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Gesunder Darm, gesundes Kalb

Der aus Deutschland stammende Prof. Dirk Werling forscht am Royal Veterinary College London. Im Interview erklärt er, wie sich die Kälbergesundheit über die Darmgesundheit fördern lässt.

Lesezeit: 4 Minuten

Prof. Dr. Dirk Werling ist Professor der Molekularen Immunologie am Royal Veterinary College der Universität London. Er studierte Veterinärmedizin in Hannover, forschte zur Virologie in Zürich und promovierte in Immunologie in London. Aktuell beschäftigt er sich u.a. mit dem Schleimhaut-Immunsystem und den Auswirkungen des Mikrobioms.

Herr Prof. Werling, was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Voraussetzungen für gesunde Kälber?

Werling: Das ist eigentlich ganz einfach. Kälber brauchen Kolostrum, zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge, außerdem ein gut entwickeltes Immunsystem sowie die richtige Zusammensetzung von nützlichen Bakterien, Viren und weiteren Mikroorganismen, dem Mikrobiom, das den Körper besiedelt. Wichtig ist, dass diese drei Bereiche zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen – positiv wie negativ. Zum Beispiel fördert qualitatives Kolostrum die Entwicklung eines guten Mikrobioms. Gute und nützliche Mikroorganismen wiederum „erziehen“ das sich entwickelnde Immunsystem richtig.

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Was ist bei der Kolostrumtränke der schwerwiegendste und häufigste „Fehler“ in der Praxis?

Werling: Zu spät und zu wenig vertränken. Oder anders gesagt: Optimal sind mindestens vier Liter Kolostrum innerhalb der ersten vier Stunden. Da­rüber hinaus wird auch viel Potenzial beim Einsatz von gefrorenem Kolos­trum verschenkt. Zum einen reduziert das Einfrieren bereits die Wirksamkeit. Aber große Fehler machen viele beim Auftauen. Das sollte möglichst schonend passieren. Wer sehr schnell und mit großer Hitze erwärmt, vernichtet wertvolle Nährstoffe für das Kalb.

Generell sollte man sich die Versorgung von menschlichen Neugeborenen vor Augen führen. Dort füttern wir eine möglichst hygienische und hochwertige Nahrung in ausreichender Menge. Es wird kein Hunger akzeptiert. Für ein Kalb gilt genau das gleiche.

Darmschleimhaut ist Teil des Immunsystems

Warum spielt die Darmgesundheit bzw. das Darm-Mikrobiom eine Rolle für das Kalb und das Immunsystem?

Werling: Die Darmschleimhaut ist wie alle Schleimhäute ein Teil des Immunsystems und damit u. a. für die erste Erkennung von Krankheitserregern essenziell. Das Darm-Mikrobiom spielt dabei eine genauso große Rolle. Ein gesunder Darm bzw. die richtigen Mikroorganismen erkennen Krankheitserreger sehr schnell.

In den ersten Lebenswochen muss das Kalb nicht nur das eigene Immunsystem entwickeln. Auch das Mikrobiom baut sich erst nach der Geburt und nur langsam auf. Mit dem Abtränken verändert sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm erneut.

Darüber hinaus beeinflussen die Mikroorganismen auch die Nährstoffverfügbarkeit. Wenn bestimmte Fettsäuren im Darm durch „gute“ Mikroorga­nismen nicht gebildet werden, hat das nicht nur Auswirkungen auf die Energieversorgung des Kalbes, sondern auch auf Mikrobiome anderer Schleimhäute, wie zum Beispiel die der Lunge.

Wie kann man die Darmgesundheit bzw. das Mikrobiom beeinflussen?

Werling: Positiv beeinflussen kann man das Mikrobiom durch eine gesunde Haltungsumwelt, z. B. trockene Einstreu, sauberes Stroh und gereinigte Kälberboxen.

Schlechte Bakterien wachsen, wenn sich eine Nische für sie ergibt – wie z. B. nach einer Antibiotika-Gabe. Damit tötet man alle Bakterien/Mikroorganismen, nicht nur die Krankheitserreger. Deshalb ist Antibiotika als prophylaktische bzw. metaphylaktische Gabe absolut nicht sinnvoll. Im Zweifel beeinträchtigt man damit das Immunsystem.

Studien zeigen beispielsweise, dass Kälber, die in den ersten Lebenswochen mit Antibiotika behandelt wurden, ­häufiger weitere Erkrankungen haben, später in die erste Brunst kommen, ­weniger Milch in der ersten Laktation produzieren, und auch meist die Tiere sind, die früher vom Hof gehen.

Dabei steht außer Frage: Wenn ein Tier erkrankt ist und Antibiotika zur Heilung benötigt, ist die Gabe lebensnotwendig und nötig.

Gesundes Immunsystem verbessert Impferfolg

Welche Rolle spielt der Darm bzw. das Mikrobiom beim Erfolg von Impfungen?

Werling: Diese Einwirkung ist indirekt. Man sollte immer bedenken, dass jede Immunantwort Energie benötigt. Das bedeutet, ein gesundes Mikrobiom sorgt nicht nur dafür, dass Kälber ausreichend Energie und ein „richtig er­zogenes“ Immunsystem haben. Diese Faktoren helfen dann auch dabei, gut auf Impfstoffe zu reagieren. Das wiederum führt dazu, dass der Immunschutz deutlich höher ausfällt.

Man darf nicht vergessen, dass der Körper in Notfall-Situationen entscheidet, wofür Energie genutzt wird: Wachsen oder Immunantwort. Deshalb sollte man immer nur gesunde Tiere impfen! Impfstoffe werden auch weiter entwickelt. So sollen bspw. intranasale Impfungen das Immunsystem unterstützen. Der Erregerdruck wird reduziert, weil die Schleimhaut und damit die Eintrittspforte geimpft wird. Die Hoffnung ist, dass danach das Immunsystem anspringt und reagieren kann.

Die Herausforderung bei der Kommunikation von Impferfolgen ist leider: Wir können nie zeigen, wie sich Tiere entwickelt hätten bzw. wie sie erkrankt wären, wenn man nicht geimpft hätte.

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