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FrieslandCampina sucht Milch und lockt mit Rabatt

Die niederländische Genossenschaft gilt als führende Molkerei, was den Milchpreis betrifft. Jetzt will FrieslandCampina mit dem Aussetzen des Eintrittsgeldes neue Mitglieder in Deutschland gewinnen.

Lesezeit: 6 Minuten

Herr Attema, Sie suchen Milch in Deutschland. Warum?

Attema: Richtig. Wir wollen unsere aktuell verarbeitete Milchmenge langfristig halten, um unsere Werke aus­zulasten und um leistungsfähig zu ­bleiben. Landwirtschaftliche Betriebe stehen vor großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Wir gehen davon aus, dass ein Teil der Höfe mittelfristig aufgeben wird. Wir wollen uns dem stellen und suchen schon jetzt nach Milch, damit wir später in kein Verarbeitungsloch fallen.

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In welchen Regionen wollen Sie neue Mitglieder gewinnen?

Attema: Hauptsächlich in Belgien und in Deutschland. In Deutschland beschränkt sich das geplante Erfassungsgebiet auf fünf Landkreise in Niedersachsen, die an die Niederlande angrenzen: Aurich, Emden, Leer, Emsland und die Grafschaft Bentheim. Zusätzlich zu Niedersachsen haben wir noch den Kreis Borken und Teile von Kreis Coesfeld und Steinfurt in NRW hinzugenommen.

In Deutschland gibt es nur noch ein Werk von FrieslandCampina an dem keine Rohmilchanlieferung mehr stattfindet. Wieso wollen Sie unbedingt Milch aus Deutschland beziehen?

Attema: Historisch sind wir schon lange in Deutschland tätig und haben hier ­zahlreiche Mitglieder.

Klümpen: Wir haben in Deutschland ein sogenanntes FrieslandCampina-Distrikt. Je mehr Milch wir daraus anliefern, desto mehr Stimmrecht haben wir Mitglieder bei Abstimmungen der Genossenschaft. Deutsche Milch soll zukünftig an den Standorten Veghel, Lochem und Marum angeliefert werden, also nahe an der deutschen Grenze, bzw. der zu Niedersachsen.

Der Verkauf der Marke Landliebe ist vielen noch im Gedächtnis. Produzieren Sie noch Produkte für den ­deutschen Lebensmitteleinzelhandel?

Attema: Ja, die Marken Valess, Chocomel und auch Käsespezialitäten stehen in deutschen Supermarktregalen. Außerdem sind wir weiterhin in unserem Geschäft mit Ingredienzen und auf dem professionellen Markt aktiv. Für eine möglichst hohe Wertschöpfung sind wir aber breiter aufgestellt. Wir sind nicht nur im Einzelhandel und in Europa vertreten, sondern auch in Asien, im Nahen Osten, Pakistan und in Afrika. Zu unserem Portfolio gehören Marken, aber auch Babynahrung und Standardware.

Wer Mitglied bei Ihrer Molkerei werden will, zahlt aktuell Eintrittsgeld, das die Betriebe auch nach einer Kündigung nicht zurück bekommen. Viele Interessenten hält das von einem Wechsel ab.

Klümpen: Dessen sind wir uns bewusst und aus dem Grund werden wir das Eintrittsgeld für zwei Jahre aussetzen. Bisher war es so, dass Betriebe 5 €/100 kg Milch zahlen müssen, um überhaupt an uns liefern zu dürfen. Höfe mit einer Jahresanlieferung von 1 Mio. kg Milch haben dementsprechend 50.000 € Eintrittsgeld gezahlt.

Wie reagieren Ihre Mitglieder darauf, die das Eintrittsgeld gezahlt haben?

Klümpen: Es geht um viel Geld, also gibt es natürlich Diskussionen. Um den Mitgliedern entgegen zu kommen, die erst seit kurzem an uns liefern, zahlen wir die Aufnahmegebühr rückwirkend zum 9. Juni 2022 zurück.

Was passiert nach den zwei Jahren?

Attema: Wir hoffen, mit dem Schritt viele neue Mitglieder gewinnen zu können. Nach den zwei Jahren soll die Regelung wieder in Kraft treten. Die Betriebe können dann zwischen drei Zahlungsweisen auswählen: Entweder sie zahlen das Geld sofort, nach einem Jahr oder über Milchgeldabzüge für eine Laufzeit von fünf Jahren.

Zusätzlich zum Eintrittsgeld gibt es noch Milchzertifikate. Wie genau funktionieren die?

