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Blauzunge breitet sich in Österreich aus: Jetzt handeln!

Schwer kranke Tiere, massive Milcheinbußen, Totalverluste – die Blauzungen-Fälle aus Deutschland sprechen eine eindeutige Sprache. Die Krankheit ist nicht zu unterschätzen. Handeln Sie jetzt!

Lesezeit: 7 Minuten

Schnell gelesen

Das Blauzungenvirus (BTV) wird durch Stechmücken übertragen, der kommende Winter wird die Infektionswelle bremsen.

Eine Impfung kann die Infektion nicht verhindern, mildert aber Symptome und hilft den Kühen, schneller fit zu werden.

Wer an Impfstoff kommt, sollte dennoch jetzt impfen, damit die Herde in der nächsten Saison geschützt ist.

Die Blauzunge hat Österreich erreicht. Mitte September wurden die ersten Fälle in Vorarlberg und in der Steiermark nachgewiesen. In der Zwischenzeit haben sich die Fälle dort weiter ausgebreitet, auch in Kärnten wurden Blauzungenfälle bestätigt.

Die Blauzungen-Welle, ausgehend von den Niederlanden, schwappte in den vergangenen Wochen über Norddeutschland immer weiter in den Süden. Diesmal breitet sich der Serotyp 3 aus, in Frankreich dagegen grassiert aktuell Serotyp 8. In der Steiermark und in Kärnten wurde Serotyp 4 nachgewiesen. Da es zwischen den Serotypen keine sog. Kreuzimmunität gibt, können sich Wiederkäuer immer wieder auch mit den anderen Serotypen infizieren. Für den Menschen ist die Krankheit dagegen völlig ungefährlich.

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Wie lange fliegen die Mücken?

Das Blauzungenvirus (engl.: Blue-Tongue-Virus, kurz BTV) wird über Stechmücken (Gnitzen) übertragen. Viele Milchviehhalter in Österreich beobachten die Situation daher recht entspannt, in der Hoffnung, dass sich die Mückensaison und damit die Infektionswelle mit der kalten Jahreszeit in wenigen Wochen von selbst erledigt.

Hauptsächlich fliegen die nur 1 bis 3 mm großen Gnitzen in der Morgen- und Abenddämmerung. Dabei können sie, beeinflusst von der Windrichtung, bis zu 5 km zurücklegen. Manchmal werden sie auch weite Distanzen (100 km und mehr) mit dem Wind weitergetragen (Virusverschleppung).

Die Gnitzen überleben bei 10 °C mehrere Monate und werden erst unter 4 °C inaktiv. Auch die Virusvermehrung in der Mücke verläuft bei kalten Temperaturen langsamer. Das ist aktuell ein großer Vorteil für Österreich. Doch wer weiß schon, wie kalt der November und Dezember wirklich werden? Spätestens im nächsten Frühjahr und mit steigenden Temperaturen kann das Virusgeschehen schnell wieder aufflammen. Rinder-, Schaf- und Ziegenhalter haben nun zwei Möglichkeiten, aktiv zu werden: Spot-On-Mückenschutz auftragen und Impfen.

Eine Mückenschutzbehandlung mit einem wirksamen Insektizid ist zudem für die Viehvermarktung wichtig. Gegen die Gnitzen eignen sich Insektizide aus der Wirkstoffgruppe der Pyrethroide. Am Markt stehen hierfür mehrere Mittel zu Verfügung, z. B. Butox, Dectospot, Deltanil, Spotinor. Achtung: Bei den meisten Präparaten gilt eine Wartezeit auf Fleisch von 17 bzw. 18 Tagen! Die Spot-On-Behandlung sollte regelmäßig wiederholt werden.

BTV-Impfstoff bestellen

Ein Aufgussmittel ist jedoch keine wasserdichte Alternative, die Impfung ist deutlich effektiver. Derzeit gibt es drei  Impfstoffe, die in Österreich über eine Notfallzulassung verfügen (Totimpfstoffe). Diese können über die Betreuungstierärzte bestellt, müssen aber selbst bezahlt werden. In Tirol übernimmt der Tierseuchenfonds die Kosten, in Kärnten wurde Impfstoff vom Agrarreferat des Landes angekauft. Geimpft werden sollten alle Milchkühe sowie das Jungvieh spätestens ab  dem 5. Trächtigkeitsmonat.

