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topplus top agrar-Serie VISION 2028+

Perspektiven für die Landwirtschaft

Die Vision 2028+ des Landwirtschaftsministeriums weist zentrale Zukunftsperspektiven in der österreichischen Landwirtschaft und dem ländlichen Raum auf.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autoren: Leopold Kirner und Theresa Eichhorn, von der Hochschule für Agrar- und Umwelt­pädagogik; Kim Mewes, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Der erste Beitrag einer Artikelserie fasst die zentralen Ergebnisse des Strategieprozesses zusammen.

Teil 1 von 7: Was Landwirtinnen und Landwirte erwartet

Schnell gelesen

Der Prozess  zur Vision 2028+ gliedert sich in die drei Phasen Analyse, Formulierung von Zielen und Maßnahmen und die Ableitung weiterer Zukunftsimpulse.

Das zentrale Zielbild stellt die multifunktionale Landwirtschaft mit begeisterten Menschen dar.

Die größten Herausforderungen aus Sicht der Landwirte sind Bürokratie, Einkommenssituation und Klimawandel.

Konkrete Ziele, Maßnahmen und Zukunftsimpulse setzen an diesen Herausforderungen an und sichern im besten Fall die Zukunft der Betriebe.

Eine wirtschaftlich gesunde, leistungsfähige bäuerliche Land- und Forstwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum zu erhalten, ist laut Landwirtschaftsgesetz das Ziel der österreichischen Agrarpolitik. Auch die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) verfolgt in ihren Hauptzielen eine integrierte Herangehensweise an wirtschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen, die sich im österreichischen GAP-Strategieplan widerspiegeln. In einer Zeit von Unsicherheit und Veränderung setzte das Landwirtschaftsministerium den Impuls, Perspektiven und Ziele für die heimische Landwirtschaft zu formulieren.

Aus dieser Motivation heraus und in Zusammenschau mit den gesetzlichen Zielen wurde die Vision 2028+ entwickelt. Sie suchte innovative Lösungen, welche die Resilienz der Landwirtschaft und des ländlichen Raums stärken und zielte darauf ab, zukunftsweisende Strategien für die Landwirtinnen und Landwirte aufzuzeigen.

Prozess der VISION 2028+

Der Prozess zur Vision 2028+ gliederte sich in drei Phasen. In Phase 1 von Oktober bis Dezember 2023 lag der Schwerpunkt auf der Analyse des Ist-Zustands. Dieser Teil setzte den Schwerpunkt auf die Herausforderungen, Chancen und Zukunftsstrategien für Österreichs Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Dazu gab es Befragungen mit Landwirtinnen und Landwirten, der Bevölkerung sowie Personen des vor- und nachgelagerten Bereichs und von agrarischen Verbänden. Alle drei Befragungen wurden vom Marktforschungsinstitut KeyQUEST im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums, aufbauend auf ähnlich gelagerte Telefoninterviews, durchgeführt. Darüber hinaus gab es acht Gruppendiskussionen zu verschiedenen agrarischen Themenbereichen und zwölf Einzelinterviews.

Die Ergebnisse der Phase 1 waren eine zentrale Grundlage für die Arbeit von sieben Fokusgruppen in Phase 2 von Jänner bis März 2024. Jede Fokusgruppe bestand aus zehn bis 15 Mitgliedern mit unterschiedlichen Beziehungen zur österreichischen Land­wirtschaft. In sieben strategischen Handlungsfeldern haben sie Zielbilder, Ziele und Umsetzungsmaßnahmen erarbeitet. In Phase 3 von April bis Mai 2024 wurden alle Ergebnisse aus Phase 1 und 2 zusammengetragen und um weitere relevante Zukunftsim­pulse ergänzt. Die Inhalte der sieben Handlungsfelder wurden im Rahmen eines Zusammenführungs-Workshops mit den Fokusgruppen-Leitenden finalisiert und danach redaktionell feinge­schliffen.

