Unsere Autorin: Katja Ittershagen vom Verband der Deutschen Milchwirtschaft (VDM)
"Wir föhnen neugeborene Kälber trocken und decken sie bei kühlen Temperaturen ein“, erklärt Sheri Meinholz auf ihrer Farm im US-Bundesstaat Wisconsin ihr Aufzuchtmanagement. Im Rahmen des World Dairy Summits in Chicago konnten Mitglieder des Verbands der Deutschen Milchwirtschaft die ambitionierte Milcherzeugerin besuchen. Sie führt als Mitglied von zwei Inhaberfamilien die Blue Star Dairy Farm mit 2.100 Kühen. Zum Führungsteam gehören fünf Personen. Unterstützung erhalten sie von 45 Mitarbeitern.
Einen großen Erfolg konnte das Team zuletzt in der Kälberaufzucht verzeichnen: Während die Kälbersterblichkeit vor vier Jahren noch bei 3 % lag, hat der Betrieb inzwischen bei Tieren bis zu einem Alter von einem Monat weniger als 0,4 % Kälberverluste. Das macht sich auch wirtschaftlich bemerkbar, denn die Färsen starten nun deutlich besser in die erste Laktation.
Konsequentes Management
Die Betriebsleiterin erklärt das weitere Vorgehen auf der Farm: Die Kälber stehen auf beheizbarem mit Spänen und Stroh eingestreutem Boden und werden individuell je nach Entwicklungsstand betreut. „Ab dem zehnten Lebenstag führen wir regelmäßig Lungenchecks per Ultraschall durch“, sagt Sheri. Damit erkennen sie Erkrankungen häufig schon bevor Symptome auftreten.
Bis zum Alter von rund vier Wochen hält der Betrieb die Kälber in Einzelboxen. Bei kleinsten Verhaltensänderungen geht das Kälberteam nach einem Maßnahmenplan mit Fiebermessen und weiteren Checks dokumentiert vor. Die Hofapotheke perfektioniert das Tiergesundheitsmanagement: „Entnommene Medikamente scannen wir ebenso wie den Fingerabdruck der entnehmenden Person“, sagt Sheri. Neubestellungen löst das System automatisch aus.
Etwa 85 Kälber pro Monat ergänzen den Bestand. Kreuzungskälber werden zweimal wöchentlich im Alter von drei bis vier Tagen abgeholt. „Wir setzen wegen der Leichtkalbigkeit auf Angusbullen. Pro Kalb erlösen wir bis zu 800 USD“, erklärt Sheri. Das sind rund 750 €.
Team des Monats
Sie setzt auf eine geringe Mitarbeiterfluktuation. Im Sozialraum hängen nicht nur spanische Arbeitsanweisungen, sondern auch Aushänge vom „Team des Monats“. In die Bewertung fließt Zuverlässigkeit ein, das Einhalten von Zielvorgaben sowie das Einbringen von Verbesserungsvorschlägen. In regelmäßigen Abständen richten sie Mitarbeiterfeste aus. Sheri ist überzeugt: „Das alles wirkt sich positiv auf die Arbeitsmoral aus.“
Bildergalerie: Ausflug auf die "Blue-star-dairy"-Farm in Wisconsin.
Milcherzeugung: USA vs. Deutschland
Dieser Betrieb war beispielhaft für die erfolgreichen Farmen in Wisconsin. Der Schlüssel: dokumentiertes Management über alle Betriebsteile. Hinzu kommt ein regelmäßiger Austausch mit anderen Betrieben und angrenzenden Industriezweigen. Beeindruckt haben uns der Mut und die Experimentierfreudigkeit der Amerikaner. Eine positive Einstellung zur Milcherzeugung war auf allen besuchten Betrieben spürbar.
Obwohl die Gesunderhaltung der Kühe auf der Prioritätenliste ganz weit oben steht, ist bei vergleichbarer Nutzungsdauer der Kühe dort und daheim noch „Luft nach oben“.
Bei den weltweiten Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind deutsche Milcherzeuger durch den begünstigten Standort und die fortgeschrittenen energetischen Systeme im weltweiten Vergleich bereits besser aufgestellt.
Ihre Meinung ist gefragt!
Wo sind uns die amerikanischen Milcherzeuger schon einen Schritt voraus? Was können sie von uns lernen?
Schreiben Sie mir gern Ihre Meinung an kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com Wir behalten uns vor, die Texte gekürzt zu veröffentlichen.