Frau Prof Christa Kühn ist seit Juli 2023 Präsidentin des Friedrich-Loeffler-Instituts – das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Prof. Christa Kühn promovierte an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Bis Juni 2023 leitete sie das Institut für Genombiologie am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf.
Frau Prof. Christa Kühn, in den USA haben sich Milchkühe mit Vogelgrippe infiziert. Was ist bisher bekannt?
Kühn: Zu wenig. Die Datenlage ist spärlich. Vermutlich ist die Verbreitung deutlich größer, aber in 36 Herden in neun Bundesstaaten sind Infektionen mit hochpathogenem aviären Influenzavirus Subtyp H5N1 (HPAIV H5N1) nachgewiesen (Stand: 15.5.2024). Wahrscheinlich gab es einen einzelnen Eintrag über Wildvögel in einer Rinderherde in Texas, der sich mit Tiertransporten verbreitete. In pasteurisierter Milch im Supermarkt wurde nicht infektiöses Virusgenom nachgewiesen und eine Person hat sich scheinbar auf einer Farm infiziert.
Wie hoch ist das Risiko bei uns?
Kühn: Wir schätzen es aktuell als sehr gering ein, sofern kein Kontakt zu Rohmilch aus den USA besteht. Das Virus scheint sich in den USA vor allem über die Milch und beim Melken zu übertragen. Im Euter von infizierten Kühen ist die Virus-Konzentration extrem hoch. Theoretisch könnten sich auch hier Kühe direkt anstecken. In den letzten Jahren ist das aber trotz vieler H5N1-Fälle bei Wildvögeln nie vorgekommen. Dennoch sollten Verunreinigungen durch Wildvogelkot vermieden werden, z. B. in großen Viehtränken oder im Futter.
Welche Symptome haben Kühe?
Kühn: In den USA war ein starker, unerklärlicher Milchleistungsabfall aufgefallen. Außerdem hatte die Milch auch von Spätlaktierenden eine kolostrumartige Konsistenz. Da das Virus bei Katzen zu hoher Mortalität führt, sind auch plötzlich verstorbene Hofkatzen ein Indikator. Bei diesen Symptomen ist ein Tierarzt hinzuzuziehen.
Was wären die Folgen, wenn Infektionen in deutschen Herden auftreten?
Kühn: Noch einmal: Das scheint aktuell sehr unwahrscheinlich. Aber natürlich sind die Behörden wachsam und wir führen systematisch Stichproben durch. Rinder galten bisher als wenig empfänglich für Influenza-A-Viren, die möglichen rechtlichen Konsequenzen und Maßnahmen werden von den zuständigen Veterinärbehörden und dem Landwirtschaftsministerium geprüft.
Risikoeinschätzung
Das FLI veröffentlicht regelmäßig eine Risikoeinschätzung zur Geflügelpest bei Wildvögeln und Geflügel in Deutschland. Aufgrund der Krankheitsausbrüche bei Milchkühen in den USA gibt es ab sofort auch eine gesonderte Bewertung für Rinder.
Die aktuelle Risikoeinschätzung finden Sie hier: www.fli.de