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Eine Studie über Fermentierte Kräuterextrakte (FKE) in der Schweinefütterung soll beweisen, dass sich die Zugabe auf die Gesundheit auswirkt.
Auf drei Betrieben wurden je eine Kontrollgruppe und eine mit FKE gefütterte Gruppe untersucht. Jene mit den Kräuterextrakten wiesen längere Ringelschwänze auf und eine bessere Gesundheit.
Der Unterschied bei den Schwanzlängen: nur 4,8 % der FKE-Aufzuchtferkel wiesen verkürzte Schwänze auf, in der Kontrollgruppe waren es 15,8 %.
Das Feld soll in nächster Zeit noch ausführlicher erforscht werden.
Schwanzbeißen in der Schweinehaltung ist ein weltweit beobachtetes Problem, das häufig auf Stress zurückzuführen ist. Eine neue Studie will jetzt beweisen, dass auch das intakte Darmmikrobiom entscheidend mitwirken kann, Schwanzbeißen zu verhindern. „Viele Bäuerinnen und Bauern setzen seit Jahren Fermentierten Kräuterextrakt (FKE) in der Schweinehaltung ein. Sie berichten von positiven Auswirkungen auf die Tiergesundheit und deren ruhigeres Verhalten der Tiere. Diese Praxisberichte konnten wir nun wissenschaftlich belegen“, meint Lukas Hader, Geschäftsführer der Firma Multikraft.
Vorgelegt wird die Studie vom Kooperationsprojekt „SauWohl“ im Lebensmittel-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria. Projektpartner sind der Fleischverarbeiter Hütthaler aus Schwanenstadt und das Biotechnologieunternehmen Multikraft sowie die Universitäten für Bodenkultur und Veterinärmedizin in Wien. Letztere publizieren die Ergebnisse im nächsten Jahr auch wissenschaftlich.
„Das Darmmikrobiom ist die Gemeinschaft von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die im Darm leben. Ist dieses Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht geraten, verschlechtert sich das Immunsystem des Körpers. Die Anfälligkeit für Stress steigt. Eine gesunde Ernährung kann das Darmmikrobiom unterstützen – das gilt für Mensch und Tier“, heißt es von dem Projektteam.
Positive Wirkung bescheinigt
Eine positive Wirkung schreibt die Wissenschaft vor allem fermentierten Lebensmitteln und Probiotika zu. Das sind Zubereitungen, die lebensfähige Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien und Hefen enthalten: erwünschte Bewohner des Darms, die die Barrierefunktion stärken und Krankheitserreger in Schach halten. In der Studie kam Fermentierter Kräuterextrakt (FKE) zum Einsatz: „Wir stellen den FKE in einem schonenden Fermentationsprozess aus Biokräutern, natürlichen Multimikroben-Präparaten und Biozuckerrohrmelasse her. Die Aufnahme erfolgt über die Beigabe zum Futter. Er ist sowohl für die Ferkel-, die Zuchtsau- als auch die Mastschweinhaltung geeignet“, sagt Lukas Hader. Rund 1 % FKE in der Ration wird von den Fütterungsexperten empfohlen.
Das sind bei Schweinen und Geflügel rund 7 – 10 l FKE pro Tonne Trockenfutter. Bei kleinem Schweinebestand funktioniert die Beigabe mit der Gießkanne ins Futter, mit etwas Wasser aufgemischt. Bei großem Schweinebestand empfiehlt sich die pure Einmischung über das automatisierte Fütterungssystem. Auf drei Betrieben wurden die Fermentierten Kräuterextrakte über den gesamten Mastverlauf gefüttert.
Drei Testbetriebe untersucht
Die drei Landwirte machen beim Tierwohllabel „hütthalers Hofkultur“ mit, wie Tierarzt Dominik Eckl erklärt. Er ist Hofkultur-Projektleiter der Hütthaler KG, er beschreibt die Ergebnisse als bestätigend und überraschend in dieser Dimension. Hierbei handelt es sich um ein Tierwohlprogramm, das den Schweinen unter anderem doppelt so viel Platz wie vorgeschrieben bietet, eingestreute Liegeflächen und einen Außenklimabereich.
„Selbst in Haltungsformen, die Vorreiter in Sachen Tierwohl sind, stellte man wertvolle Verbesserungen durch den Einsatz von FKE fest“, betont der Veterinärmediziner. Die Schweine wurden auf den drei Praxisbetrieben in FKE- und Kontrollgruppen ohne FKE-Einsatz eingeteilt. Beobachtet und untersucht wurden sie über drei Mastdurchgänge hinweg, allerdings in einer Blindstudie für die mitarbeitenden Wissenschaftler.
In der Aufzucht waren erst keine signifikanten Unterschiede bei klinischen Indikatoren (z. B. Verletzungen, Lahmheit) erkennbar, doch fiel bei der Auswertung ein Unterschied zwischen den Schwanzlängen auf. Nur 4,8 % der FKE-Aufzuchtferkel wiesen verkürzte Schwänze auf, in der Kontrollgruppe waren es 15,8 %.
Dieser Unterschied zwischen den Gruppen verstärkte sich laut den Studienautoren in der Mastperiode: Hatten in der FKE-Gruppe nur 5,1 % der Tiere verkürzte Schwänze, so waren es in der Kontrollgruppe 71,1 % der Tiere. Außerdem gab es einen Unterschied bezüglich des Auftretens von Husten und Niesen in der Mast: 100 Tiere der FKE-Gruppe niesten innerhalb von zehn Minuten nur vier Mal, während jene ohne FKE-Einsatz auf beinahe zwölf Mal kamen. „Bei den Beobachtungen vor Ort fielen weder das verminderte Husten und Niesen auf noch die Unterschiede bezüglich Schwanzbeißen und -länge. Die verkürzten Schwanzlängen waren in dieser Deutlichkeit tatsächlich erst bei den statistischen Auswertungen bemerkbar“, sagt Natalia Nöllenburg, vom Institut für Nutztierwissenschaften, die das Projekt im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchführte.
Die Optimierung von Haltung und Beschäftigung der Schweine sind nicht die einzigen Hebel, um das Problem zu lösen, erklären die Studienautoren. Sie kommen zum Fazit, dass ein intaktes Darmmikrobiom entscheidend mitwirken kann. Gezielte Futterzusätze, zu denen Fermentierte Kräuterextrakte zählen, stärken dieses messbar. Die Studieninitiatoren belegen damit erstmals anhand einer Untersuchung auf mehreren Praxisbetrieben den Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und dem Tierverhalten.
„Die Ergebnisse machen uns neugierig, dieses Feld ausführlicher zu erforschen“, erklärt Prof. Dr. Christine Leeb, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Nutztierwissenschaften. Wissenschaftlich wurde die Mikrobiota- Darm-Hirn-Achse bisher vor allem experimentell erforscht. Die aktuelle Studie ist die erste, die gleich auf mehreren Praxisbetrieben über einen längeren Zeitraum stattfand. Für die Landwirte kommt die Zugabe von FKE von Multikraft auf maximal 2,20 € pro Tier über die Mastperiode. „Wir wissen, dass das Produkt sich über den Mastverlauf auf viele Faktoren auswirkt, wie Stallklima und Gülle“, heißt es vom Hersteller.