Attema: Für jedes Kilo Milch, das Landwirte produzieren, zahlen sie 8 ct. Das Geld nutzen wir zum Beispiel für Marketing- oder Vertriebsaktivitäten. Sofern Landwirte aus unserer Genossenschaft austreten wollen, bekommen sie das Geld zu 100 % erstattet.

Klümpen: Die Zahlung ist bei Eintritt in die Molkerei fällig. Anschließend bekomme ich jedes Jahr im Februar eine Info darüber, wie viel Milch ich im Vorjahr geliefert habe. Passt der Wert zur angegebenen Milchmenge, ist keine Zahlung nötig. Wenn ich mehr Milch geliefert habe, zahle ich pro 100 kg Milch 8 €. Habe ich weniger Milch geliefert, bekomme ich das Geld nach dem gleichen Berechnungsschema zurück.

Hohe Nachzahlungen für die Zertifikate gefährden die Liquidität. Gerade in Zeiten hoher Kosten...

Klümpen: Das stimmt. Um Landwirte dahingehend zu entlasten, haben wir neue Regularien für die Rückzahlung beschlossen. Statt innerhalb von drei Monaten haben Betriebe nun die Möglichkeit, das Geld über einen Zeitraum von zehn Monaten zurückzuzahlen.

Die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2023 haben Sie selbst als „enttäuschend“ bezeichnet. Warum? Und warum sollten Landwirte dennoch zu Ihnen wechseln?

Attema: Dafür gibt es gute Gründe, die wir im vergangenen Jahr mit unserer Strategie 2030 formuliert haben: Wir sind seit Jahren führend was den Milchpreis betrifft. Wir garantieren eine zuverlässige Milchabnahme, wir fokussieren uns auf die Zukunft, belohnen zusätzlichen Aufwand, sind eine große und lokal verwurzelte Genossenschaft sowie ein starkes internationales Unternehmen. Außerdem haben wir starke Marken und Marktpositionen.

Klümpen: Als Milcherzeuger bekommen wir den sogenannten Garantiepreis. Der setzt sich zusammen aus dem durchschnittlich gezahlten Milchpreis von Nord-West-Europa inklusive der durchschnittlichen Nachzahlungen der vergangenen drei Jahre. Darin enthalten sind Molkereien aus Holland, Belgien, Deutschland sowie Arla. Wir bekommen die Info über die Höhe des Milchpreises vorab. So wissen wir bereits vor der Lieferung, mit welchem Preis wir kalkulieren können. Über Foqus­ planet lassen sich außerdem weitere Zuschläge generieren.

Foqus planet ist Ihr Nachhaltigkeitsmodul. Ist das verpflichtend für alle Mitglieder?

Attema: Ja. Inzwischen spielt der CO2-Fußabdruck auch bei der Vermarktung eine Rolle. Wir wollen nicht nur führend beim Milchpreis, sondern auch beim Thema Nachhaltigkeit sein. Unser Programm umfasst die Bereiche Tiergesundheit und Tierwohl, Klima, Biodiversität und Weidegang. Wir arbeiten mit dem von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und NRW entwickelten KKN-Tool.

Klümpen: Wir können bis zu 1,45 €/100 kg Zuschlag auf den Grundpreis bekommen. Die Daten dazu werden zum Teil automatisch erfasst, wenn die entsprechende Vollmacht vorliegt, z.B. vom Landeskontrollverband. Aufwendiger ist die CO2-Bilanz. Da erhalten wir Unterstützung vom Molkerei-Außendienst. Die generierten Punkte, setzt die Molkerei dann in Geld um.

Haben Sie sich ein Ziel gesetzt, wie viel Milch Sie in Deutschland mindestens gewinnen möchten?

Attema: Nein, wir haben keine konkrete Zahl definiert. Wir sind interessiert an zukunftsorientierten Betrieben. Anbindehalter schließen wir aus.

Klümpen: Trotz aller politischer Herausforderungen gibt es zum Glück noch immer motivierte und gut ausgebildete Landwirte, die Spaß an Kühen haben. Genau die wollen wir erreichen.

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Kommentar

Zeiten ändern sich. Noch vor wenigen Jahren war es undenkbar, dass Molkereien um Milch buhlen. Doch die wird allmählich knapp. Unzufriedene DMK-Lieferanten, die bereits gekündigt haben, mischen den Markt ebenfalls auf. Molkereien wollen ihre Produktion auslasten. Für Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter kann diese Ausgangssituation eine echte Chance sein.

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