In den kommenden Wochen stehen Behandlungen gegen Unkräuter und Ungräser im Wintergetreide im Fokus. Dabei stellen Herbizidresistenzen eine wachsende Herausforderung dar.
Besonders Getreideungräser wie Windhalm und Raygras (Weidelgras) sind zunehmend gegen Herbizide resistent und machen Probleme.
Herbizide wirken oft nur unzureichend bei größeren Pflanzen. Deshalb wird eine frühzeitige Anwendung gemäß Vegetationsbeginn empfohlen.
In den kommenden Wochen stehen auf vielen Betrieben wieder Behandlungsmaßnahmen gegen Unkräuter und Ungräser im Wintergetreide an. Speziell bei der Bekämpfung im Frühjahr beispielsweise von Ackerfuchsschwanzgras, Raygräsern (Weidelgräser), Trespen-Arten oder Windhalm stießen viele in den vergangenen Jahren immer wieder an Grenzen. Minderwirkungen waren oft das Ergebnis, wobei es diverse Ursachen gibt: Falsche Produktauswahl, zu späte Einsatzzeitpunkte, unzureichende Witterungsverhältnisse oder Herbizidresistenzen.
Ungräser öfter resistent
Die Häufung von Minderwirkungen bei der Ungräserbekämpfung in vielen Ackerbauregionen veranlasste zu Resistenzuntersuchungen. Mehrere Nachweise verdeutlichten, dass Herbizidresistenzen eine wachsende Herausforderung sind. Hauptbetroffen ist momentan der Windhalm, wobei Herbizidresistenzen auch beim Ackerfuchsschwanz, bei Trespen-Arten und speziell bei Raygräsern (Weidelgräser) auf dem Vormarsch sind.
Die Ausbildung von Resistenzen bei Unkräutern und Ungräsern gegen Wirkmechanismen von Herbiziden ist ein natürlicher Vorgang. Es ist der evolutionäre Prozess, bei dem sich Organismen an neue Umweltbedingungen anpassen. Für den Bewirtschafter bedeuten Resistenzen oft massive Mehrkosten beim Pflanzenschutz – durch mehr Überfahrten und die Verwendung alternativer, oft teurer Produkte.
Meist teure Angelegenheit
Bei Herbizidresistenzen muss mangels chemischer Alternativen häufig auf die mechanische Unkrautregulierung zurückgegriffen werden. Gewisse Kulturen sind ohne wirksame Herbizide nur sehr eingeschränkt kultivierbar. Letztendlich sind Resistenzen für den Betriebsführer immer eine unangenehme und meist teure Angelegenheit. Das Ziel der Anwender sollte es sein, Resistenzentwicklungen möglichst zu verhindern, indem man alle verfügbaren ackerbaulichen Maßnahmen zu einem nachhaltigen Resistenzmanagement verknüpft.
Oft werden Resistenzen nicht erkannt und auf Fehler in der Anwendung zurückgeführt. Wer wirklich sichergehen möchte, der kann mittels einer gezielten Resistenzanlayse der Sache auf den Grund gehen. Am besten nimmt man hierfür Kontakt mit der Beratung auf.
Bisher wurden auf diesem Wege eine Fülle an Verdachtsfällen beprobt, wobei sich diese überwiegend als Herbizidresistenzen herausstellten. Die Wirkstoffgruppe der ALS-Hemmer (enthalten z. B. in Broadway Plus, Atlantis OD, Husar OD, Husar Plus, Avoxa) ist hauptbetroffen von den Resistenzentwicklungen bei Ungräsern.
Resistenzen gegen ACCase-Hemmer, welche die klassischen Gräserherbizide (z. B. Axial 50, Centurion Plus, Focus Ultra, Fusilade Max, Targa Super) umfassen, wurden nachgewiesen. Praktisch fast alle gräserwirksamen Herbizide für das Getreide im Frühjahr basieren auf einem dieser zwei Wirkmechanismen. Leider gibt es vereinzelt Standorte, auf denen beide Resistenzen auftreten, hier ist eine Ungräserbekämpfung mit Herbiziden im Frühjahr unmöglich.
