Der Auszahlungspreis der Molkerei hat maßgeblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis eines Milchviehbetriebs. Damit Landwirte einen Überblick darüber bekommen, wie ihre Molkerei im Vergleich zu anderen Milchverarbeitern auszahlt, veröffentlichen wir jedes Jahr in der top agrar-Ausgabe 3 den sogenannten Jahresmilchpreisvergleich. Weil aber ein einzelnes Jahr nicht viel über die langfristige Leistungsfähigkeit einer Molkerei aussagt, haben wir auf Basis unserer Berechnungen der vergangenen fünf Jahre ausgewählte Molkereien miteinander verglichen.
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Die Milchpreise der vergangenen fünf Jahre haben wir uns angeschaut, um die Leistungsfähigkeit einiger Molkereien besser beurteilen zu können.
Süddeutsche Milchverarbeiter schneiden besser ab als der Rest.
Die Spanne vom besten zum schlechtesten Auszahler ist deutlich geringer als beim Vergleich eines einzelnen Jahres.
Um Vergleichbarkeit zu schaffen, haben wir eine Liefermenge festgelegt, auf deren Basis wir die Preise erheben.
So haben wir gerechnet
Ausgewertet haben wir die 36 Molkereien, die wir auch monatlich in unserem Milchpreisbarometer auf den Kurzmeldungsseiten in unserer Print-Ausgabe abbilden.
Die Spanne vom niedrigsten zum höchsten Auszahler liegt bei den Mittelwerten im Fünfjahresschnitt bei 4,9 ct/kg (siehe Übersicht). In die Auswertung sind die Grundpreise (ohne Mehrwertsteuer) für Milch mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß eingeflossen. In den Milchpreisen berücksichtigt sind Qualitätszuschläge für zum Beispiel S-Klasse und GVO-freie Milch. Molkereien, die mehr als 80 % GVO-freie Milch verarbeiten, sind in der Tabelle gekennzeichnet.
Auf Basis von 500.000 kg Jahresmilchanlieferung
Hinzugerechnet haben wir außerdem Zuschläge für zweitägige Abholung, Staffelzuschläge für eine jährliche Anlieferung von 500.000 kg Milch sowie Vertragszuschläge. Hinzu kommen Nachhaltigkeits- oder Tierwohlprogramme, sofern sie mehr als 80 % der Milchmenge betreffen. Nicht berücksichtigt ist Biomilch. Abgezogen haben wir Grundkostenpauschalen – ebenfalls für eine Jahresanlieferung von 500.000 kg.
Im Mittel zahlten die Molkereien 40,4 ct/kg.
Im Mittel zahlten die Molkereien, die sich über Nord-, Ost-, Süd- und Westdeutschland verteilen, 40,4 ct/kg. Spitzenreiter ist die Hohenloher Molkerei mit Sitz in Schwäbisch Hall (Baden-Württemberg) mit einem durchschnittlichen Wert von 43,1 ct/kg. Generell finden sich zahlreiche süddeutsche Milchverarbeiter oberhalb des Fünfjahresschnitts wieder. So belegen die Milchwerke Berchtesgadener Land aus Bayern beispielsweise den vierten Platz. Im Milchrekordjahr 2022 mit einem Jahresmittel von 52,5 ct/kg bildete die Molkerei mit einem Mittelwert von 47,2 ct/kg ausnahmsweise das Schlusslicht der Tabelle. In den Jahren zuvor war Berchtesgadener Land unangefochtener Spitzenreiter der Auswertung.
Außergewöhnlich waren im Jahr 2022 nicht nur die hohen Preise, sondern auch, dass sich die Spitzenauszahler aus dem Süden in den Norden verlagerten. Der Grund: Standardware wie Milchpulver oder Kondensmilch waren gefragt, bei zugleich geringem Angebot am Weltmarkt. Marken hatten es dagegen deutlich schwerer. 2019 und 2020 waren die Preise verglichen mit dem jeweiligen Vorjahr gesunken. 2020 brachte die Coronapandemie sämtliche Warenströme durcheinander.
Nur eine Molkerei über dem Schnitt
Zurück zum Fünfjahresvergleich: Oberhalb des von uns errechneten Mittelwertes befinden sich auch Molkereien aus Westdeutschland wie Hochwald (Rheinland-Pfalz) mit einem Durchschnittspreis von 41,0 ct/kg oder Schwälbchen (Hessen) mit 40,9 ct/kg. Arla befindet sich mit 40,5 ct/kg ebenfalls oberhalb des Schnitts. Als einzige norddeutsche Molkerei platziert sich Ammerland mit 40,7 ct/kg über dem Mittelwert.
Wer zahlt unter dem Schnitt?
Schlusslicht der Tabelle unserer ausgewählten Molkereien ist die norddeutsche Elsdorfer Molkerei und Feinkost mit 38,2 ct/kg. Dahinter folgen die Breitenburger Milchzentrale und die Meierei Barmstedt mit jeweils 38,3 ct je kg. Als einzige süddeutsche Molkerei findet sich die Bayerische Milchindustrie mit 39,6 ct/kg unterhalb des Mittelwerts wider. Schwarzwaldmilch liegt mit 40,4 ct/kg genau auf dem Schnitt.
Was die langfristige Entwicklung des Milchmarktes betrifft, geht Dr. Torsten Hemme, Gründer des IFCN Dairy Research Networks in Kiel davon aus, dass die globale Nachfrage nach Milchprodukten weiter steigt und Molkereien sich auf mehr Wettbewerb um Milch einstellen müssen. Davon könnten landwirtschaftliche Betriebe profitieren, prognostiziert er.
Kommentar
Die eigenen Zahlen kennen
Milchpreise miteinander zu vergleichen ist nicht einfach. Zu unterschiedlich sind die (regionalen) Strukturen sowie die Zu- und Abschlagsgestaltung der einzelnen Molkereien. Immer herausfordernder wird es durch die zunehmende Vielzahl an Programmen, beispielsweise bedingt durch die verschiedenen Haltungsformstufen.
Mit unserem Milchpreisvergleich wollen wir einen Überblick über die Auszahlungsleistungen geben. Wie gut eine Molkerei zum eigenen Betrieb passt, muss jeder Milchkuhhalter anhand der eigenen Zahlen und Gegebenheiten allerdings selbst beurteilen: Biete ich Weidegang an und kann dafür einen Zuschlag generieren? Gibt es Tierwohlprogramme, für die ich keinen oder wenig Mehraufwand betreiben muss, aber mehr erlösen kann? Das Deutsche Milchkontor, Ammerland und Arla rechnen wiederum mit einem ganz anderen Schema: Sie legen die Fett- und Eiweißbewertung parallel mit dem Grundpreis je nach Marktlage monatlich neu fest. Das heißt, die Fett- und Eiweißeinheiten, die von den Basiswerten (4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß) abweichen, werden ebenfalls entsprechend der Marktlage abgerechnet. Sie bleiben nicht, wie sonst üblich, über lange Zeit unverändert. Höhere Inhaltsstoffe sollen über diesen Weg besser abschneiden und gerechter bezahlt werden. Das kann für Betriebe mit hohen Inhaltsstoffen interessant sein.
Wichtig ist, nicht zum Nachbarn, sondern auf die eigene Milchgeldabrechnung und die Leistung der eigenen Herde im Stall zu schauen.