Um den vollen Impfschutz zu erlangen, dauert es: Abhängig vom Präparat muss zweimal im Abstand von drei bis vier Wochen geimpft werden. Zudem gibt es teilweise Probleme bei der Auslieferung des Impfstoffes. Es ist daher schwierig, den vollen Impfschutz noch vor dem Winter aufzubauen. Zumindest für die nächste Saison ist die Herde dann aber geschützt.

Ein Blick in den Blauzungen-Hotspot Deutschlands soll deutlich machen, warum es für Österreichs Milchbauern ratsam sein dürfte, jetzt zu impfen. „Wer an Impfstoff kommt, sollte seinen Bestand impfen – und das so bald wie möglich“, rät Tierärztin und Milchviehhalterin Astrid Brandl aus Niedersachen (Dtl.). Dort hätten die Milchviehhalter die Krankheit bei den ersten Fällen noch auf die leichte Schulter genommen, wollten sie „aussitzen“ – zu schlecht waren bei vielen Landwirten die Erinnerungen an die staatlich verordnete Impfung beim letzten Blauzungenzug. 

Das liegt auch vielen Bauern in Österreich noch im Magen, die von Aborten und Totgeburten durch die damalige Impfung berichten. Viele wollen diesmal nicht mehr impfen. Aktuell gibt es keinen Impfzwang, aber die Berichte aus Deutschland sollten zumindest auch bei unseren Milchbauern die Alarmglocken schrillen lassen.

Herbe Verluste nach Blauzungeninfektion

In den vergangenen Monaten wurde der Nordwesten Deutschlands zum Epizentrum der Infektion. „Alle Betriebe, die nichts gemacht haben, egal ob Stallhaltung oder Weidehaltung, hatten massive Symptome und extreme Milchrückgänge, von 40 auf 22 l, von 35 auf 19 l Herdenleistung, plus viele kranke und tote Kühe“, berichtet Astrid Brandl.

Tierarzt Nico Becker-Schwarz aus dem Sauerland erzählt von einem Betrieb mit 140 Tieren: „Die Familie wollte nicht impfen. Anfang August traf die Blauzunge den Betrieb dann mit voller Wucht, schlagartig waren 24 Tiere krank.  Über einen Monat zog sich die Infektion anschließend durch die Herde. Insgesamt erkrankten 58 Kühe an BTV, jede Kuh wurde durchschnittlich 3,2-mal behandelt, vier Kühe verendeten, die Herde hatte ei­nen Milchverlust von 5 l.“ Alleine an BTV würden jedoch nur wenige Tiere sterben, die meisten hätten ein Vorleiden gehabt. Das kann z. B schon eine Zwillingsgeburt sein, die die Kuh schwächt.

Auch Milchviehhalterin Brandl sagt, sie habe zu lange gezögert und ihren Bestand (600 Kühe) erst beim Auftreten erster Symptome geimpft. „Natürlich sollte man eigentlich nicht in eine ­möglicherweise bereits infizierte ­Herde hineinimpfen. Doch meine Sorge vor größeren Problemen durch die Infektion war groß und deshalb habe ich das Risiko in Kauf genommen“, so Brandl.

Direkte negative Auswirkungen durch die Impfung konnte die Betriebsleiterin nicht feststellen. Weil aber ein Teil der Tiere bereits infiziert war, kam es zu deutlichen Symptomen. „Wir hatten im Herdenschnitt ca. 2 l Milch weniger. Viele Kühe waren krank, einige Kühe und Kälber konnten wir nicht retten“, erzählt Brandl.

