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Ist Kraftfutter eine Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion?

Steht die Milchproduktion in Konkurrenz zur Humanernährung? Teils teils, sagen die Wissenschaftler der Universität Göttingen. Sie haben untersucht, wo die größten Hebel liegen.

Lesezeit: 3 Minuten

Wiederkäuer können rohfaserreiche Biomasse in für den Menschen verwertbare Produkte wie Milch und Fleisch umwandeln. Damit leisten sie einen Beitrag zur Ernährungssicherung. Gerade eine weidebasierte Rinderhaltung dient zudem dem Erhalt von Grünland und damit der Kohlenstoffspeicherung und dem Erosions- und Biodiversitätsschutz.

Schnell gelesen

Die Konkurrenz zwischen tierischer und menschlicher Ernährung steht immer ­wieder in der Kritik.

Eine Untersuchung zeigt, dass der Kraftfuttereinsatz bei Milchkühen großen Einfluss auf die Proteineffizienz hat.

Rationen mit geringem Kraftfutter­einsatz stehen weniger in Konkurrenz zur menschlichen Ernährung und haben ­zudem artenreicheres Grünland.

Der Fokus auf eine möglichst hohe Einzeltierleistung führt jedoch nach wie vor zu einem steigenden Einsatz von energie- und proteinreichem Kraftfutter (KF) sowie mehr stallbasierter Milchkuhhaltung. Eine Auswertung von über 600 Betrieben in Schleswig-Holstein kommt auf einen Anteil von Milch aus Raufutter von nur 38 %. Bedeutet dabei eine stetig steigende Gesamtmilchleistung automatisch auch einen steigenden Beitrag zur Nahrungserzeugung?

Kraftfuttereinsatz untersucht

Der top agrar-Beitrag „Fressen Kühe unsere Lebensmittel weg?“ stellte ein Rechenbeispiel zu diesem Thema vor. Allerdings mit einer Betriebsauswahl, die einen unterdurchschnittlichen Kraftfuttereinsatz hat und mit Rationen, bei denen zum Großteil keine Nahrungskonkurrenz bestand.

Mit den Zusammenhängen zwischen Kraftfuttereinsatz, Ressourceneffizienz und Umweltwirkungen in der grasbasierten Milcherzeugung beschäftigt sich aktuell auch die Universität Göttingen im vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Umweltministeriums geförderten Forschungsprojekt „BioDivMilchplus“. Dieses zeigt, dass der Einfluss des Kraftfutters nicht zu unterschätzen ist.

Wenn pflanzliches Protein durch den Tiermagen wandert, bedeutet das meistens Konkurrenz zum direkten menschlichen Verzehr. Jedoch hängt die Bewertung von vielen Faktoren ab. Als Basis wurde daher ein Rechenansatz entwickelt, bei dem der Einsatz human-verwertbaren Proteins (hP) über Futtermittel (hP-Input) mit der durch das Tier­produkt erzeugten Menge (hP-Output) verglichen und dividiert wird. Ergebnis ist das sogenannte hePCR (human-­edible protein conversion ratio), auch Protein-Konvertierungseffizienz genannt.

Konkurrenz genau abschätzen

Wichtig ist, den tatsächlich durch Menschen nutzbaren Anteil der einzelnen Futtermittel richtig zu schätzen. Hierbei werden verschiedene Szenarien genutzt. Technologische Fortschritte in der Lebensmittelverarbeitung (z. B. Pflanzenprotein nutzbar machen) und sich ändernde Essgewohnheiten (z. B. erhöhter Verzehr von Vollkornprodukten) beeinflussen diese.

Rapsextraktionsschrot (RES) nutzen Landwirte beispielsweise als heimischen Ersatz für aus Übersee importierte Eiweißfuttermittel. Obwohl RES ein Nebenprodukt der Rapsöl-Herstellung ist, hat es einen für Menschen verwertbaren Anteil. Durch Fortschritte in der Extraktion des Rapsproteins liegt dieser je nach Szenario zwischen 30 und 87 %.

Darüber hinaus berücksichtigen die Rechnungen Unterschiede in der er­nährungsphysiologischen Qualität zwischen tierischem und pflanzlichem Protein. Nicht unerheblich ist auch die Frage der Flä­chenkonkurrenz: Wo Silomais wächst, kann im selben Jahr keine Ackerfrucht für die direkte Ernährung stehen.

Damit Wiederkäuer pflanzliches Protein möglichst effizient in tierisches umwandeln können, ist die Rationsgestaltung entscheidend. Denn es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der KF-Menge und der Effizienz der Proteinumwandlung (siehe Übersicht).

Das belegen Berechnungen aus dem Projekt „BioDivMilchplus“. Hierfür ermittelten Wissenschaftler/innen das hePCR für 54 deutsche Milchviehbetriebe. Ein hePCR > 1 bedeutet, dass der Betrieb mehr hP über die Fütterung verbraucht, als er über die entstehenden tierischen Produkte produziert – es findet ein Verlust statt. Die Betriebe wirtschafteten je zur Hälfte ökologisch und konventionell und deckten eine Spannbreite an Fütterungsstrategien ab: Von kraftfutterlos bis zu 330 g KF je kg Milch.

Unter 180 Gramm KF/kg Milch

Das Ergebnis: Mit steigender KF-Menge steigt das hePCR, was eine schlechtere Proteinumwandlung bedeutet. Betriebe mit einer KF-Fütterung von unter 180 g/kg Milch, erzeugten hingegen mehr hP als sie über das Futter verbrauchten. Trotz geringerer Gesamtmilchleistung (im Mittel 6.560 vs. 7.930 kg pro Kuh und Jahr) leisteten kraftfutterreduziert fütternde Betriebe mit einem hePCR < 1 demnach einen höheren Beitrag zur Netto-Proteinversorgung und produzierten einen größeren Teil ihrer Milch ausschließlich aus Gras (5.060 vs. 3.310 kg pro Kuh und Jahr).

Zudem zeigten Vegetationsuntersuchungen einen weiteren Zusammenhang: Auf den Betrieben mit einem positiven Beitrag zur Proteinversorgung  (hePCR < 1) fanden die Wissenschaftler eine deutlich gesteigerte Pflanzenartenvielfalt im Grünland. Grund dafür sind unter anderem geringere Stickstoff- und Phosphorüberschüsse. Auch diese haben auf Hoftor-Ebene eine enge Korrelation zum hePCR: Je schlechter die Konvertierungseffizienz, desto schlechter waren die Nährstoff-Bilanzen.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine grasbasierte Milcherzeugung mit geringem Kraftfuttereinsatz, eine hohe Umwandlungseffizienz von hP und Umweltleistungen positiv zusammenhängen. Innerhalb der 54 Milchviehbetriebe galten diese Zusammenhänge überregional und unabhängig davon, ob die Betriebe konventionell oder ökologisch wirtschafteten.

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