Zukunftsaussichten und Zufriedenheit

Von zentraler Bedeutung für die Ist-Analyse sind die Ergebnisse der repräsentativen Landwirt:innenbefragung aus Phase 1 (Ende 2023). Die Befragung umfasste insgesamt 1.505 Landwirte und Landwirtinnen in ganz Österreich. Die Ergebnisse belegen eine hohe Zufriedenheit der Landwirte und Landwirtinnen in Österreich mit der bisherigen Entwicklung ihrer Betriebe. 21 % von ihnen äußerten sich als sehr zufrieden und 39 % als zufrieden, 29 % waren weder zufrieden noch unzufrieden und weitere 11 % unzufrieden oder sehr unzufrieden. Wobei jüngere Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter zufriedener waren als ältere.

Die betrieblichen Zukunftsaussichten wurden hingegen weniger optimistisch eingestuft: Knapp 30 % bekundeten diese als negativ oder sehr negativ. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass sich der agrarstrukturelle Wandel in Österreich in den kommenden zehn Jahren nicht verschärft. Laut den Befragungsergebnissen ist mit einem Rückgang der Betriebe von ein bis eineinhalb Prozent pro Jahr zu rechnen. Denn 15 % werden laut ihren Aussagen voraussichtlich den Betrieb in den nächsten zehn Jahren einstellen. 

Konkrete Hinweise zur Betriebsentwicklung wurden in einer weiteren Frage erhoben. Bei den meisten Betrieben, so die Auswertungen, sollte sich die Faktorausstattung oder das Einkommen nicht wesentlich verändern. 27 % der Befragten wollten zum Zeitpunkt der Befragung die landwirtschaftliche Fläche, 21 % den Tierbestand und 24 % die Maschinenausstattung in den kommenden zehn Jahren erweitern.

Der Arbeitseinsatz in der österreichischen Landwirtschaft könnte sich weiter verringern, denn bei einem höheren Anteil an Befragten werden laut Einschätzungen die Arbeitskräfte weniger als mehr. Bezüglich des erwarteten Einkommens zeigt sich folgendes Bild: 24 % der Befragten rechnen mit einer Steigerung, 34 % mit einer Verringerung ihres Betriebseinkommens in den nächsten zehn Jahren.

Im Fragebogen wurden zwölf He­rausforderungen aufgelistet, die Landwirtinnen und Landwirte konnten deren Wichtigkeit in einer fünfstufigen Skala von „trifft voll zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“ einordnen. Die Einschätzungen der Befragten verweisen laut Abbildung 1 schwerpunktmäßig auf die drei Bereiche Bürokratie, Wirtschaftlichkeit und Klimawandel. Steigende Auflagen in der Produktion und Dokumentationspflichten werden als die mit Abstand größten Herausforderungen über alle Sparten der Landwirtschaft angesehen.

Die Bürokratie wirkt hier, wie es ein Diskutant in einer der Gruppendiskussionen in Phase 1 der Vision 2028+ formulierte, als eine Art „Motivationsdelle“ unter den Bauern und Bäuerinnen. Mit der Wirtschaftlichkeit ihres Betriebs ist deutlich mehr als die Hälfte der Befragten unzufrieden. Und der Klimawandel wird zunehmend in seinen Auswirkungen von den Bauern und Bäuerinnen wahrgenommen, insbesondere in der pflanzlichen Produktion.

Herausforderungen sind unterschiedlich

Die Analyse nach Betriebsschwerpunkten offenbart ein differenziertes Bild für die österreichische Landwirtschaft. Auf der einen Seite sind es Betriebe, die eigene Produkte oder Dienstleistungen anbieten (vor allem Betriebe mit Direktvermarktung, Urlaub am Bauernhof). Personen solcher Betriebe sind signifikant zufriedener, optimistischer und lassen sich weniger durch externe Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft negativ beeinflussen. Befragte aus Geflügel- und Schweinehaltungsbetrieben besitzen ebenso eine überdurchschnittliche Zufriedenheit, sicher auch eine Folge der besseren Einkommenssituation in diesen Sparten.

Auf der anderen Seite finden sich Rindermast-, Mutterkuh- und Forstbetriebe. Deren Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter sind weniger zufrieden mit der Entwicklung ihrer Betriebe, ­leiden stärker an den Vorgaben und Entwicklungen in der Landwirtschaft und wollen deutlich häufiger ihre ­Betriebe aufgeben als jene anderer Betriebstypen.

Strategien für die Zukunft

Im Anschluss an die Herausforderungen konnten die Befragten die bevorzugten Strategien zur Zukunftssicherung ihrer Betriebe in einer fünfteiligen Skala nach dem Schulnotensystem bewerten. Unter den 16 Strategieoptionen wurde die Ausbildung und laufende Weiterbildung mit Abstand am häufigsten mit sehr gut oder gut beurteilt, dahinter folgen die überbetriebliche Zusammenarbeit und Vernetzung sowie die Produktion im Rahmen von Qualitätsprogrammen. Interessant: Die Ausweitung der Produktion rangierte nur an dreizehnter Stelle unter 16 vorgegebenen Strategien.

Die Energieproduktion aus PV-Anlagen oder Biomasse, die Be-/Verarbeitung von Produkten einschließlich Direktvermarktung oder auch weitere Angebote der Diversifizierung wie Maschinenleistungen, Urlaub am Bauernhof und soziale Dienst­leistungen hingegen wurden von den Befragten deutlich häufiger als Lösungsansatz zur Zukunftsabsicherung gesehen als das Wachstum in der Ur­produktion.  

Ziele und Maßnahmen aus den sieben Handlungsfeldern

In den sieben Handlungsfeldern der Vision 2028+ wurden 37 Ziele und rund 170 Maßnahmen in den Fokusgruppen (Phase 2) erarbeitet. Darin finden sich konkrete Handlungsempfehlungen speziell auch zur Abfederung der oben genannten Herausforderungen in den Betrieben: Stärkung des Unternehmertums, Ansätze für eine klimaresiliente Landwirtschaft, Transparenz in der Produktion und Auslobung von Qualitätsprodukten, innovative Zugänge für Wertschöpfungsstrategien auch im Rahmen der bäuerlichen Diversifizierung oder der verstärkte Einsatz digitaler Arbeitsweisen in Produktion und Verwaltung, um den bürokratischen Aufwand zu mildern.

In einem nächsten Schritt wird das Landwirtschaftsministerium diese Maßnahmen zielgruppengerecht für einzelne Sparten und Betriebszweige der österreichischen Landwirtschaft aufbereiten und in konkrete Handlungen umsetzen. Die Ziele und Maßnahmen der sieben Handlungsfelder können von der Homepage des Ministeriums heruntergeladen werden (https://www.landwirtschaft.at/vision2028/). 

Weitere Zukunftsimpulse

In der dritten Phase der Vision 2028+ wurden zusätzlich weitere zwölf Zukunftsimpulse für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum erarbeitet, weil bei Weitem nicht alle Themen in den sieben Handlungsfeldern behandelt werden konnten. Diese Zukunftsimpulse wurden in die folgenden drei Rubriken gegliedert: (i) Landwirtschaft in Österreich – von A wie Alm bis Z wie Zuckerrübe, (ii) Leben und Arbeiten am Land und (iii) Weiterentwicklung der Agrarpolitik.

Im Block Landwirtschaft in Österreich werden unter anderem die Zukunft der Pflanzenproduktion sowie der Nutztierhaltung (z. B. grünlandbasierte und standortangepasste Milch- und Fleischproduktion mit Wiederkäuern, Einsatz von Nebenprodukten in der Schweine- und Geflügelhaltung, bessere Anreize für Tierwohlställe), Überlegungen zur Absicherung der Berg- und Almwirtschaft sowie die Weiterentwicklung der biologischen Landwirtschaft diskutiert. Der Bereich Leben und Arbeiten am Land beinhaltet Anregungen zum Lebensraum Bauernhof, zur agrarischen Aus-, Weiterbildung und Beratung sowie zur gleichberechtigten Mitbestimmung aller Geschlechter und Generationen in der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum. Die Weiterentwicklung der Agrarpolitik diskutiert Ansätze für die kommende GAP ab 2028, widmet sich den Optionen für weniger Bürokratie und geht der Frage nach, wie der Bodenverbrauch reduziert werden kann.

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