Intelligentes Herbizidmanagement
Ein Teil eines nachhaltigen Resistenzmanagements ist ein wohlüberlegter Wirkstoffwechsel, zu dem im Getreideanbau zwangsläufig ein Herbstherbizideinsatz gehört. Ein intelligenter und nachhaltiger Einsatz der resistenzanfälligen Frühjahrsgetreideherbizde gehört dazu. Eine allgemein sehr wirksame Maßnahme zur Resistenzvorbeugung ist der Einsatz von Glyphosat vor der Aussaat zur Beseitigung von Altverunkrautung oder eben auch Verungrasung. Selektive Herbizide weisen bei größeren Pflanzen oft nur unzureichende Wirksamkeiten auf und stoßen so an ihre Grenzen.
Außerdem braucht es die volle Ausschöpfung der Wirksamkeiten eingesetzter Pflanzenschutzmittel. Von einer Reduktion der Aufwandmengen sollte deshalb Abstand genommen werden.
Resistenzmanagement
7-Punkte-Programm für die Praxis
Herbizidresistenzen können zu jeder Zeit zufällig auf den Feldern auftreten. Je größer die Unkrautpopulation bei der Herbizidanwendung ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer resistenten Pflanze. Nicht nur aus diesem Grund macht es Sinn, das Samendepot im Ackerboden gering zu halten.
Das Unterbinden des Aussamens von Unkräutern und Ungräsern ist dafür ein maßgeblicher Faktor.
Ein weiterer wichtiger Beitrag zum vorbeugenden Unkrautmanagement ist eine ausgewogene Fruchtfolge, wobei sich Sommerungen und Winterungen zu ca. 50 % die Waage halten sollten. Häufig treten Resistenzen bei sehr einseitigen Fruchtfolgen auf, welche oft zwangsläufig von einer einseitigen Herbizidabfolge begleitet sind.
Die Bodenbearbeitung ist bekanntlich eine integrierte Pflanzenschutzmaßnahme gegen Unkräuter und Ungräser. Wird diese reduziert durchgeführt, kann das den Resistenzdruck noch weiter erhöhen.
Großen Einfluss auf den Unkraut- und Ungrasdruck hat auch der Saatzeitpunkt. Ein um drei Wochen verzögerter Saatzeitpunkt kann die Keimrate der Ungräser um etwa 50 % reduzieren. Gerade Ackerfuchsschwanz, Raygräser oder Trespen machen eine Spätsaat beim Getreide oft alternativlos. Herbizidresistenzen sind grundsätzlich hausgemacht und somit betriebs- oder sogar feldspezifisch.
Wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen, können solche Samen auch über Bodenbearbeitungsgeräte, Erntemaschinen oder auch verunreinigtes Saatgut von Feld zu Feld oder von Betrieb zu Betrieb verschleppt werden. Nach Möglichkeit sollten besonders jene Felder oder Feldbereiche, auf denen überbetriebliche Erntemaschinen mit der Arbeit begonnen haben, in der Folge besonders auf etwaigen Unkrautdurchwuchs kontrolliert werden.
Bei Fremdbefruchtern wie beispielsweise Raygräsern können sich die Resistenzen auch über den Pollen bzw. die Bestäubung weiter verbreiten.
Welche Mittel fürs Frühjahr?
Das am einfachsten bekämpfbare Ungras ist der Gemeine Windhalm. Dieser lässt sich mit allen gräserwirksamen Getreideherbiziden erfassen. Dies können zum einen die bereits erwähnten ALS-Hemmer z. B. Atlantis OD, Broadway Plus, Husar OD, Husar Plus, oder Altivate sein.
Die zweite Möglickeit wären die ACCase-Hemmer wie z. B. Axial 50, Axial Komplett oder Puma Extra. Mit Avoxa gibt es ein Produkt, dass beide Wirkmechanismen vereint. Besonders aus Resistenzgründen können gegen den Gemeinen Windhalm auch Produkte wie Lentipur 500 (gut wirksam gegen Einjährige Rispe) oder Artist (bei ausreichend Bodenfeuchtigkeit) im Frühjahr zum Einsatz kommen.
