Die Entscheidung, weniger Bullen zu mästen, war nicht so einfach. Doch die Zahlen haben uns überzeugt: Es rechnet sich“, sagt Kira Havelt. Mit ihrem Vater Norbert bewirtschaftet sie den Betrieb mit 98 ha in Beelen (Nordrhein-Westfalen, NRW). Zusätzlich arbeitet sie halbtags bei der Landwirtschaftskammer NRW.
Sie mästen aktuell 260 Bullen auf Stroh. 40 Plätze kommen hinzu, wenn ein weiterer Stall umgebaut ist. In den letzten zwei Jahren haben sie einige Altgebäude in viel Eigenleistung umgebaut und die Bullenmast komplett auf Haltungsformstufe 3 (HF3) umgestellt.
NRW-Strohprämie: 220 € pro Tier
Bis Anfang 2023 hatten sie noch 450 Mastplätze. Etwa 200 davon standen in einem Offenfrontstall auf Stroh mit ca. 4 m2 Platz pro Bulle. Damit erfüllte der Stall bereits viele Kriterien für HF3 und die „Strohprämie“ in NRW.
Damit fördert das Land die Tierhaltung auf Stroh. Für Bullen im Alter von 6 bis 24 Monaten liegt die Prämie bei 220 €, wobei der durchschnittliche Jahresbestand berechnet wird. Voraussetzung ist eine Stallfäche von 4,5 m2 pro Tier, was also über die Forderungen bei HF3 hinausgeht. „Weil wir schon viele Voraussetzungen erfüllt hatten und die Nachfrage nach HF3-Bullen hoch ist, haben wir umgestellt“, so Kira Havelt.
Nicht alle Gebäude lassen sich umbauen
Im Offenfrontstall haben sie die Tierzahlen reduziert von 18er- und 36er-Gruppen auf 16er- und 32er-Gruppen. Ein Teil der Mastplätze ging verloren, denn nicht alle Gebäude ließen sich umbauen. „In einem Altgebäude von 1900, in dem 45 Bullen auf Vollspalten standen, konnten wir keine 5 % tageslichtdurchlässige Fläche erreichen. Die Tenne dient jetzt u. a. als Werkstatt.“
Havelts mästen Absetzer aus der Mutterkuhhaltung, in der Regel Charolais-Kreuzungen. Mit einem Schlachtgewicht bis maximal 500 kg vermarkten sie die Bullen in zwei HF3-Programme. Die Tierzahlen müssen die Landwirte frühzeitig festlegen und sind für ein Jahr gebunden: Deshalb vermarkten sie an zwei Abnehmer, um flexibler zu sein. Für HF3-Programme ist die HF2 bzw. Initiative Tierwohl (ITW) die Voraussetzung. Es finden sowohl ein ITW-Audit und zwei HF3-Audits statt. „Nötig sind zwar immer die gleichen Unterlagen, aber das ist schon ein hoher bürokratischer und zeitlicher Aufwand.“
Momentan überlegen die Rindermäster, ob sie sich künftig ohne einen festen Liefervertrag für HF3 auditieren lassen, um die Tiere unabhängig und flexibler vermarkten zu können.
HF3-Zuschlag mitnehmen
Havelts erhalten in diesem Jahr einen HF3-Zuschlag von 25 ct/kg SG. Zusammen mit der Strohprämie gleicht das die entgangenen Erlöse durch die geringere Tierzahl aus, so Kira Havelt: „Entscheidend ist für uns vor allem die Strohprämie. Die HF3-Zuschläge nehmen wir mit, weil wir die Kriterien sowieso erfüllen.“
Die Rinderhalterin ist sich bewusst, dass die Strohprämie oder die HF3-Zuschläge wegfallen könnten. Doch seit der Umstellung und dem höheren Platzangebot ist auch mehr Ruhe im Stall, es gibt weniger Verletzungen und die Zunahmen haben sich verbessert.
Sie betont daher: „Grundsätzlich sehe ich in einer Tierhaltung mit mehr Tierwohl die Zukunft und somit unseren Betrieb gut aufgestellt.“
Unter anderen Voraussetzungen gibt es auch gute Gründe gegen HF3-Rindermast. Das zeigt ein Beispiel aus Niedersachsen: