Landwirt K. (Name der Redaktion bekannt) traute seinen Augen nicht, als er die Novemberabrechnung der Salzburg Milch in der Hand hielt: Wegen Nichtteilnahme am AMA-Programm Tierhaltung+ hatte ihm sein Abnehmer das Milchgeld um 38,51 Ct/kg (brutto) gekürzt. Bei seiner Ablieferungsmenge von in diesem Monat rund 8.000 kg Milch wurden ihm pro kg 10,95 Ct, also insgesamt nur ca. 865 € ausgezahlt.
"Höherer Standard, höhere Kosten"
Landwirt K. war bis zu diesem Zeitpunkt einer von zwei Salzburg Milch-Lieferanten, die sich hartnäckig gegen die Teilnahme am Programm Tierhaltung+ weigerten. K. selbst führt dafür als Gründe an, dass er bei Teilnahme höhere Kosten für die Milchbauern befürchtet. K.: "Schließlich steigt der bürokratische Aufwand, der neben Zeit auch finanzielle Mittel verschlingt. Außerdem ist bei Teilnahme auch die Mitgliedschaft beim Tiergesundheitsdienst zwingend erforderlich."
Zudem sei die Frage offen, welche Kosten bei einem Verstoß in dem Programm auf ihn zukommen. K. bringt es auf die Formel: "Höherer Standard, höhere Kosten."
Ende Juli - und damit kurz nach der Kündigungsfrist - erhielt der Landwirt von der Molkerei ein Schreiben, dass die gesamte Heumilch und gentechnikfreie Milch des Unternehmens mit 1. Oktober auf Tierhaltung+ Standard umgestellt wird. Bei jedem Betrieb, der nicht an dem Programm teilnehme, müsse die Milch gesondert abgeholt werden. Für diesen Mehraufwand würden ab 1. Oktober 10 Ct/kg Milch netto (11,3 Ct/kg brutto) einbehalten - und nicht, wie im November erfolgt, 38,51 Ct.
Noch keine Stellungnahme der Molkerei
top agrar wollte von den Molkereiverantwortlichen wissen, ob die drastische Milchgeldkürzung tatsächlich beabsichtigt war. Geschäftsführer Andreas Gasteiger und Obmann Robert Leitner teilten dazu mit, dass man zu einem schwebenden Rechtsverfahren keine Auskunft geben werde. Gleichzeitig luden sie top agrar zu einem Interview über die Thematik ein.
"Bei 10 Ct/kg hätte ich es noch bis zum nächsten Kündigungstermin durchgezogen", meint Landwirt K. gegenüber top agrar. "Aber unter den jetzigen Voraussetzungen gab es für mich keine andere Wahl, als den Vertrag mit der Molkerei zu kündigen und mir einen anderen Abnehmer zu suchen." Schließlich gelange man "mit 865 € Auszahlungsbetrag an die Mindestsicherung einer fünfköpfigen Familie, da dieser nicht einmal den SVS-Beitrag eines Monats abdeckt". Seit Ende November liefert K. zu einem anderen Abnehmer und erhält wieder den üblichen Preis für gentechnikfreie Milch.
Kündigung nicht zugestimmt
Auf das entsprechende Schreiben an die Salzburg Milch reagierte diese am 11. Dezember mit einer Antwort durch deren Rechtsanwalt. In dem Schreiben, das top agrar vorliegt, stimmt die Salzburg Milch der vorzeitigen Kündigung von Landwirt K. nicht zu und erkennt es nicht an. Zudem halte die Salzburg Milch an die im Milchliefervertrag vereinbarten Schiedsvereinbarung im Fall von Meinungsverschiedenheiten über Auslegung und Vollzug des Liefervertrages fest. Und man halte fest, dass der Milchliefervertrag auch während eines Schiedsverfahrens von Landwirt K. weiter zu erfüllen sei.
In dem Schreiben nimmt das Unternehmen auch zur Begründung des hohen Milchgeldabzuges Stellung: "Die nicht nachvollziehbare, willkürlich anmutende Weigerung, Ihren Betrieb für das AMA-Gütesiegel "Tierhaltung plus" zu zertifizieren, verursacht einen erheblichen Mehraufwand. Ihre Milch, die nicht mit der Milch zertifizierter Betriebe vermischt werden darf, muss separat abgeholt, verarbeitet und vermarktet werden, was nicht zu Lasten der Salzburg Milch gehen kann, sodass dies die dementsprechende Reduktion des Auszahlungspreises rechtfertigt." Am Ende fordert die Salzburg Milch über ihren Rechtsanwalt den Landwirt auf, die bestehenden Vertragspflichten durch Teilnahme an der Milchanfuhr einzuhalten. Ansonsten werde er der Salzburg Milch empfehlen, rechtliche Schritte einzuleiten.
Festgefahrene Situation
Landwirt K. hat inzwischen selbst nachgeforscht, was mit der im November von der Salzburg Milch beim ihm abgeholten Milch passierte. Er fuhr dafür an einem Abholtag einem Sammelwagenfahrer nach. "Der Tankwagen (Dreiachs-Lkw) ist mit nur 160 l Milch ca. 80 km nach Wasserburg (D) gefahren." K. sieht dies in einem uns vorliegenden Schreiben an die Salzburg Milch als Mangel in der Geschäftsführung. Die geringe Milchmenge erklärt sich laut K. übrigens daraus, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits einige seiner 28 Kühe verkauft, einige Kälber zur Mast zugekauft hatte und versuchte, das schon im Oktober rückläufige Milchgeld mit der Eigenproduktion von Butter, Käse und Joghurt zu kompensieren.
Der Milchbauer will die Aufforderung der Salzburg Milch zur Weiterlieferung nicht akzeptieren. In dem Schreiben an die Salzburg Milch erklärt er, dass er es "unter diesen zerrütteten Verhältnissen für meinen Betrieb nicht verantworten kann, die Salzburg Milch wieder zu beliefern". Deshalb werde er an seiner Kündigung festhalten. Er halte ein Schiedsgericht für unnötig, da dieses für beiden Seiten nur zeitaufwendig sei und sinnlose Kosten verursache. Gleichzeitig forderte er in dem Schreiben die Salzburg Milch auf, eine einvernehmliche Kündigung unter beiderseitigem Verzicht auf jeglichen Schadenersatz herbeizuführen. Landwirt K. weiter: "Sollte diese bis 2.2.2025 erfolgen, werde ich ihnen meine Genossenschaftsanteile schenken - sozusagen als Abschiedsgeschenk für die gute Zusammenarbeit."
Jetzt ist die Salzburg Milch wieder am Zug. Wir halten Sie am Laufenden, wie es in der Sache weitergeht.