Starke Symptome bei Blauzungenkrankheit

Zu den typischen Symptomen zählen:

  • tagelanges, hohes Fieber,

  • Rötung der Nase, vor allem an den weißen Hautpartien,

  • Speichelfluss,

  • offene Stellen im Maul,

  • Ödeme am ganzen Körper,

  • Lahmheit, „Elefantenfüße“,

  • starke Blutungen aus Nase o. Darm.

Die Behandlung kranker Kühe kann mit Schmerzmitteln, Entzündungshemmern und Antihistaminika erfolgen. 

Auch in der Herde (180 Kühe) von Stefan Kerlfeld aus dem Landkreis Osnabrück hat die Blauzunge trotz Impfung ihre Spuren hinterlassen. Zwei bis drei Wochen nach der zweiten Impfung traten die ersten Infektionen im Bestand auf, nachgewiesen mittels PCR-Untersuchung. „Unsere Herde ist kurzfristig von 41 auf 36 l Milch heruntergefallen, vier Kühe sind gestorben. Nach einigen harten Wochen geht es jetzt langsam wieder aufwärts, ich glaube, wir haben das Schlimmste überstanden“, berichtet Kerlfeld.

Trockensteher gefährdet

Auch wenn geimpfte Herden schneller aus dem „Tief“ herauskommen, sind auch die Langzeitfolgen der Infektion nicht zu unterschätzen. Dr. Mark Holsteg, Fachtierarzt beim Rindergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer NRW, betont: „Besonders schwerwiegend sind die Folgen bei den Trockenstehern und Frischkalbern.“

Viele Kühe kalben zwar termingerecht, aber ohne Euter ausgebildet zu haben. „Diese Tiere haben keinen Tropfen Milch, das sind Totalverluste“, bestätigt Dr. Beckers-Schwarz. „Andere Kühe wiederum kalben zehn Tage vor Termin, haben auch kaum Euter hergerichtet. Sie starten schon mit Problemen in die neue Laktation und werden sicher nicht die Leistung vorheriger Laktationen erreichen.“ 

Eine weitere Nachwirkung der Infektion sind Fruchtbarkeitsprobleme. Dr. Beckers-Schwarz berichtet von einem „Loch“ von vier Wochen. Die Kühe nehmen gar nicht erst auf oder verwerfen. Er rät daher zu einer zusätzlichen Trächtigkeitsuntersuchung vor dem Trockenstellen.

Eine BTV-Folge: Aborte beim Jungvieh

Die Auswirkungen bei den Kälbern sind vielfältig: Sie können zuerst lebend zur Welt kommen, dann aber mit 8 bis 9 Tagen ganz plötzlich versterben oder sich in den ersten Wochen sehr verzögert entwickeln „Einige Kälber infizieren sich auch schon im Mutterleib und kommen dann z. B. mit einer Hirnhautentzündung auf die Welt. Sie sind direkt Intensivpatienten“, sagt Dr. Holsteg. Als Spätfolge können die Kälber bis zur Orientierungslosigkeit erblinden, erzählt Dr. Beckers-Schwarz. 

Das Jungvieh übersteht die Infektion meist deutlich besser als die Milchkühe. Aber auch bei ihnen kann das BTV zu unbemerkten Aborten führen. „Wir haben einige Jungviehherden auf der Weide untersucht und bis zu 25 % leere Kalbinnen gefunden“, sagt Dr. Beckers-Schwarz. Das wären meist nicht die länger tragenden Tiere, sondern die zwischen dem 40. und 80. Trächtigkeitstag gewesen.

Sein Kollege Dr. Holsteg ergänzt: „Wir werden uns wundern, wie viele geplant hochtragende Rinder nicht tragend von den Sommerweiden kommen. Das sind Totalverluste!“

Impfung: Schutz für die nächste Saison

Landwirte und Tierärzte aus Deutschland appellieren daher eindringlich an die Tierhalter in Österreich zu impfen – nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch für das Tierwohl. „Nehmt die Situation ernst! Ihr habt jetzt den zeitlichen Vorsprung, den wir leider ignoriert haben und jetzt auch bitter bereuen“, so Brandl. „Wer impfen kann, sollte das tun. Besser zu spät als nie!“

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