Ackerfuchsschwanzgras und Raygräser lassen sich mit den vollen Aufwandmengen unter anderem folgender Produkte bekämpfen: Atlantis OD, Broadway Plus, Altivate, Avoxa, Axial 50, Axial Komplett, Husar Plus oder Puma Extra. Die einzigen Produkte mit Gerstenzulassung aus dieser Gruppe sind Axial 50 und Axial Komplett. Deren Einsatz in anderen Kulturen sollte wohlüberlegt sein, um sie nicht zu überlasten und künftig als verlässliche Produkte in der Gerste zu verlieren. Gerade Axial 50 ist für seine Kältetoleranz (leichte Nachtfröste von -2 bis -3 °C) und die Verträglichkeit durch seine Safenertechnologie bekannt.
Taube Trespe zählt zu den schwer bekämpfbaren Ungräsern. Diese lässt sich ausschließlich mit ALS-Hemmern (z. B. Atlantis OD, Avoxa, Broadway Plus oder Husar Plus) bekämpfen. Eine Trespenbekämpfung in Wintergerste im Frühjahr ist somit nicht möglich. Flughafer lässt sich als überwiegender Frühjahrskeimer praktisch nur im Frühjahr mit den ALS- oder ACCase-Hemmerprodukten ausreichend bekämpfen.
Die unterschiedlichen Wirkmechanismen der Pflanzenschutzmittel (bei Herbiziden HRAC-Codes genannt) waren bisher mit Buchstaben abgekürzt. Künftig wird das Kennzeichnungssystem auf ein Zahlensystem umgestellt. In der Übersicht 1 sind alle Herbizid-Wirkmechanismen aufgeführt.
Spritztechnik optimieren
Die Applikationstechnik gilt es zu optimieren, wobei eine gute Benetzung der zarten Gräserblätter mit moderner Injektordüsentechnik unter optimalem Spritzdruck herzustellen ist. Besonders Doppelflachstrahldüsen erweisen sich als sehr hilfreich. Es muss auf die Witterung rund um den Behandlungszeitpunkt geachtet werden. Grundsätzlich sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Bestand mindestens 60 % und die Temperatur max. 25 °C betragen. Bei Ungräsern zählt der Behandlungszeitpunkt. Bei blattaktiven Herbiziden im Frühjahr ist es wichtig diese nicht zu spät einzusetzen. Sind die Ungräser zu groß, werden sie unzureichend erfasst. Im schlechtesten Fall kann es zur Samenbildung kommen.
Ein Negativbeispiel ist der Einsatz von gräseraktiven Wirkstoffen bei bestocktem oder gar im Schossen befindlichen Ackerfuchsschwanz-, Raygras oder Trespenpflanzen im Mais oder Getreide. Neben unzufriedenstellenden Erfolgen kann das längerfristig zu Resistenzen führen.
Der optimale Zeitpunkt liegt hier in den ersten Tagen, an denen die Vegetation startet, in der Praxis startet dann oft die Forsythienblüte. Für die eigentliche Getreideunkrautbekämpfung ist es dann meist etwas zu früh. Deshalb entscheidet man sich oft für verzögerte Kompromisstermine, was der Gräserwirkung schadet. Gerade bei den frühen Gräserbehandlungsterminen besteht eine erhöhte Gefahr für Nachtfröste ebenso wie für Kaltlufteinbrüche. Beides kann zu Wirkungsschwächen und zu einer schlechteren Verträglichkeit führen.
Bei der Getreideungräserbekämpfung ist der Einsatz bodenwirksamer Herbizide im Herbst eine gute Alternative zu den fordernden Behandlungsmaßnahmen im Frühjahr. Falls ein Herbstherbizideinsatz nicht möglich oder nicht wirksam war, kann immer noch eine Korrektur im Frühjahr erfolgen.
Die Frühjahrsbekämpfung von Ungräsern und die Vermeidung von Resistenzen bei Gräserherbiziden ist ein wichtiges Thema. Dieses stellt hohe Anforderungen an das Know-how der Anwender. Wer sich damit intensiv auseinandersetzt, kann Resistenzen vermeiden und bessere Erfolge bei der Bekämpfung erzielen.