Bei der Wintertagung der DLG in Hannover diskutierten Landwirte, Wissenschaftler, Berater und Unternehmensvertreter die aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft. Das Impulsforum „Bestandsergänzung managen“ im Rahmen der Wintertagung beschäftigte sich mit der Suche nach neuen Anpaarungsstrategien für Milcherzeuger.
Dr. Ilka Steinhöfel vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie machte deutlich, wie viele Kühe den Betrieb noch in den ersten Laktationen verlassen. Auch wenn sich die Nutzungsdauer bereits deutlich verbessert hat, waren im vergangenen Jahr 21 % der Abgangskühe in Sachsen in der ersten und 20 % in der zweiten Laktation.
Zuerst die Aufzucht verbessern
„Wenn junge Kühe gehen müssen, ist das ein Effekt aus der Aufzucht“, sagte Ilka Steinhöfel. Bei der Aufzucht der Kälber müssten Landwirte für ein optimales Wachstum, ohne Verfettung, sorgen und die metabolische Programmierung fördern. Auch der Start in die erste Laktation durch hygienische Bedingungen und wenig Stress bei der Abkalbung sei maßgeblich.
Remontierung senken, Anpaarung planen
„Eine veränderte Abgangsstruktur in der Herde hin zu weniger abgehenden Jungkühen wirkt am stärksten kostendegressiv“, so Ilka Steinhöfel. Denn jedes abgehende Tier müsse ein neues finanzieren. Das gelingt besser, wenn der Anteil der Erst- und Zweitlaktierenden unter den Abgangskühen weniger hoch ist.
Die Folge ist zudem eine niedrigere Remontierungsrate. Dies ermöglicht es, im Kombination mit einer gezielten Anpaarung, den Jungviehbereich zu entlasten und Arbeitszeit einzusparen, so Ilka Steinhöfel: „Viele Betriebe haben keinen Anpaarungsplan und die Jungviehställe platzen aus allen Nähten.“ Wer jedoch z.B. alle Färsen mit gesextem Sperma besame, brauche nur noch einen geringen Anteil der Kühe mit Holsteinbullen belegen. Alle anderen Kühe könnten mit Fleischrassebullen besamt werden. Durch die Kombination aus dem Einsatz von gesextem Sperma und der Besamung mit Fleischrassebullen sinke der Anteil männlicher Holsteinbullen deutlich.
Bald mehr Fleischrassebesamungen
Für diesen Weg sprach sich auch Dr. Saskia Meier von der Zuchtorganisation Masterrind aus. Die Zuchtorganisation geht davon aus, dass Milcherzeuger im Jahr 2030 etwa 50 bis 60 % der Kühe mit Fleischrassebullen belegen. Derzeit erfolgten noch fast die Hälfte der Fleischrassebesamungen bei Milchkühen mit Weißblauen Belgiern. Der Trend gehe jedoch zur Besamung mit anderen Rassen wie der Kreuzungsrasse Inra oder Angus.
Die angebotenen Fleischrassebullen sollen sich zukünftig noch besser für die Kreuzungszucht eignen. „Bisher haben wir Bullen genutzt, die eigentlich für die Reinzucht gedacht sind“, erklärte Saskia Meier. Mit der Zucht z.B. auf Leichtkalbigkeit und Fleischansatz will die Zuchtorganisation die Eignung für die Besamung von Milchkühen und zugleich die Absatzchancen z.B. für Angus-Kreuzungskälber verbessern.
Anpaarungsplan umgesetzt
Landwirt Reiner Hauschild aus dem Kreis Stade (Niedersachsen) hat die Anpaarung auf seinem Betrieb vor ein paar Jahren umgestellt. Der Grund waren starke Probleme bei der Geburt von Weißblauen Belgier-Kreuzungskälbern. Bei der Wiegung der Kälber über mehrere Monate ergaben sich Geburtsgewichte von 48 bis 70 kg.
Ich war nur noch im Strohstall unterwegs und es blieb zu wenig Zeit für andere Arbeit - Reiner Hauschild
Er entschied mit der genomischen Testung der Rinder zu beginnen, um diese gezielt anpaaren bzw. selektieren zu können. Außerdem wurden alle Färsen und einige Kühe ab sofort mit gesextem Sperma besamt und die übrigen Kühe mit Angus-Sperma.
Weniger Zeit im Abkalbestall
Reiner Hauschild zieht ein durchweg positives Resultat: „Wir haben weniger Stress bei der Kalbung und fast keine Totgeburten. Der Strohbereich ist entlastet, weil die Kühe nach der Kalbung früher in die Herde wechseln können.“ Durch weniger Kuhverluste müsste er auch weniger Kälber zur Bestandsergänzung aufziehen. Auch die Kosten für die Besamung schätzt Hauschild unterm Strich als günstiger ein: Das gesexte Sperma sei zwar teurer, aber dafür die Angusportionen deutlich günstiger.